Vom Bauwagen ausgehend gibt es einen Kernbereich des Waldkindergartens. Hier findet das Leben statt. Da können kleine Hütten, Autos, Puppenstuben, Verstecke, Höhlen und alles, was die kindliche Fantasie entwickelt, aus Naturmaterialien gebaut werden. Auch im Waldkindergarten haben die Kinder die Möglichkeit, Kaufladen zu spielen. Sie können kochen, sie können waschen, sie können alles das machen, was sie gerne machen wollen und was auch notwendig ist für ihre Entwicklung. Sie müssen sich nur vorher ihre Spielsachen selbst zusammensuchen. Welch hervorragende Möglichkeit, kreativ zu sein!
Waldkindergärten kommen komplett ohne vorgefertigtes Spielzeug aus. Alles, womit die Kinder spielen, kommt aus der Natur: Stöcke, Steine, Erde und Blätter. Es ist immer wieder erstaunlich, wie viele Naturmaterialien es in den Wäldern gibt, mit denen die Kinder spielen können. Jede Jahreszeit bietet ihre eigenen Spielmöglichkeiten.
Meist ist es in einem Waldkindergarten sehr ruhig, wenngleich immer wieder Kinderstimmen zu hören sind. Manchmal sind sie fröhlich, manchmal zornig und manchmal auch verzweifelt. Auch das gehört dazu. Durch die großen Räume kann der Schall entfliehen, während die Kinder in den verschiedenen Ecken miteinander beschäftigt sind.
Für die Pädagogen ist es immer wieder eine Herausforderung, die Kindergruppe auf dem großen Gelände im Blick zu behalten. Aber auch hier gehört es dazu, dass die Kinder die Regeln als notwendig anerkennen. Sie kontrollieren sich sogar gegenseitig. Das ist wichtig für einen gelingenden Ablauf im Wald.
Im Waldkindergarten arbeiten Kinder auch mal mit einer Säge oder mit einem Hammer. Dabei handelt sich um echte Werkzeuge. Diese ernsthafte Beschäftigung mit der Natur und nicht nur das Spielen schafft eine ganz andere Wertschätzung des Alltags der Kinder. Es steigert natürlich das Selbstbewusstsein, wenn Dinge angefertigt werden, die man normalerweise eher Erwachsenen zutraut. Hier sind die Pädagogen gefragt, die Kinder so anzuleiten, dass ihnen nichts passiert und sie gleichzeitig diese Fertigkeiten lernen.
Das im und vor allem vom Wald angebotene Spielmaterial ist hinsichtlich seiner Verwendung zumeist sehr bedeutungsoffen, d. h., die Kinder müssen in ihrer Interaktion immer wieder neu aushandeln, welche Bedeutung einem Gegenstand aktuell zukommt, bzw. auch, welche Rollen sie in ihrem Spiel gerade einnehmen wollen. Ein Kind, das einen Stock ergreift, könnte ebenso gut ein Koch sein als auch ein Ritter. Dazu müssen die Kinder lernen, die Ideen der anderen anzunehmen, d. h., sich in die Gedankenwelt des Gegenübers einzufühlen. Der Waldkindergarten macht diese Fähigkeit regelrecht zu einer Notwendigkeit.
Im Wald sind viele Dinge und verschiedenartige Lebewesen zu beobachten: Pflanzen, Insekten, Vögel, alles, was den Lebensraum mit den Kindern teilt, ist für die Kinder interessant. Sie lernen viele natürliche Phänomene kennen, und der natürliche Forscherdrang eines Kindes kann sich bestens ausleben. Die Pädagogen müssen die Impulse der Kinder nur aufgreifen. Das ist die Stärke der Waldkindergärten: Man kann das aufgreifen, was sich auf dem Gelände des Waldkindergartens gerade ergibt. Das Leben in und mit der Natur prägt junge Menschen. Im Waldkindergarten lernen sie sie kennen und wertschätzen.
Der Umgang mit Wärme und Kälte ist ein anderer, da die Kinder täglich damit konfrontiert sind. Es bleibt selten den ganzen Tag über gleichförmig warm oder kalt. Die Kinder müssen selbst ein Gefühl dafür entwickeln und sich entsprechend regulieren. Selbstverständlich müssen die Pädagogen mitunter helfend unterstützen, wenn ein Kind beim intensiven Spielen vergisst, auf die Temperatur zu achten. Aber die Eigenwahrnehmung und das Ziehen von Konsequenzen sind im Waldkindergarten sehr viel wichtiger.
(Weitere Informationen finden sich in folgendem Buch: Stefan Lenz: Eine Kindheit im Waldkindergarten: Eine Entscheidungshilfe für Eltern und Kommunalpolitik).