
Er ist aus dem MAX nicht mehr wegzudenken, dieser Jahresrückblick mit Niederbayerns Kabarettisten. In seinem „Rückspiegel“ hat Django Asül zum Geschehen in Deutschland und der Welt freilich seine ganz eigene Betrachtung. Dass er die am Morgen des dritten Advents zum Besten gibt, ändert nichts an der so süffisanten wie satirischen Schärfe, mit der er zu Werke geht.
Es ist 11 Uhr, als Django Asül vor sein Publikum tritt. Die Matinee – nicht seine Idee, sondern die des Bürgermeisters. „Der hat gesagt, das Typische an Hemsbach ist das pulsierende Nachtleben.“ Das Frühstück noch nicht ganz verdaut, hat der Kabarettist noch genug zum Kauen für die frisch aus dem Club getanzten Gäste im MAX. Das Kredenzte liegt allerdings eher schwer im Magen, denn die Welt ist in einem Jahr kaum weniger abstrus geworden. Im Gegenteil. Wie bei seiner Station im letzten Jahr im Mittelpunkt: der Bundeskanzler. 2025 hieß er noch Olaf Scholz, nun eben Friedrich Merz. Scholz hatte vor drei Jahren ein Wirtschaftswunder angesichts des Klimaschutzes versprochen. Olaf ist mittlerweile Geschichte, anders sein Versprechen: „Jahre später wundert sich die Wirtschaft wirklich.“ Folgt man dem Kabarettisten, hat sich Merz diesbezüglich bisher kaum besser angestellt. Da ist es wie mit dem Eurovision Song Contest, bei dem Deutschland nahezu jedes Jahr das Feld von hinten betrachtet. Für Asül richtig so: „Es gehört zur Staatsräson, dass der Platz beim ESC sich dem der Wirtschaft anpasst.“
Der Niederbayer, unlängst ausgezeichnet mit dem Bayrischen Verfassungsorden 2025, lästert unverblümt über einen Kanzler, der schon zu Beginn angetreten ist mit der Idee, so viele Erwartungen wie möglich abzuschütteln und sämtliche Versprechen in kürzester Zeit zu kassieren. Die Wakoko – Langversion: Wachkomakoalition – scheint da nicht wesentlich zu stören. Zumal man einander erpresst und mit der Friedenspartei SPD, für die selbst Yoga noch Kampfsport sei, im Clinch liegt. Dafür findet Merz die Sprache, um alle mitzunehmen. Die Wunderwaffe heißt Interpretationsspielraum in alle Richtungen bei jedweder Äußerung.
Berlin ist bevorzugtes Ziel des Kabarettisten für seine Pfeile. Aiwanger und Söder sind allenfalls Statisten, dafür geht es dann lieber nach Brüssel und zu Klimageldern der EU, mit denen in Gambia drei Wrestling-Arenen und in Bangladesch ein Kohlekraftwerk gebaut wird. Er nimmt den Weg über die Bahn, die zukünftig Lose statt Tickets verkauft, um – wie Merz – Erwartungshaltung zu dämpfen, und bei der man sich entscheiden muss: Will man pünktlich ankommen oder am richtigen Ort. Beides zusammen steht sich eben diametral entgegen. Milde darf man bei Django Asül nicht erwarten. Gleiches gilt für Besinnlichkeit, denn auch die sucht man bei ihm – trotz Adventssonntag – vergeblich. Was er liefert, ist die harte Realität und die Geschichte abseits der Schlagzeile, die für reichlich Vergnügen sorgen. (cs)