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Die Weiße Frau vom Turmberg war dort

Die Tulpenblüte im Durlacher Schlossgarten

Die Tulpenliebe des Markgrafen Karl III. Wilhelm von Baden ist allseits bekannt. Ein geschichtlicher Blick zurück.
Markgräfin Magdalena Wilhelmina (alias Susanne Hilz-Wagner) bewundert die Tulpenpracht ihres Gatten Markgraf Karl Wilhelm im Durlacher Schlossgarten.
Markgräfin Magdalena Wilhelmina (alias Susanne Hilz-Wagner) bewundert die Tulpenpracht ihres Gatten Markgraf Karl Wilhelm im Durlacher Schlossgarten.Foto: Fotograf: Karl-Heinz Wagner. Copyright by Susanne Hilz-Wagner

Von meinem Hohen Turm auf dem Turmberg blicke ich schon gespannt in den Durlacher Schlossgarten, wo bereits die ersten Tulpen zu blühen beginnen. Dabei schweift mein Blick zurück auf längst vergangene Zeiten. So berichte ich euch heute, was es hier mit den Tulpen seit der Barockzeit bis heute in Durlach so auf sich hat.

Bei seinen zahlreichen Reisen nach Holland hatte Markgraf Karl III. Wilhelm von Baden bereits während seiner Studienzeit und jugendlichen Jahren u. a. dort auch seine Tulpenliebe kennen und schätzen gelernt. Im Jahre 1715 gründete er seine neue Residenz in Karlsruhe, wo er gar eine weibliche Tulpengarde als sein Eigen zählte. In seinen heiß geliebten Niederlanden erwarb er 1728 in der Nähe von Haarlem und damit in der Nähe der Verwandtschaft seiner Schwiegertochter, der Prinzessin Anna Charlotte Amalie von Nassau-Dietz-Oranien, ein Barockschlösschen mit Garten. Optional sollte dieses auch als Fluchtburg dienen, falls er sich und seine Familie in kriegerischen Zeiten wieder einmal in Sicherheit bringen müsste.

Die dortigen Gartenanlagen enthielten u.a. größere Tulpen- und Hyazinthenpflanzungen. Als man ihn Anfang 1729 von dort nach Karlsruhe benachrichtigte, dass man die Tulpenblüte um den 10. April erwartete, brach er bereits am 21. März desselben Jahres die Reise in dieses dortige Domizil an, da er rechtzeitig zur Blüte anwesend sein wollte. Unter seinen ca. 50 Reisebegleitern befanden sich auch sieben Sängerinnen, vier Leibköche und zwei Hofnarren. In Haarlem suchte er die Gesellschaft bekannter Blumenkenner, um sich zu informieren, und nahm dort ebenso an Blumenversteigerungen teil und ersteigerte dabei auch Tulpenzwiebeln. Erst Anfang August trat er die Rückreise mit seiner Reisegesellschaft an und kam schließlich am Ende dieses Monats am Rheinhafen von Liedolsheim an. Von dort aus ging es mit der Chaise zurück in seine Residenz nach Carols Ruhe. Diese Reise des Markgrafen sollte seine letzte Vergnügungsreise sein, denn sein Schlösschen mit der Tulpenblüte sollte er niemals mehr wieder besuchen können. Nach dem Tod des Markgrafen wurde es schließlich am 14. Oktober 1738 an einen Marquis verkauft.

Ein passionierter Gärtner

Auch in seinem neu errichteten Karlsruher Schloss ließ er einen ausgedehnten Schlossgarten anlegen mit ca. viertausend „Pommerantzen-, Citronen- und Lorbeerbäumen“, wovon alleine ca. 2.700 Orangenbäume waren. Daneben gab es noch Spalierbau mit Zitronenbäumen, ein Vogelhaus für etwa dreihundert Kanarienvögel und einen Entenkoy mit ca. 2.000 Wildenten hinter dem Karlsruher Schloss. Dort befand sich auch die Fasanerie mit einem Teich, dessen Anlagen er noch vor der Grundsteinlegung des Karlsruher Schlosses im Schlossturm, bereits im Jahre 1714 errichten ließ. Hier legte er auch große Tulpenfelder an. Wie mehrfach von ihm berichtet wurde, hatte der Markgraf wohl ein außergewöhnliches Interesse an Pflanzen, Gärten und vor allem an Tulpen.

Seinen Hof- und Kunstgärtner Thran entsandte er zusammen mit einer Delegation des Kurfürsten Friedrich August I. von Sachsen (August der Starke) zu einer wissenschaftlichen Expedition u. a. nach Afrika, von der Thran erst nach zwei Jahren im März 1733 wieder zurückkam. Da bald nach seiner Rückkehr der Polnische Erbfolgekrieg ausbrach und der Markgraf sich in sein Baseler Exil begab, blieb nur wenig Zeit für Thran von seinen Erlebnissen und Erfahrungen zu berichten. Seine Erkenntnisse waren aber wichtig für die späteren Blumen- und Pflanzenzüchtungen im gesamten badischen Raum, welche auf diese Einsichten zurückgriffen.

