Ein Vierteljahrhundert wirkte sie als Amtsleiterin und Dezernentin beim Landratsamt Zollernalbkreis. Und stand dabei regelmäßig vor enormen und besonderen Herausforderungen. In der Sitzung des Kreistags am 21. Juli ist sie in den Ruhestand verabschiedet worden. Landrat Günther-Martin Pauli dankte für ihr engagiertes und unermüdliches Wirken: „Besonders in schwierigen Momenten war Dr. Wagner für uns eine couragierte und wertvolle Wegbegleiterin. Fachlich und menschlich hinterlässt sie eine große Lücke.“
Studium der Tiermedizin in Gießen, Promotion am Max-Planck-Institut in Bad Nauheim, Tätigkeit am Institut für tierärztliche Nahrungsmittelkunde wieder in Gießen: Das Fundament für ihren beruflichen Werdegang legte die Hessin in ihrem Heimatbundesland, bevor sie 1992 in den Landesdienst Baden-Württemberg eintrat. Nach der stellvertretenden Amtsleitung im Landkreis Böblingen bekam sie zum 1. August 2000 die Leitung des Veterinäramts Zollernalbkreis übertragen. Bis zur ersten Bewährungsprobe dauerte es nicht lange.
Wagner erinnert sich noch genau: Ende November 2000 wurde in Deutschland der erste Fall der Rinderseuche BSE nachgewiesen. Gefühlt „unendlich viele Proben“ habe man untersuchen müssen, die Laborkapazitäten indes waren beschränkt. Kurze Zeit später folgte die Maul- und Klauenseuche – für jedes Tier, das transportiert werden sollte, etwa zu den damals noch bestehenden Schlachthöfen in Albstadt und Balingen, mussten Genehmigungen eingeholt werden. Diejenigen für die Transporte an den Montagen gab Dr. Wagner sonntags auf dem Hof des Veterinäramts aus.
Einen Einschnitt und einen enormen Zuwachs brachte die Verwaltungsreform, in deren Zug 2005 der Wirtschaftskontrolldienst (WKD), bis dahin ein Dienstzweig der Polizei, aufgelöst wurde und die Landratsämter die Aufgabe der Lebensmittelüberwachung übertragen bekamen. Das Amt – zuständig seitdem ausdrücklich zusätzlich für Verbraucherschutz – wuchs dadurch deutlich an, auf aktuell 21 Frauen und Männer: Tierärztinnen, Veterinärhygienekontrolleure, Verwaltungsangestellte. Und ein breit aufgestelltes Team an Lebensmittelkontrolleuren, allesamt Meister in einem Lebensmittelhandwerk und damit Experten auf ihren Gebieten.
Enorme Aufgaben brachte vor allem für die Ärztinnen und Ärzte des Gesundheitsamts, das ebenso zum von Dr. Wagner seit 2007 geführten Dezernats 2 zählt, die Flüchtlingskrise. 2014 erfolgte in Meßstetten der Aufbau der Landeserstaufnahmestelle. Alle Menschen, die dort ankamen – bis 2017 mehr als 28.000 – wurden bei Ankunft von den Amtsärzten medizinisch durchgecheckt. Gleiches galt später für die Kriegsflüchtlinge im Ankunftszentrum Ukraine; zusätzlich wurde dort mit Hilfe des Vereins Pfotenengel eine Aufbewahrungsstation für die mitgeführten Haustiere eingerichtet. „Für die von Krieg und Flucht oftmals traumatisierten Menschen war das eine wertvolle Hilfe.“
Die wohl größte Herausforderung ihres Arbeitslebens erlebte Dr. Gabriele Wagner ab 2020: Corona. Kontaktnachverfolgung bei Infizierten, Hotline an allen Tagen quasi rund um die Uhr, Einrichtung des Testzentrums, der Schwerpunktpraxis, später des Impfzentrums – diese Zeit sei „extrem hart und fordernd“ für alle Mitarbeitenden gewesen, sagt sie im Rückblick. Wagner selbst übernahm mit „Beginn Corona“ zusätzlich die kommissarische Leitung des Gesundheitsamts. Und sie kochte Mittagessen – immer zur Wahl mit Fleisch und vegetarisch – für die Kolleginnen und Kollegen, die an den Sonntagen Dienst versahen (mit dem Effekt, dass diese Schichten, anders als die Samstage, deutlich beliebter waren). Wichtige Aufgaben in dieser Zeit übernahm das im Sommer 2020 neu gebildete Amt für Bevölkerungsschutz.
Die Zeit bei der Landkreisverwaltung sei wie im Flug vergangen, sagt Dr. Wagner, langweilig sei ihr gewiss nie gewesen. Und soll es künftig nicht werden: Der Garten verlangt Pflege, sie will verstärkt ihrem Hobby Westernreiten nachgehen und würde gerne, was in den vergangenen Jahren auch berufsbedingt kaum möglich war: mehr reisen.