Aus zwei Töpfen wird einer: Zum 1. Juli wurden die Budgets für Verhinderungs- und Kurzzeitpflege zusammengelegt. Damit steht Pflegebedürftigen und ihren pflegenden Angehörigen ab sofort ein Jahresgesamtbetrag von 3.539 Euro zur Verfügung. Diesen können sie ganz nach Bedarf für die eine oder die andere Leistungsart nutzen und diese auch kombinieren. Das war zuvor nicht möglich. Jetzt ist die Nutzung für Pflegebedürftige und ihre Angehörigen wesentlich einfacher. Sie haben somit mehr Freiheit, um selbstständig über die notwendige Betreuungsform zu entscheiden – wenn etwa die Pflegeperson eine Auszeit plant oder aufgrund von Krankheit oder sonstigen Umständen verhindert ist.
Bei der Verhinderungspflege übernimmt eine vertraute Person oder ein ambulanter Pflegedienst eine Zeit lang die Pflege zu Hause. Bei der Kurzzeitpflege erfolgt vorübergehend die stationäre Versorgung der pflegebedürftigen Person in einer Kurzzeitpflegeeinrichtung. Pflegegrad 2 ist Voraussetzung. Neu ist außerdem, dass für beide Leistungen die gleiche Höchstdauer von acht Wochen gilt. Es ist außerdem möglich, Leistungen der Kurzzeit- und Verhinderungspflege mit ungenutzten Geldern des Entlastungsbetrages aufzustocken. Dieser beträgt monatlich 131 Euro und steht für Hilfe im Haushalt – beim Einkaufen, Kochen und Putzen – zur Verfügung.
„Wir brauchen eine große Reform der Pflegeversicherung – jetzt!“, sagt Hans-Josef Hotz, Vorsitzender des Sozialverbands VdK Baden-Württemberg e. V. „Worauf wollen wir denn noch warten?“ Im Schnitt zahlen gesetzlich versicherte Pflegebedürftige jetzt monatlich bundesweit über 3100 Euro aus eigener Tasche für ihren Pflegeheimplatz im ersten Jahr. In Baden-Württemberg ist der Eigenanteil im Vergleich zum Bundesdurchschnitt besonders hoch: Er liegt bei 3400 Euro monatlich, 220 Euro mehr als noch vor einem Jahr. „Seit Jahren fordern wir das Land auf, endlich wieder in die Investitionskostenförderung der Pflegeheime einzusteigen, dazu ist das Land gesetzlich verpflichtet. Das könnte die stationär Pflegebedürftigen um durchschnittlich 460 Euro im Monat entlasten“, so Hotz. Es geschehe jedoch nichts. Stationäre Pflege führe die gesetzlich Versicherten weiterhin schnurstracks in die Altersarmut. „Die Menschen haben ihr Leben lang hart gearbeitet und ihre Sozialversicherungsbeiträge bezahlt und müssen dann zum Sozialamt gehen. Das ist respektlos und beschämend! Wir fordern eine solidarisch finanzierte Pflegevollversicherung und damit die vollständige Übernahme aller pflegebedingten Kosten durch die Pflegeversicherung! Das wäre gerecht und solidarisch.“ Ein aktuelles Gutachten von Prof. Dr. Heinz Rothgang von der Universität Bremen zeigt: Eine Pflegevollversicherung ist auch langfristig im Rahmen der Sozialversicherung finanzierbar – ohne den Beitragssatz wesentlich erhöhen zu müssen – wenn die Pflegeversicherung zu einer Bürgerversicherung weiterentwickelt wird, in die alle einzahlen, auch Beamte, Politikerinnen, Anwälte und Ärzte.