Auf die Titel komme er stets, indem er gezielt darüber nachdenke. "Ich versuche immer, eine Überschrift über den derzeitigen Zustand der Gesellschaft zu machen." Das sagt der Spiegelfechter Ole Hoffmann. Auch sein aktuelles Kabarettstück „Wie viele Sterne hat ein Tag?“ soll den Zuschauer schon beim ersten Lesen da abholen, wo er gerade steht und fürs Thema begeistern.
Zu Beginn der Vorstellung, am Tag gleich nach Weihnachten, kommt Ole Hoffmann ganz verstört in den Saal und sagt "Nein, nein“. Er schüttelt den Kopf und sagt, er mache nicht alles mit. Er spricht davon, dass man doch nicht zum ersten Mal gewählt habe, reflektiert die Wahl von Donald Trump und sagt, man solle froh sein, dass man das auch noch überleben werde. Möglicherweise löse sich die Regierung genauso schnell auf wie die Ampel.
Auch übers Altern – er selbst wird an diesem Freitag 56 Jahre alt – macht sich Ole Hoffmann zusammen mit dem Publikum Gedanken. Denn, „haben Sie gemerkt, dass die Hände im Alter kürzer werden? – Was ich sehe, ist, dass die Körperteile unterschiedlich schnell alt werden, die Milchzähne ab sieben Jahren. Der Rücken wird mich noch in der Urne schmerzen.“
Natürlich interessieren ihn, der sich die politische Lage ansieht und sie kritisiert, auch echte Wahrheiten contra Fake News, Lügen-Nachrichten. Wie wäre eine Fake-Quoten-Regelung? - „Ich bin dafür: Mindestens die Hälfte der News muss der Wahrheit entsprechen.“ Dummheit wiederum sei etwas, auf das man ein Recht habe. “Dumme schaffen sogar Arbeitsplätze. Wieso jammert man über sämtliche Körperteile, aber nicht über die Größe des Gehirns, dass das zunehmen soll?"
Auch mit der Technik bzw. Informationstechnologie habe es so seine Tücken. Seinen Sohn habe er doch tatsächlich an die Computerspielindustrie verloren. Das Computerspiel bestimme ihren Alltag. Statt „Gute Nacht“ heiße es nur noch: „Raptor, geh‘ Dich rebooten.“ Als Babyboomer fordere er zu hundert Prozent deutsche Sprache für den Austausch untereinander.
Natürlich kommen auch die Wahl, Debatten wie die über Windräder und Deutschlands Innovationsmüdigkeit zur Sprache. So solle man doch die E-Mail ausgedruckt beifügen – etwas, was es so noch nicht gab. Auch über die Legalisierung von Cannabis macht sich Ole Hoffmann Gedanken. Er ist sich sicher, dass Friedrich Merz, der Bundestagsabgeordnete der CDU und Kanzlerkandidat, diese Legalisierung wieder rückgängig machen würde. Hinsichtlich der Energieversorgung ist sich Ole Hoffmann sicher, dass die ehemalige Bundeskanzlerin Angela Merkel Kernenergie befürworten und die stillgelegten Atomkraftwerke wieder hochfahren könne. Wie weit stehe man aber hinsichtlich der Erforschung und Entwicklung der Kernfusion und, wie realistisch sei es, dass Friedrich Merz das dann auch umsetze?
