Seit 1. August 2019 ist der ehemalige SRH Stephen-Hawking-Schüler Julian Tausch Bürgermeister der Gemeinde Rosengarten (Landkreis Schwäbisch Hall) – die damalige Wahl war eine besondere, denn parallel zur Kommunalwahl gingen auch die Kreiswahl und die Europawahl vonstatten.
„Es war ein interessanter Wahlkampf mit einer hohen Wahlbeteiligung“, erinnerte sich Tausch, der sich dabei gegen vier Mitbewerber durchsetzte, im Interview mit den SRH-Schulen.
In seiner Jugend besuchte Tausch eine Regelschule, denn die durch einen Zeckenbiss im Jahr 2001 ausgelöste Borreliose blieb eine ganze Zeit lang inaktiv. Erst während seiner Ausbildung zum Koch machte sich die Krankheit bemerkbar, war sie doch in der Zwischenzeit in sein rechtes Knie gewandert. „Am Anfang wurde noch vermutet, dass ich mir beim Sport eine Verletzung zugezogen haben musste, denn ich war damals viel draußen“, erzählte Tausch. „Borreliose gab es zu dieser Zeit in meiner Region noch nicht.“ Doch viele Arzt- und Krankenhausbesuche später landete er mit 16 Jahren in Neckargemünd, wo er endlich diagnostiziert werden konnte und sich mehreren Operationen am Knie unterzog.
Nicht bereit, den Traum vom Koch so einfach aufzugeben, entschied sich Tausch schließlich für eine Wiedereingliederung in den Beruf, doch musste er schnell feststellen, dass das viele berufsbedingte Stehen für ihn so nicht möglich war. Dank seiner behandelnden Ärztin wurde er auf die SRH-Schulen und das Internat der SRH Stephen-Hawking-Schule aufmerksam. Die erste Zeit nach seinem Einzug ins Internat ist Tausch als eine aufregende in Erinnerung geblieben: „Die ersten paar Wochen an der SHS waren sehr spannend. Dort treffen so viele verschiedene Menschen mit unterschiedlichsten Einschränkungen aufeinander. Das war eine völlig neue Welt für mich“, berichtete er.
Dazu kam, dass er aufgrund seiner sich verschlechternden gesundheitlichen Situation vorerst an einen Rollstuhl gebunden war und lernen musste, sich auf Rädern fortzubewegen. Doch die Lebensfreude, die er an der SRH Stephen-Hawking-Schule um sich herum erlebte, gab auch ihm neuen Mut und half ihm, seine Interessen zu erweitern. Er lernte mit Freude und entdeckte insbesondere sein Interesse an Buchhaltung. Auf Einladung eines Mitschülers aus der Wohngruppe probierte er zudem Rollstuhlbasketball aus: „Dadurch schöpfte ich neue Energie und lernte, dass es auch noch andere Dinge gab“, berichtete er.
Das bunte Miteinander in seiner Wohngruppe und mit seinen Mitschülern und Betreuern habe sein soziales Denken nachhaltig geprägt. „Ich öffnete mich für all das, was es in der Welt eigentlich alles gibt und lernte, über den Tellerrand hinauszublicken.“
Nach drei Jahren an der SHS begann Tausch, der mittlerweile wieder durch viel Sport (vor allem joggen) allein laufen konnte, eine Ausbildung zum Verwaltungsfachangestellten in seiner Heimat Mainhardt. Schon während dieser Zeit wurde Tausch klar: Eines Tages wollte er Bürgermeister sein. Denn in seiner dortigen Tätigkeit arbeitete er selbst viel mit dem damaligen Bürgermeister zusammen, unterstützte diesen und sah, wie sich dessen geschäftlicher Alltag gestaltete. Das Rathaus zeigte sich ihm nicht nur als verwaltende, sondern gleichzeitig auch als gestaltende Instanz: „Man ist ein Dienstleister für die Bürgerinnen und Bürger, und das fand ich großartig!“, erzählte er. Mit dem Sport machte er weiter, absolvierte Stadtläufe und Halbmarathons, und auch die Schule war nicht vergessen. Auf Einladung einer ehemaligen Lehrerin gab er einen Vortrag bei einer Berufsinformationsveranstaltung der SHS.
In den folgenden Jahren verschlug es Tausch nach Michelfeld in die Position des Leiters der Gemeindekasse. Doch stets war klar: Irgendwann würde er Bürgermeister werden. Doch dafür wollte er zunächst nicht nur Berufs-, sondern auch Lebenserfahrung sammeln und hatte sich daher vorgenommen, den Sprung ins Bürgermeisteramt erst zu wagen, wenn er sein 30. Lebensjahr überschritten hatte. Als er sich schließlich im Alter von etwa 31 Jahren bereit fühlte, sah er sich in der Region um und entschied sich schließlich für die Gemeinde Rosengarten.
Seit 2019 ist er nun Bürgermeister. Doch was ist ihm in seinem Amt besonders wichtig? „Das Wir ist für mich zentral“, erklärte Tausch. Dies zeige sich auch an seinem damaligen Wahlslogan „Wir gemeinsam in die Zukunft“. Einen besonderen Fokus lege er daher auf eine gute Infrastruktur und ein „Rundum-sorglos-Paket“ für Familien, beispielsweise durch gute Kinderbetreuung und Spielplätze oder die Unterstützung von Vereinen. „Ich möchte für die Menschen einen Wohnort statt nur eines Wohnplatzes schaffen.“ Verschiedenste Dinge hat er in den letzten Jahren bereits umgesetzt: so zum Beispiel die Erweiterung des Kindergartens oder den Einsatz von KI im Straßenbau.
In seinem Amt fühlt sich Julian Tausch pudelwohl, denn er freut sich am Ende des Urlaubs stets wieder auf die Arbeit. Und diese ist nicht ohne: 60-Stunden-Wochen sind nämlich keine Seltenheit für ihn. Trotzdem legt er viel Wert auf die gemeinsame Zeit mit seiner Familie, beispielsweise durch gemeinsames Frühstücken oder auch Mittagessen. Und sein Knie? „Natürlich spüre ich es immer noch, aber zum Glück hindert es mich nicht daran, meinem Amt nachzugehen. Schließlich bin ich viel unterwegs.“ (pm/red)