Beth Shalom - Haus des Friedens. Verein für Erinnerungs- und Friedensarbeit in Remseck e. V.
71686 Remseck am Neckar
Dies und das

Die Hochberger Judenordnung, Teil 1

Herzog Friedrich Eugen v. Württemberg erwarb 1779 die Herrschaft Hochberg von Weiprecht v. Gemmingen. Friedrich Eugen führte 1779 das Leben eines zurückgezogenen...
Friedrich Eugen v. Württemberg, ca. 1750-59
Friedrich Eugen v. Württemberg, ca. 1750-59Foto: Wikimedia Commons

Herzog Friedrich Eugen v. Württemberg erwarb 1779 die Herrschaft Hochberg von Weiprecht v. Gemmingen. Friedrich Eugen führte 1779 das Leben eines zurückgezogenen Landedelmanns in der württembergischen Grafschaft Mömpelgard (heute Montbéliard, Frankreich) nach Jahren des Militärdienstes in Preußen. Erst 1795 sollte er überraschend für nur zweieinhalb Jahre regierender Herzog von Württemberg werden. Schon 1781 verkaufte er Hochberg an seinen Bruder Karl Eugen weiter, den damals regierenden Herzog von Württemberg. In der kurzen Regierungszeit Friedrich Eugens in Hochberg als vom Kaiser belehnter Reichsritter von 1779 bis 1781 wurde die Hochberger Judenordnung erlassen. Nach dem Vorbild des 1731 für die Juden in Freudental ausgestellten Schutzbriefes wurde in 28 Paragrafen das Leben der Juden in Hochberg geregelt. 40 Jahre galt diese Ordnung, bis Hochberg 1821 endgültig im württembergischen Staat aufging. Anlass für den Erlass der Judenordnung 1780 waren offensichtlich Konflikte: „Wir von Gottes Gnaden Fridrich Eugen, Herzog zu Württemberg …, Herr … auch der Immediaten (reichsunmittelbaren) Herrschaft zu Hochberg … haben … uns … entschlossen …, die bey der Übernahme der Herrschaft Hochberg allhier ansässig gewesene Juden in Unseren besonderen Schutz und Schirm zu nehmen, zugleich aber auch wegen den unter ihnen eingerissenen Unordnungen für nöthig erachtet, eine besondere Juden-Ordnung zu errichten.“ In § 1 wird eingeschärft, dass sich die Juden „still, verträglich und unklagbar“ zu verhalten haben. Hiervon wird der Status des Schutzjuden abhängig gemacht. So sie sich „auf solche Weise betragen“ wird ihnen in § 2 „Schutz und Schirm gegen all diejenigen, welche sie gefährten oder boshafter Weise antasten würde, gnädigst zugesichert.“ Die „freye Übung ihrer Religion“ wird zugesagt, wenn diese „still“ erfolgt und die Juden „keine Lästerung gegen … die christliche Religion ausstossen“. § 3 regelt, dass die von Friedrich Eugen ernannten Vorsteher der jüdischen Gemeinde für die Regelung von Streitfragen „in Sachen, die jüdische Religion oder Ceremonien betreffend“ zuständig sind. In allen bürgerlichen Angelegenheiten sind sie aber der herrschaftlichen Gerichtsbarkeit unterstellt. § 4 legt die Konflikte offen, die zum Erlass der Ordnung geführt haben: Ein auswärtiger Rabbiner soll eine Gottesdienstordnung („Reglement“) erlassen, um „für die Zukunft“ Anlässe „zu Zwistigkeiten und Unordnungen in Sachen, welche die Religion und Gottesdienstliche Gebräuche betreffen“ zu unterbinden. § 6 führt aus, dass die Judenvorsteher Samuel Isaak und Abraham Gideon für die Einhaltung des Reglements verantwortlich sind und Geldstrafen für Übertretungen verhängen müssen, die je hälftig in die jüdische und die herrschaftliche Kasse abgeführt werden müssen. In § 8 wird das Schutzgeld geregelt, das die Juden abzuführen haben: Jeder Schutzjude hat jährlich 5 Gulden in Vierteljahresraten zu zahlen. Zusätzlich müssen die Juden statt der am Martinstag von den Christen als Zehnt an die Herrschaft abzuführenden Martinsgans 1 Gulden 30 Kreuzer zahlen. 2 Gulden müssen für „Frohnen, Einquartirungen, Soldaten-Durchmärsche und dergleichen“ pauschal abgeführt werden. 30 Kreuzer fallen „für Wasser und Wayd wie auch das Baad“ jährlich an. Insgesamt sind somit pro Schutzjuden 9 Gulden jährlich abzuführen. Der Betrag war somit nur halb so hoch wie in Freudental.

Kai Buschmann
Beth Shalom – Haus des Friedens. Verein für Erinnerungs- und Friedensarbeit in Remseck e.V., www.bethshalom-remseck.de, info@bethshalom-remseck.de

Erscheinung
Remseck Woche – Amtsblatt der Stadt Remseck am Neckar
NUSSBAUM+
Ausgabe 18/2025

Orte

Remseck am Neckar

Kategorien

Dies und das
Panorama
Dieser Inhalt wurde von Nussbaum Medien weder erfasst noch geprüft. Bei Beschwerden oder Anmerkungen wenden Sie sich bitte an den zuvor genannten Erfasser.
Meine Heimat
Entdecken
Themen
Kiosk
Mein Konto