In Zeiten wie diesen macht sich Ole Hoffmann natürlich auch über die globale Plastikvermeidung und den weltweiten Umweltschutz Gedanken. Er berichtet, wie sein Sohn Lewi zu ihm gekommen sei und gefragt habe, ob der Puffreis Palmöl enthalte. Das habe er sich als Teenager nie gefragt und stattdessen seine Jugend genossen. Auf den Pullis der Mädchen stand „No Nazis“ und weil die Jungs die Mädchen toll fanden, habe man das als Junge auch toll gefunden. Es hätte aber auch einfach irgendetwas anderes darauf stehen können. Auf die Frage „Wenn ein Jahrhunderthochwasser alle zehn Jahre kommt, wie oft kommt dann ein zwanzigjähriges?, zusätzlich zur freiwilligen Rechenaufgabe: Welches Fahrzeug sollten die Eltern dann fahren: einen Benziner, ein Elektroauto, ein Fahrrad oder ein Schlauchboot?“ startete man in die Pause. „Immer, wenn ich Sarah Wagenknecht in Talkshows sehe, denke ich, dass das die böse Stiefmutter ist und wie sie zu Oskar sagt: Lasst uns die Kinder aussetzen", kritisiert Ole Hoffmann die Politikerin und die Umbenennung der Parteizentrale. Wie Reichtum und Umweltverschmutzung zusammen hängen, wird ihm klar, als er über die Milliardäre nachdenkt, die immer mehr werden. Solle man die nicht genauso besteuern wie die anderen, abgesehen davon, dass Elon Musk, Donald Trump und Mark Zuckerberg x-Stunden in der Luft verbrächten? "Zusammen stoßen sie soviel CO₂ aus wie die anderen 300 Jahre lang dafür bräuchten.
Wiederum über Technik, die man nicht braucht, aber brauchen soll, macht er sich Gedanken wie über den richtigen Backofen. Schließlich brauche er nur einen, der zum Beispiel mit Umluft funktioniere, nicht andere exklusive Varianten. Warum es einem so schwer gemacht werde, fragt sich Ole Hoffmann. Auch mit dem Router und dem Wechsel von Tarifen befasst er sich, wie lange er herumtelefoniert habe, um zur Kundenberaterin zu kommen, wie er sich in sie verliebt habe und wie er sie kritisiert habe, nur um zum Schluss zu kommen, dass sie nicht mehr „bei dem Scheiss-Verein arbeiten" wolle. Sie wolle Astrophysikerin oder Itlerin werden. Und was bewirkt ein Sprachwandel, in dem herauskommt, dass „Jugendliche sich 'Alder' nennen, obwohl sie blutjung sind, andere 'Digger', obwohl sie schlank sind?“ Ole Hoffmann ruft es laut und kritisiert, dass in den neueren Arten von Zigaretten, die sie rauchen, seltene Erden sind. Um bei den Kindern zu bleiben, müsse man auch immer drüber nachdenken, wie viel man ihnen beibringe und wie sehr man sie fördere. So kommt der Spiegelfechter zu der Erkenntnis, seinen Sohn evtl. zu sehr gefördert zu haben mit dem Schlagfertigkeitstraining. Denn, darauf angesprochen, dass sein Sohn lüge, habe dieser gekontert, von wem er das wohl habe – betrachte man doch die Ideen mit Christkind, Osterhase etc.
Auch über die Baustellensituation macht er sich Gedanken. Er sei es mit dem Lärm, Geschrei und allem gewohnt, komme schließlich aus Karlsruhe. „Vielleicht sollte man sich im neuen Jahr ein Schild vor die Stirn kleben mit dem Text ‚Wegen Umbaus geschlossen‘." Nach dem nicht enden wollenden Applaus regte die Zugabe mit „Fischen, fotografieren, freilassen“ die neue Anglermentalität an. "Immer mehr Geräte erfüllen menschliche Bedürfnisse, wie ein Lob der Fitness-App nach einer durchwachten Nacht wegen der Anzahl der Umdrehungen, oder wie eine andere mitteilt: 'Das Ziel ist erreicht'“. Auch für das Publikum ging damit ein kenntnisreicher, unterhaltsamer, zum Nachdenken anregender Abend zu Ende. Klasse! (war)
Wer sich selbst mit Ole Hoffmanns Weltansichten vertraut machen möchte, kann das noch an folgenden Terminen tun: Freitag, 17., Samstag, 18. und Samstag, 25. Januar, Samstag, 8. Februar, Samstag, 15. und Samstag, 22. Februar sowie Freitag, 28. Februar. Weitere Termine und Infos gibt es unter spiegelfechter.de