
Der neue Haushaltsplan steht, doch die Freude darüber ist getrübt. Die Haushaltsreden der Fraktionen offenbaren das ganze Ausmaß der finanziellen Misere in Bad Wildbad. Von scharfer Kritik an steigenden Sozialkosten bis hin zur Mahnung für mehr Respekt im Ratsrund – wir fassen die wichtigsten Positionen von CDU, SPD und FWV für Sie zusammen.
In einer wegweisenden Haushaltsrede zum Etat 2026 zeichnete CDU-Fraktionschef Uwe Göbel ein Bild zwischen finanzieller Not und Gestaltungswillen. Man befinde sich in einer „Wegstreichrunde“, da das strukturelle Defizit die 8-Millionen-Euro-Marke überschritten hat. Trotz der Warnung, dass die Rücklagen voraussichtlich 2027 erschöpft sein werden, stimmte die CDU-Fraktion dem Haushalt geschlossen zu, um die Stadt „arbeitsfähig zu halten“. Scharfe Kritik übte Göbel an der mangelnden Finanzausstattung durch Bund und Land: Das Prinzip „Wer bestellt, der bezahlt“ funktioniere kommunal nicht mehr. Steigende Sozialkosten und die Kreisumlage von acht Millionen Euro ließen kaum Raum für Freiwilligkeitsleistungen. Besonders die Personalkosten von 11,4 Millionen Euro seien durch gesetzliche Vorgaben, etwa in der Kinderbetreuung, massiv aufgebläht worden.
Trotz der „5 nach 12“-Lage setzt die CDU klare Prioritäten: Die Generalsanierung der Fünf-Täler-Schule (über 4 Mio. Euro für 2026) wird konsequent mitgetragen. Der Breitbandausbau soll 2026 abgeschlossen werden, um „weiße Flecken“ in der Kurstadt zu tilgen. Das neue Feuerwehrhaus in Aichelberg steht mit 1,45 Mio. Euro Restmitteln vor der Fertigstellung.
Bei der Verabschiedung des Haushaltsplans 2026 kritisierte die SPD-Fraktion die schwindenden Spielräume der kommunalen Selbstverwaltung. Gemeinderätin Jessica Fox bemängelte, dass Bund und Land Aufgaben wie die Ganztagsbetreuung nach unten durchreichen, ohne für die nötigen Mittel zu sorgen. Sie forderte ein geschlossenes Auftreten der Kommunen, um das Prinzip „Wer bestellt, bezahlt“ einzufordern, da besonders die steigende Kreisumlage die Stadtplanung massiv belastet.
Selbstkritik übte die SPD an der schleppenden Erschließung lokaler Baugebiete; so sei die seit fast 30 Jahren nicht abgerechnete Reichertsklinge eine „Schande“ und ein schlechtes Vorbild. Sparpotenzial sieht die Fraktion bei der Sanierung der Uhlandshöhe-Brücke und kritisiert den Stellenplan, da Einsparungen teils nur durch die Vergabe an externe Firmen zustande kämen. Positiv bewertet die SPD hingegen die Sanierung des Waldfreibads und der Paulinenstraße sowie das neue Innenstadt-Marketing. Jessica Fox schloss mit dem Appell an den Gemeinderat, trotz der finanziellen Zerreißprobe respektvoll und pragmatisch als Gemeinschaft zu handeln, statt politisches Niveau wie in Berlin zu zeigen.
Deutliche Worte fand die FWV-Fraktionsvorsitzende Rita Locher zur prekären Finanzlage der Kurstadt. Angesichts eines Rekordschuldenstands von über 30 Millionen Euro und eines Fehlbetrags von 7 Millionen Euro im Ergebnishaushalt zeichnete sie ein düsteres Bild und warnte vor einem „explosiven Gemisch“ aus steigenden Schulden und sinkender Liquidität. Besonders kritisch sieht die FWV die steigenden Umlagen sowie um sieben Prozent wachsende Personalkosten. Diese beschneiden die kommunale Selbstbestimmung massiv: Man entscheide kaum noch über Gestaltung, sondern verwalte nur noch Pflichtaufgaben. Haushaltsdisziplin sei daher das Gebot der Stunde. Trotz dieser „unbequemen Wahrheiten“ stimmte die Fraktion dem Etat mehrheitlich zu, da die neuen Schulden zur Schaffung von Substanz dienten. Priorität genießen dabei die Sanierung der Fünf-Täler-Schule, der Kita-Ausbau, das Feuerwehrhaus Aichelberg sowie das Projekt Calmbach III und der Breitbandausbau. Einsparungen fordert die FWV hingegen bei teuren Gestaltungsprojekten an Grünflächen. Abschließend mahnte Locher einen respektvolleren Ton im Rat an: Die Demokratie lebe vom Diskurs, sterbe aber am falschen Ton. (mm)

