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Die „Zeitenwende“ kommt auch in der Gemeinde Mühlhausen an

Die Gemeinderatssitzung am 17. Juli 2025 ist die vorletzte Sitzung vor der Sommerpause und reicht thematisch vom Finanzzwischenbericht, über die Auftragserteilungen...

Die Gemeinderatssitzung am 17. Juli 2025 ist die vorletzte Sitzung vor der Sommerpause und reicht thematisch vom Finanzzwischenbericht, über die Auftragserteilungen an ein Planungsbüro bis zur Frage der Unterstützung des Dorflädl in Tairnbach. Die genannten Tagesordnungspunkte – und auch die nicht genannten – sind wichtig, doch sie vermitteln den Eindruck der Möglichkeit der schlichten Fortsetzung einer Routine.

Die Bedingungen der Politik – auch des Handelns in der Gemeinde – haben sich jedoch grundlegend geändert. Es zeichnet sich deutlich ab, dass bei immer geringer werdenden Einnahmen durch Steuern alle öffentlichen Körperschaften weniger finanziellen Spielraum haben, wobei sich diese Entwicklung in den kommenden Jahren voraussichtlich zuspitzen wird. Dies geht aus den Publikationen der fachlich zuständigen Institutionen des Bundes deutlich hervor (u.a. Sachverständigenbeirat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung). Gleichzeitig steigen die Ausgaben im Sozialbereich, in der Rüstung und schließlich liegen quer über alle Politikbereiche die Kosten für die Entgegnung des Klimawandels bzw. zur Bewältigung der Klimaschäden (siehe Klimaschutzkommission). Auch ohne an dieser Stelle näher auf die skizzierte Situation und deren voraussichtliche Entwicklung eingehen zu können, sollte daher deutlich sein, dass Gemeindepolitik – wie die Politik auf der übergeordneten Ebene – nicht mehr nach dem gleichen Muster der vergangenen Jahrzehnte praktiziert werden kann. Vielmehr sollte nachgedacht werden, wie wichtige Aufgaben zukünftig bewältigt werden können, ohne auf finanzielle Mittel zurückgreifen zu können und ohne eine ausufernde Verschuldung zu betreiben. Die Wahrung des Wohlstands sollte neu gedacht werden.

Die erste Aufgabe der Gemeindepolitik sollte nach Ansicht der SPD im Gemeinderat sein, auf diese grundlegende Veränderung in der Öffentlichkeit stärker hinzuweisen und zu verdeutlichen, dass nicht nur bundespolitisch ein neues Zeitalter („Zeitenwende“) anbricht, sondern auf allen Ebenen der öffentlichen Körperschaften. Zu diesem Schluss kommt auch die Mehrheit der Gemeinden und die kommunalen Verbände: Nach einer aktuellen Umfrage des Gemeindetages von Baden-Württemberg wird von rund 67 % der Gemeinden die Notwendigkeit hervorgehoben, eine „ehrliche Kommunikation gegenüber den Bürgern“ zu praktizieren, um die Zeitenwende zum Ausdruck zu bringen (Die Gemeinde, Juli 2025: 33). „Ehrlich“ bedeutet, das von den Verwaltungen wahrgenommene „flächendeckende Krisengefühl“ (ebenda: 31) ungeschönt zu vermitteln und einen ersten Schluss zu ziehen: Eine Fortsetzung der Routinepolitik ist schlicht nicht mehr möglich; je früher dies erkannt wird, desto besser können Vorkehrungen getroffen werden. Hierzu muss öffentlich mit Bürgerinnen und Bürgern diskutiert werden.

Eine der wichtigsten Möglichkeiten ist aus unserer Sicht die Erweiterung von bürgerschaftlichem Engagement bzw. die Stärkung von solidarischem Handeln. Hierzu zählen die unterschiedlichsten Formen von Nachbarschaftshilfe, die es beispielsweise Älteren ermöglicht, länger in ihrer gewohnten Umgebung zu bleiben, bevor sie eine spezielle Betreuung, z.B. in einer Pflegeeinrichtung, benötigen. Nicht zuletzt können sich dies reguläre Rentenbezieher kaum leisten und geraten dadurch in eine sozial hochproblematische Situation (in Deutschland erhält mehr als ein Viertel der Personen mit mindestens 45 Versicherungsjahren weniger als 1.300 € monatliche Rente; die Durchschnittsrente nach mindestens 45 Jahren liegt bei 1.670 €; Bundesarbeitsministerium).

Bezüglich des bürgerschaftlichen Engagements leisten Vereine oder z.B. die freiwillige Feuerwehr eine wichtige Aufgabe, indem sie u.a. Jugendarbeit leisten und eine interessante Freizeitbeschäftigung anbieten, ohne zugleich konsumorientiert zu sein. Was alt und bekannt erscheint, ist bei näherer Betrachtung in den zurückliegenden Jahrzehnten verdrängt worden durch gewerbliche Formen der Auslagerung von Leistungen; sie reichen vom Nachhilfeunterricht von Kindern und Jugendlichen bis zur Altenbetreuung. Wenn die SPD im Gemeinderat als erste Aufgabe der Gemeindepolitik die ungeschönte Vermittlung dieser „Zeitenwende“ im Sinne der Aufklärung betrachtet, so liegt eine weitere Aufgabe in der Aufforderung gegenüber der Bürgerschaft, selbst kreativ und initiativ zu werden. Es sollte zukünftig wesentlich stärker die Bürgerschaft einbezogen werden, um interessante Ideen und Vorschläge zum guten Zusammenleben in der Gemeinde zu erschließen. Ein Forum hierzu könnten Bürgerversammlungen sein, die den Austausch zwischen den gewählten Vertretern und der Bürgerschaft verbessern. Eines ist sicher: Wir brauchen mehr Kreativität, mehr bürgerschaftliches Engagement und gemeinschaftlichen Zusammenhalt, dann können auch die neuen Bedingungen der Gemeindepolitik bewältigt werden!

Für die SPD: Dr. Michael Mangold (Gemeinderat)

Erscheinung
Gemeinderundschau Mühlhausen
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Ausgabe 29/2025
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