Schulklasse kommt der Natur näher

Die 6a geht mit "WaldMachtMut!" über Stock und Stein

Eine 6. Klasse der Parkringschule St. Leon-Rot durchlebt ein turbulentes Jahr und verbringt wenig Zeit draußen. Das Programm "WaldMachtMut!" hilft.
Zusammen stark: Die 6a hat über drei Tage mit Dr. Marco Ieronimo den Wald kennen gelernt.
Zusammen stark: Die 6a hat über drei Tage mit Dr. Marco Ieronimo den Wald kennen gelernt.Foto: jr

Die 6a der Parkringschule St. Leon-Rot durchläuft ein turbulentes Jahr. Es kamen mehrere neue Schüler dazu, die Klassendynamik steht Kopf, und der Teamgeist wird täglich auf die Probe gestellt. Hinzu kommt, dass einige der Kinder viel Zeit vor Bildschirmen verbringen und keinen großen Bezug zur Natur haben. Doch gemäß dem Leitbild der Schule „Individuum, Mitmenschlichkeit, Nachhaltigkeit“ sollte der klasseninterne Zusammenhalt wieder gestärkt werden. „WaldMachtMut!“ hilft dabei.

Teamgeist zwischen Flora und Fauna entwickeln

Das waldpädagogische Projekt sieht vor, dass Kinder drei Tage im Wald statt im Schulunterricht verbringen. Ganz der Nachhaltigkeit aus dem Leitbild entsprechend soll die Gruppe jeden Tag mit dem Fahrrad zum Wald und zurückfahren – auch wenn anfangs nicht alle davon überzeugt sind. Mit ihrer Lehrerin Nicole Knauer-Thomer, und Schulbegleiterin Ines Spanik radelt die 6a am ersten Tag los und wird von Dr. Marco Ieronimo, Diplombiologe und Waldpädagoge, empfangen. Er hat direkt die erste Aufgabe im Gepäck: Ein Waldsofa bauen.

Beim Waldsofa bauen haben alle mit angepackt.
Beim Waldsofa bauen haben alle mit angepackt.Foto: jr

Hierfür sammeln die Kinder Äste und Stöcke, um einen Sitzkreis für die nächsten Tage zu errichten. Ob erfahren oder nicht, die gesamte Gruppe packt kräftig mit an. „Da knackt nix und bricht nix – ich bin zufrieden!“, meint Ieronimo zur fertigen Holzsitzmöglichkeit und ein glückliches „Ich auch!“ kommt ihm entgegen. Das Waldsofa muss allerdings am letzten Tag abgebaut werden, zum Bedauern einiger Schüler. Aber es gehört auch zu den Regeln des Waldes, dass alles seinen Platz hat. Wie wird die 6a in den folgenden Tagen mit den Herausforderungen der Natur umgehen?

Überwindung macht Mut

Der erste Tag von „WaldMachtMut!“ steht unter dem Motto „Mut zur Wildnis“. Das Ziel: Die Klasse soll sich mit der Umgebung vertraut machen. Als der Redestab herumgeht, wird deutlich, dass der Naturbezug variiert. Manche der Schüler, wie Jeremy, der früher im Waldkindergarten war, oder Oskar, der bei den Pfadfindern ist, haben schon Erfahrung darin, über Stock und Stein zu gehen. Andere haben über Geocaching oder Zelten schon Berührungspunkte mit Natur, einige sind aber noch unerfahren. Ieronimo erklärt, dass es vor allem darum gehen wird, einfach etwas Neues auszuprobieren.

Das fertige Waldsofa war ein Ort der Zusammenkunft für die 6a.
Das fertige Waldsofa war ein Ort der Zusammenkunft für die 6a.Foto: jr

Schwächen und Stärken erkennen

Über die drei Tage verteilt wird die 6a mit einigen Hürden konfrontiert. Manche Kinder sind schneller als andere, manche geduldiger und die Zusammenarbeit im Team läuft nicht immer auf Anhieb. Jeremy beschreibt den Ausflug als „mückisch“ – ein geteiltes Leid, denn die gesamte Gruppe wird durchgängig von Stechmücken umschwirrt. Doch davon lassen sich die Kinder nicht unterkriegen: Teamaktionen wie Fang- und Versteckspiele, gemeinsam Lagerfeuer machen und Kräutertee kochen schweißen zusammen. Am zweiten Tag ist „Mut zur Begegnung“ angesagt. Hier sind die Kinder mit sich selbst konfrontiert. Spiele wie die „Lobdusche“, bei der die Schüler sich gegenseitig etwas positives auf den Rücken schreiben, helfen ihnen sich ihrer eigenen Stärken bewusst zu werden und das Gute in ihrem Gegenüber anzuerkennen.

Gruppe und Individuum stärken

Am letzten Tag ist die 6a zum dritten Mal in den Wald unterwegs, dieses Mal unter dem Motto „Mut zum Ich“. Mit jedem Tag haben die Jugendlichen mehr über die Natur und sich selbst gelernt und auch zum Abschluss stehen wieder besondere Aufgaben bevor: In Gruppen können die Kids ihr eigenes Bade- oder Kräutersalz aus Tannennadeln selbst herstellen. Voller Vorfreude darauf, dass sie etwas selbst Gemachtes mit nach Hause nehmen können, machen sich alle an die Arbeit. Der gestärkte Teamgeist ist direkt erkennbar: Die etwas schnelleren Schüler erkennen direkt, wenn jemand Hilfe mit den Werkzeugen braucht, und unterstützen sich beim Kleinschneiden und Mörsern.

