Am Anfang steht die Gebärdensprache
„Sehen statt Hören“ bietet TV-Programm für taube und hörende Menschen – Redaktionsbesuch zum 50. Geburtstag
Unter dem damaligen Titel „Wochenmagazin für Menschen mit Hörschädigung“ gab es 1975 im Bayerischen Fernsehen eine besondere Premiere. Erstmals wurde eine TV-Sendung in Deutschland in Gebärdensprache gesendet. Heute heißt das Magazin „Sehen statt Hören“. Das Format hat sich enorm weiterentwickelt.
„Iiihh … fühlt sich schwammig an“, spricht Christopher Mann ins Mikrofon. „Stimmt“, antwortet Thomas Birnstiel. Doch bevor sie den Film weiter synchronisieren, unterbricht Drehbuchautorin Steffi Wolf die beiden. „Das müssen wir ein bisschen dehnen.“ Tonmeister Rainer Lux klickt auf einen Balken auf seinem Computerbildschirm, zieht diesen etwas in die Länge. Dann schauen sie sich die Szene an, und jetzt sieht es so aus, als ob die beiden Protagonisten in dem TV-Beitrag genau diese Worte sagen würden.
Christopher Mann gibt dem gehörlosen Moderator Jason Guiranna seine Stimme. Dieser führt in Gebärdensprache durch die Kindersendung „Faszination Käfer – Jason beim Insektenforscher“, die am 23. August um 9 Uhr im BR Fernsehen ausgestrahlt werden soll. Produziert wird die Sendung von der Redaktion „Sehen statt Hören“ im Bayerischen Rundfunk.
Dass das Team seit 50 Jahren Programm für gehörlose und hörende Menschen macht, ist Otto Weinzheimer zu verdanken. Dieser hatte dem BR 1975 geschrieben, weil es für seinen tauben Sohn Walter kein geeignetes Fernsehprogramm gab. Daraufhin entwickelte der Sender dieses Format. Anfangs führte Elke Grassl, eine hörende Gehörlosenlehrerin, mit lautsprachbegleitenden Gebärden (LBG) durch die Sendung. Damit wurden jedoch nicht die sprachlichen Bedürfnisse der tauben Menschen erfüllt.
Als Sprache anerkannt
In den 1980er-Jahren brachten wissenschaftliche Erkenntnisse aus den USA über Gebärdensprache als eigene Sprache die Wende. Der Bayerische Rundfunk reagierte: 1986 trat bei „Sehen statt Hören“ mit Jürgen Stachlewitz der erste gehörlose Moderator im deutschen Fernsehen vor die Kamera. Erst 16 Jahre später wurde die Deutsche Gebärdensprache (DGS) offiziell als eigene Sprache neben Deutsch anerkannt.
Alle Nachfolgerinnen und Nachfolger von Jürgen Stachlewitz sind nun gehörlos und präsentieren die Sendung in Gebärdensprache. Das Team von „Sehen statt Hören“ besteht zur Hälfte aus gehörlosen Menschen, berichtet Redaktionsleiterin Isabel Wiemer. Besprechungen finden nur in Gebärdensprache statt, und alle müssen diese beherrschen.
Zu den jüngeren Formaten gehört „Jason und die Haustiere“, eine inklusive Weiterentwicklung der bekannten Kindersendung „Anna und die Haustiere“. Die Menschen, die neben den Tieren im Mittelpunkt stehen, sind selbst gehörlos, und die Gespräche werden in Gebärden geführt.
Damit hörende Menschen die Sendung ebenfalls verstehen, wird jede Folge am Ende vertont. Steffi Wolf, die als Autorin die Reihe „Jason und die Haustiere“ schreibt, sitzt dafür im Tonstudio neben Rainer Lux, der Geräusche, Musik und Stimmen abmischt.
Synchronität als Ziel
Christopher Mann und Thomas Birnstiel, der den Insektenforscher Dirk Rohwedder synchronisiert, sind nebenan in einem schalldichten Raum. Ziel der Sprecher ist es, den Text möglichst genau auf die Unterhaltung der beiden Protagonisten zu sagen. Damit zentrale Begriffe zeitgleich zur entsprechenden Gebärde fallen, zeigt Steffi Wolf ihnen diese zwischendrin immer wieder mit ihren Händen durch die Fensterscheibe.
Über das Headset gibt sie ihnen Anweisungen, wie sie die Sätze aussprechen sollen: „Kannst Du Jason ein tieferes ‚Krass‘ sagen lassen? Der ist sehr ergriffen.“ Christopher Mann trifft auch dieses Mal den richtigen Ton, und so ist der Film am Ende rundum inklusiv.
Sebastian Heise
(Quelle: VdK-Zeitung)
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