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Die „Schlüsselblume“ feiert 10-jähriges Bestehen

Gemeinschaftsaktionen stärken in der Betreuungsgruppe für Demenzkranke aus Großbettlingen und Raidwangen das Gruppengefühl. Neun Ehrenamtliche engagieren...
Foto: Kirsten Oechsner

Gemeinschaftsaktionen stärken in der Betreuungsgruppe für Demenzkranke aus Großbettlingen und Raidwangen das Gruppengefühl. Neun Ehrenamtliche engagieren sich bei den wöchentlichen Treffen.

Nach drei Stunden des Zusammenseins erklingt im evangelischen Gemeindehaus in Großbettlingen ein frohes „Auf Wiedersehen“, und die Menschen, die miteinander im Kreis sitzen, winken sich zu. Ein wichtiges Ritual, ohne das die Frauen und Männer nicht auseinandergehen – die Wiedererkennung sei wichtig, erklärt Ulrike Allner. Sie leitet hauptamtlich die Betreuungsgruppe „Schlüsselblume“. Seit zehn Jahren gibt es das Angebot für Demenzkranke und andere Gäste. Unterstützt wird sie dabei von geschulten Ehrenamtlichen, die angesichts des kleinen Jubiläums mit einem Blumenstrauß als Dankeschön bedacht wurden: „Das wiegt zwar nicht auf, was sie an Engagement reinstecken“, erklärte Bürgermeister Christopher Ott, „es ist aber eine Wertschätzung Ihrer Arbeit.“

Einmal in der Woche, immer donnerstags von 14 bis 17 Uhr, findet das Treffen der „Schlüsselblume“ statt. Damit werden einerseits die Angehörigen entlastet und können durchschnaufen, andererseits erleben so die an Demenz erkrankten Menschen einen Nachmittag in Gemeinschaft. Das habe es in dieser Form vor einem Jahrzehnt in Großbettlingen nicht gegeben, blickt Heidrun Veit auf die Anfänge zurück: Der Bedarf sei jedoch vorhanden gewesen. Sie ist eine Ehrenamtliche der ersten Stunden, übt das Ehrenamt nach wie vor aus, ist inzwischen aber auch Geschäftsführerin des Krankenpflegevereins Großbettlingen-Raidwangen. Der hat damals die „Schlüsselblume“ gemeinsam mit der Gemeinde und der sozialen Einrichtung „Sonne vom Neuffener Tal“, die es inzwischen nicht mehr gibt, initiiert und ist bis heute dafür verantwortlich. Finanziell unterstützt wird das Projekt vom Sozialministerium.

Vor dem Start sei für die ehrenamtlich Aktiven zunächst einmal eine Schulung gestanden. Und die ist bis heute verbindlich, wenn man an der Seite von Ulrike Allner in der „Schlüsselblume“ aktiv sein will. Darüber hinaus steht jährlich eine weitere Schulung an: „Zur Qualitätssicherung“, wie die Leiterin betont. In dieser Funktion kümmere sie sich quasi um alles, von der Einteilung der Ehrenamtlichen bis zur Gestaltung des nachmittäglichen Programms. Das beinhaltet viele Rituale, wie die gemeinsame Pause bei Kaffee und Kuchen, aber ansonsten ist es von Vielfalt geprägt – die Aktivierung der Demenzkranken steht dabei im Vordergrund. Mal wird Gymnastik im Sitzen gemacht, mal steht Gedächtnistraining an oder mal wird sogar gebacken – die Senioren schnippeln dann das Obst. Jedes Zusammensein stehe, so Ulrike Allner, unter einem bestimmten Thema – sei es jahreszeitlich oder aus dem Alltag: „Wir wollen die Erinnerung an frühere Zeiten wecken.“ Oft wird auch gebastelt oder gemalt, gemeinsam gesungen wird immer. Das Gruppengefühl zu stärken, ist Ulrike Allner ein großes Anliegen: „Unsere Gäste sollen die Gemeinschaft spüren“, erklärt sie. Und das sei auch der Fall: „Sie registrieren durchaus, wenn mal jemand fehlt.“

Sieben Frauen und Männer aus Großbettlingen, Raidwangen und Bempflingen besuchen derzeit die Betreuungsgruppe, es könnten laut Ulrike Allner durchaus noch fünf mehr sein. Grundsätzlich gelte: „Wenn jemand zu uns findet und es passt, dann kommt derjenige auch regelmäßig.“ Unterstützt wird die Hauptamtliche von neun Helferinnen, neben Heidrun Veit ist auch Elke Dost von Anfang an dabei. Erst Anfang April ist Renate Nething zum Team gestoßen: „Ich möchte etwas zurückgeben“, beschreibt sie ihre Motivation. Als die eigene Mutter an Demenz erkrankt war, habe sie noch arbeiten müssen. Die Betreuung ihres Vaters durch die ambulante Krankenpflege sei so gut gewesen, so Sigrid Henzler, dass sie sich nach dessen Tod im sozialen Bereich engagieren wollte – die „Schlüsselblume“ sei’s geworden. Das Konzept passe hervorragend zu ihren Bedürfnissen, erklärt die ehemalige Erzieherin Christa Schweizer: „Ich wollte mich engagieren, aber flexibel sein.“

Als Schülerinnen sind Annabell Drieschner und Emilia Henzler im Rahmen ihres Sozialpraktikums in der achten Klasse zur Betreuungsgruppe gestoßen und sie sind geblieben – bei Emilia Henzler war das immerhin vor achteinhalb Jahren. Zum Team gehören auch Eva Geiger und Rita Jekel. Sie seien laut Heidrun Veit alle sehr gerne dabei: „Wir bekommen ja auch etwas zurück“, betont sie. Dann beispielsweise, wenn ein Gast plötzlich bei Liedern mitsingt und sonst kein Wort sagt. „Es motiviert uns, wenn die Gäste aus ihrer Welt auftauchen“, erklärt Christa Schweizer. Und man dürfe laut Ulrike Allner eines nicht vergessen: „Wir verbringen keinen ernsten Nachmittag, sondern haben unseren Spaß zusammen.“ (von Kirsten Oechsner)

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Ausgabe 26/2025
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