Tulipomanie des Markgrafen und lange Tulpen-Tradition

Das große Interesse für Botanik hat Tradition in der Markgrafenfamilie, denn schon in der im Jahre 1565 errichteten Durlacher Residenz existierte ein Garten, in dem der spätere Markgraf Friedrich IV. um 1660 Blumenaquarelle anfertigen ließ. Diese erhaltene Sammlung „Flora picta“ besteht hauptsächlich aus Tulpenzeichnungen, die als Vorläufer der Tulpenbücher von Markgraf Karl Wilhelm gelten und heute in der Universitätsbibliothek Göttingen bewundert werden können. Schon Mitte des 16. Jahrhunderts war die Tulpe nach Deutschland gekommen, wo sie – zunächst nur an den adeligen Höfen, bald aber einer allgemeinen größeren Beliebtheit erfreute. Das bedeutendste Zentrum der Blumenzwiebelzucht und des Blumenzwiebelhandels entwickelte sich in Holland, wo sich die Tulpe rasch zu einer exponierten Bedeutung aus der gesamten Gartenkultur entwickelte. In den Jahren von 1634 bis 1637 steigerte sich die Begeisterung für die Tulpe bis zum Phänomen der sogenannten Tulipomanie. Der Aufstieg der Tulpe zum Luxusgut und Spekulationsobjekt war nicht mehr aufzuhalten. Sie war natürlich in gewisser Weise auch ein Prestigesymbol an den Höfen und für die höfische Tafel wurden für diese wertvolle Pflanze sogar eigene Tulpenvasen kreiert.

Circa 5000 Sorten

Die besondere Vorliebe des Markgrafen Karl Wilhelm gehörte also den Tulpen, die zu seiner Zeit nicht selten in Gold aufgewogen wurden – wie so üblich in der Barockzeit. In seinen hiesigen Gärten mit der Aufzucht im Durlacher Schlossgarten waren es alleine schon ca. 5.000 Sorten, die er auch inventarisieren und von verschiedenen Zeichnern in allen Facetten im Bilde festhalten ließ. Die Aufzucht in Durlach blieb bestehen, obwohl der Markgraf sich schon längst in seine neue Residenz Karlsruhe zurückgezogen hatte. Diese Blumenbilder entstanden in einer eigenen Malstube, die er neben seiner Bibliothek mit etlichen Pflanzenbüchern in seiner neuen Residenz eingerichtet hatte. Noch heute können einige der Folianten inzwischen im Online-Katalog der Badischen Landesbibliothek Karlsruhe betrachtet und bewundert werden.

Seinen Neuzüchtungen widmete der Markgraf auch die Namen der badischen Familienmitglieder, so auch für seine Gemahlin Magdalena Wilhelmina (heute nicht mehr existent) und der seiner Verwandten der Baden-Badener Linie, wie der Markgräfin Sybilla Augusta, dem Markgrafen Ludwig Wilhelm und seinem Sohn Georg Ludwig. Den damaligen Blumenreichtum im Durlacher Schlossgarten belegt ein im Jahr 1713 gedruckter „Catalogus“ der Blumen, welche in dem „fürstlicher Hoff-Garten zu Carlsburg“ (Generallandesarchiv Karlsruhe, HfK-Hs. Nr. 107) zu sehen sind. Er dokumentiert 2.121 alphabetisch sortierte Blumensorten, darunter finden sich insgesamt 1.162 verschiedene Tulpensorten. Seine kostspielige Leidenschaft versuchte der Markgraf stets zu amortisieren, indem er die Tulpenzwiebeln, darunter auch seine Neuzüchtungen, anderen europäischen Höfen erfolgreich anbot und verkaufte. So hatte er wenigstens einen nicht unwesentlichen Teil seiner kostspieligen Leidenschaft für Tulpen finanzieren können.

Meine Botschaft zum Frühling: Genießt die Tulpenanlagen im Durlacher Schlossgarten, die auch in diesem Jahr wieder wunderschön sind. Ein herzliches Dankeschön gebührt der Durlacher Stadtgärtnerei auch für diese Tulpenpracht. Herzlichst, eure „Weiße Frau vom Turmberg“. (sh)


Literaturquellen der historischen Fakten

Hans Merkle. Markgraf von Baden-Durlach und Gründer der Stadt Karlsruhe.

Katalog der Badischen Landesbibliothek: (https://digital.blb-karlsruhe.de/doc/page/tulpe)

de.wikipedia.org/wiki/Karl_III._Wilhelm_(Baden-Durlach)

Carl Eduard Vehse, Die Höfe zu Baden, 1853

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Ausgabe 14/2025

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