Geduldig und gespannt haben die Sechstklässler die Baumnadeln mit dem Salz vermischt.
Geduldig und gespannt haben die Sechstklässler die Baumnadeln mit dem Salz vermischt.Foto: jr

Parallel dazu lädt Ieronimo zu einer Einzelübung ein. „Ihr müsst mutig sein, so viel kann ich verraten“, sagt Frau Knauer-Thomer zu ihren Schülern, woraufhin Emilian erschrocken fragt, ob man dort einen Käfer anfassen muss. Diese Angst kann ihm zum Glück genommen werden – aber worauf müssen sich die Kinder jetzt einstellen?

Das Selbst stärken

Mit verbundenen Augen muss immer ein Schüler, von Ieronimo geführt, an einem Seil zum Ziel kommen. Die Hürden: Der unebene Waldboden und die knifflig gespannten Seile. So soll Vertrauen aufgebaut werden, sowohl darin geführt zu werden als auch in die eigenen Instinkte. Am Ende laufen alle die Strecke ohne Augenbinde zurück und erkennen, was sie geschafft haben.

Für den Seillauf haben die Kinder „Mut zum Ich“ bewiesen.
Für den Seillauf haben die Kinder „Mut zum Ich“ bewiesen.Foto: jr

„Ich hatte zuerst ein bisschen Angst, aber ich dachte es wird viel schwieriger“, meint Mohammed. Danach dürfen die Kinder ins „Guinness Buch der Stärken“ schreiben: Sie notieren dort, worin sie gut sind und was sie in den drei Tagen über sich gelernt haben. Hinterher steht in dem Buch eine Seite voller schöner Anmerkungen: „Ich bin nett“, „Ich bin stark“ und „Ich bin hilfsbereit“ sind nur ein paar davon.

Fazit am letzten Tag

Das Projekt ist der Klasse nachhaltig in Erinnerung geblieben. Marie sagt: „Ich bin jetzt mutiger und habe keine Angst vorm Wald mehr!“ Tatsächlich fragen die Kinder bis zu den Sommerferien weiter nach Marco Ieronimo und ob sie ab jetzt im Wald Unterricht machen können. Jetzt wünscht sich die Klasse sogar eine weitere gemeinsame Fahrradtour!

Durch das
Durch das "Guinness Buch der Stärken" hat die Schulklasse viel über sich herausgefunden.Foto: jr

Auch aus Lehrersicht war „WaldMachtMut!“ ein Erfolg. Nicole Knauer-Thomer fasst zusammen: „Man lernt die Schüler ganz anders kennen als im Unterricht, oder auch als bei einem Schulausflug. Das ist wirklich etwas ganz Besonderes.“ Anders als bei regulären Schulausflügen kamen hier nämlich die Teamplayer der Gruppe zum Vorschein. Die Begeisterung der 6a hielt sogar über das Schulumfeld hinaus an und Schüler, die sonst viel Zeit vor Konsolen verbringen, wünschen sich jetzt mehr Zeit im Grünen zu verbringen. „Auch wenn die Kinder währenddessen wegen der Mücken und den Pannen beim Fahrradfahren viel gemeckert haben, meinten die Eltern, daheim wurde total begeistert von dem Waldausflug erzählt.“


So hat „WaldMachtMut!“ die Klassengemeinschaft zusammengeschweißt. Nach einem holprigen Start in das Schuljahr konnte die 6a der Parkringschule hier in einer Umgebung frei vom Schuldruck lernen, wie man auf sich selbst, andere und die Natur Rücksicht nimmt und sieht Wiederholungsbedarf.

Mehr erfahren

Sie sind selbst Lehrer und suchen nach Teambuilding-Möglichkeiten in der Natur für ihre Klasse? Dr. Marco Ieronimo war mit der Schutzgemeinschaft Deutscher Wald mit einem Stand am Forum für Gesellschaftlichen Zusammenhalt vertreten. Eine Rückschau zu dieser Netzwerkveranstaltung für ehrenamtlich Tätige gibt es hier.

"WaldMachtMut!" hat den Teamgeist der 6a gestärkt.Foto: jr

Über "WaldMachtMut"

„WaldMachtMut! ist ein Mut machendes und stärkenweckendes Programm für Jugendliche im Alter von 12 bis 15 Jahren an Haupt-, Werkreal- oder Gemeinschaftsschulen. Entstanden ist es aus dem Wunsch der Nussbaum Stiftung, gerade diesen Jugendlichen eine Möglichkeit zu geben, Natur und Umwelt aktiv zu erfahren. Mit dem WaldMobil-Projekt der Schutzgemeinschaft Deutscher Wald Baden-Württemberg, das schon lange und mit Erfolg an Kindergärten, Kitas und Grundschulen unterwegs ist, um Kindern spielerisch den Umgang mit der Natur zu vermitteln, gelang es, das Angebot auf eben diese Zielgruppe auszuweiten. Inzwischen haben schon über 20 Schulen daran teilgenommen.

Weitere Inhalte

Mehr zur Nussbaum Stiftung

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Mehr zu Dr. Marco Ieronimo mit dem WaldMobil auf dem Marktplatz des Engagements

Erscheinung
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Orte

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Kinder & Jugend
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von ps
22.08.2024