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Die Hochberger Judenordnung, Teil 4 und Schluss

Schutzgeld, Aufenthaltsrecht, Kontakt mit Auswärtigen und die Rahmenbedingungen des Handels waren die großen Themen der Hochberger Judenordnung...
Friedrich Eugen v. Württemberg, ca. 1750-59
Friedrich Eugen v. Württemberg, ca. 1750-59Foto: Wikimedia Commons

Schutzgeld, Aufenthaltsrecht, Kontakt mit Auswärtigen und die Rahmenbedingungen des Handels waren die großen Themen der Hochberger Judenordnung von 1780. In der Literatur wird die Auffassung vertreten, dass die Hochberger Ordnung im Freudentaler Judenedikt von 1731 ihr Vorbild hat, aber verschärft wurde (P. Sauer, Th. Nebel). Zunächst ist dies naheliegend, denn wie Hochberg war Freudental ein zur herzoglichen Hofkammer gehörender, aber in Württemberg nicht direkt inkorporierter Ort. Räumliche Nähe, identischer rechtlicher Rahmen und die damalige Zuordnung der Hochberger Juden zum Rabbinat Freudental lassen diesen Zusammenhang geradezu erwarten. Liest man das Freudentaler Judenedikt, begegnet einem aber eine Rechtsordnung mit einem ganz anderen Geist: Die Freudentaler Ordnung ist von einer geradezu liberalen Grundüberzeugung getragen: Betont wird, dass die Juden im Ort frei Handel treiben und gleichberechtigt mit den Christen die Allmendegüter nutzen dürfen. Die jüdischen und christlichen Feiertage sollen gegenseitig respektiert werden. Kreditgeschäfte mit den ortsansässigen Christen sind ausdrücklich für 6 Prozent Zinsen erlaubt. Christliche Dienstboten werden den jüdischen Familien „an ihren Sabbathen“ genehmigt (sog. „Schabbesgois“). Auch die Anlage eines Friedhofs, einer neuen Synagoge und eines Ritualbades (Mikwe) wird ausdrücklich geregelt. Zu letzterem findet sich in der Hochberger Ordnung kein Wort. Auch ist der Geist der Hochberger Ordnung völlig gegensätzlich: Die Rechte der Juden werden an ihr Wohlverhalten gebunden und die Möglichkeit des Schutzverlustes ständig betont.

Sucht man nun nach historischen Entsprechungen, so wird man beim Preußischen Generaljudenreglement von 1750 fündig. Die Hochberger Judenordnung orientiert sich komplett an diesem Vorbild. Der preußische König Friedrich der Große galt zwar als aufgeklärter Monarch („jeder soll nach seiner Façon selig werden“). Diese Toleranz bezog sich aber nur auf Lutheraner, Katholiken und Calvinisten, also christliche Konfessionen. Seine Politik gegenüber den Juden verweigerte ihnen elementarste Rechte und zielte darauf ab, die Zahl der Juden möglichst gering zu halten, ihren wirtschaftlichen Nutzen aber zu optimieren.

Wie kommen diese restriktiven preußischen Regelungen aber nun nach Hochberg? Die Antwort gibt der Lebenslauf Friedrich Eugens von Württemberg, des Ortsherrn von Hochberg: Der 1732 geborene württembergische Prinz wurde schon als Neunjähriger 1741 für drei Jahre zur Ausbildung an den Hof Friedrich des Großen nach Berlin geschickt. Von 1749 bis 1769 stand er im preußischen Militärdienst. Im Siebenjährigen Krieg sind verschiedene Verteidigungsoperationen mit seinem Namen verbunden (Entsatz von Berlin, Verteidigung Pommerns und Mecklenburgs, Verteidigung Kolbergs gegen russische Belagerung über 23 Wochen). Seit 1753 war Friedrich Eugen mit einer Nichte Friedrich des Großen verheiratet: Friederike Dorothea von Brandenburg-Schwedt. Aus der Ehe, die als „echte Liebesheirat“ galt, gingen 13 Kinder hervor. Als Friedrich Eugen 1779 Hochberg erwarb, war er vollständig durch seine Erfahrungen in Preußen geprägt und führte absolutistische preußische Regelungen zu den Juden auch in seiner Reichsritterschaft ein. Die liberale Freudentaler Judenpolitik wurde in Hochberg gerade nicht fortgeführt, sondern im Gegenteil radikal restriktiv ausgerichtet.

Kai Buschmann
Beth Shalom – Haus des Friedens, www.bethshalom-remseck.de, info@bethshalom-remseck.de

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Remseck Woche – Amtsblatt der Stadt Remseck am Neckar
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Ausgabe 22/2025
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