Titel und Artikel stammen von Roland Vossebrecker.
Beides ist ironisch gemeint. Hier zum Originaltext:
Das deutsche Volksliedgut stellt in seiner Gesamtheit einen unermesslichen Schatz von sowohl musikalischer als auch textlicher Vielfalt dar. Der Wert des häuslichen (oder auch schulischen) Singens an sich ist anderswo oft beschrieben worden. Ich möchte aber gerade auch auf den künstlerischen Gehalt der deutschen Volkslieder hinweisen, der von vielen bedeutenden Komponisten, allen voran Johannes Brahms, sehr geschätzt wurde.
Gerade deshalb, und um den Schatz auch für künftige Generationen zu erhalten, halte ich eine kritische Neubewertung (und eventuell Neufassung) für überfällig. Finden sich doch in den deutschen Volksliedern an vielen Stellen Ungenauigkeiten, Halb- und Unwahrheiten, die einer kritischen Überprüfung leider nicht standhalten können.
Diese Arbeit soll den Anstoß zu einem neuen Umgang mit einer wertvollen Tradition geben, an deren Erhalt uns allen gelegen sein sollte!
Der Zauber, der von einer so schlichten Melodie wie „Der Mond ist aufgegangen“ ausgeht, ist mit Worten kaum zu beschreiben und verschließt sich auch beinahe völlig der musikalischen Analyse. Kann eine Beschreibung der melodischen Linienführung, ein Hinweis auf die sechs Zeilen des Liedes, auf die raffinierte Asymmetrie am Schluss, auf die rhythmische Struktur oder die unterschwellige Harmonik auch nur annähernd wiedergeben, was das musikalische Empfinden dieses Liedes ausmacht?
Und doch (oder gerade deshalb) ist hier eine kritische Betrachtung, insbesondere des Textes, dringend geboten:
„Der Mond ist aufgegangen“, diese Aussage kann richtig sein, muss aber nicht! Schließlich könnte der Mond ja auch untergegangen sein, was exakt ebenso oft vorkommt! Und wer möchte dem Liebhaber des Liedes zumuten, jederzeit mit den Mondphasen vertraut zu sein, zumal in unseren Breiten oftmals das schlechte Wetter einen ungetrübten Blick auf den Nachthimmel nicht zulässt. Daher ist auch der Satz „Die güldnen Sternlein prangen“ so nicht haltbar. Selbst bei besten Sichtverhältnissen prangen nur die allerwenigsten Sternlein gülden, die meisten sind eher weißlich, mit rötlichen oder bläulichen Abweichungen.
Dahingegen ist „der Wald steht schwarz und schweiget“ meiner Meinung nach, zumindest im Schwarzwald, eher unbedenklich. Trotzdem zeigt dieses kleine Beispiel bereits die Problematik auf: Die Volksliedtexte sind oftmals zu unpräzise, fehlerhaft, in günstigeren Fällen missverständlich. Teil 2 folgt.
Ingo Kuntermann