Ein Ort, der sich nicht nur durch seine malerische Lage, sondern seit vergangenem Jahr auch durch frischen Wind im Management auszeichnet. Denn mit Siegrun und Joachim Arlt haben zwei engagierte Quereinsteiger das Ruder übernommen – und sich voller Tatendrang und Herzblut in ihr neues Leben als Campingplatzpächter gestürzt.
Ganz neu ist den beiden das Campingleben freilich nicht. „Wir campen seit wir uns kennen – mit kleinen Kindern, mit großen Kindern, insbesondere mit Zelt und 2019 erstmals mit Wohnmobil“, erzählen sie. Was als private Leidenschaft begann, hat sich nun zum Beruf entwickelt. Und das, obwohl die beiden ganz andere Karrieren hinter sich haben: Joachim Arlt war Prokurist in einem Unternehmen in Neckarsulm, Siegrun Arlt ist bis heute als Softwareentwicklerin tätig. Ihren Mut, sich in der Lebensmitte noch einmal völlig neu auszurichten, spürt man auf dem gesamten Platz.
Schon ihr erstes Jahr auf dem Campingplatz stellte sie auf eine harte Probe. Das Frühjahr war verregnet, im Juni kam das große Neckarhochwasser und setzte weite Teile des Platzes unter Wasser. „Wir mussten improvisieren und retten, was zu retten war“, erinnert sich das Ehepaar. Die neu angeschafften Holz-Iglus und die drei Bad-Häuschen mit Doppelnutzung – alles musste in Sicherheit gebracht werden. Dank örtlicher Helfer-Organisationen und mit viel persönlichem Einsatz gelang es, Schlimmeres zu verhindern.
Aber nicht nur Naturgewalten sorgten für Herausforderungen. Auch die Infrastruktur verlangte dringende Erneuerung: Stromanschlüsse, die regelmäßig ausfielen, unzureichende Versorgung in den Badanlagen, fehlende Kapazitäten für moderne Wohnmobile. „8.000 Meter Stromkabel waren im Winter zu verlegen“, erzählt Joachim Arlt, der mit seinem handwerklichen Geschick anpackt, wo es erforderlich ist. Besonders lobend erwähnt er in diesem Zusammenhang Elektrikermeister Martin Holschuh, der sich dem Campingplatz sehr verbunden fühlt und der als Fachmann unverzichtbar war. Heute ist das Stromnetz auf dem neuesten Stand – mit der vierfachen Leistung im Vergleich zum vorherigen Zustand.
Im zweiten Jahr läuft vieles schon deutlich besser. Das Wetter spielte mit und die Buchungen zur Pfingstzeit zeigen: Der Platz ist gefragt. „Allein kurz vor Pfingsten hatten wir 77 Anmeldungen“, berichtet Siegrun Arlt. Wer über den Platz geht, sieht entspannte Urlauber unter Vordächern und Vorzelten sitzen, Mahlzeiten genießen, den Blick auf den Fluss oder das Treiben um sich herum. Manche sind auch noch mit dem Aufbau ihrer Ausrüstung beschäftigt.
134 Stellplätze – von Flussnähe bis hin zu Express-Stellflächen für Durchreisende, eine Zeltwiese, private Bäder, die dazu gebucht werden können, zwei Hütten-Iglus mit eigener Terrasse, zwei große Familienzelte für vier bis sechs Personen mit Holzplattformen auf zwei Etagen und bald auch mit eigener Mini-Küche und Sitzgelegenheit – all das bietet der lang gestreckte, rund 500 Meter große Platz. „Ein Mix ist uns wichtig“, betont Siegrun Arlt. Die Bedürfnisse von Wohnmobilisten (die rund 90 Prozent der Gäste ausmachen), von Radreisenden oder Familien sollen gleichermaßen berücksichtigt werden.
Der Platz ist international: Viele Gäste stammen aus Deutschland, insbesondere aus Nordrhein-Westfalen. Doch auch Camper aus Großbritannien, Spanien, Italien, der Schweiz, Argentinien, Südkorea oder den USA zählen zu den Besuchern. Der Anmeldeprozess läuft dank einer neuen Schrankenlösung effizienter ab: Die Schranke erkennt das registrierte Kennzeichen und öffnet automatisch – und fährt nur nach bezahlter Rechnung wieder hoch. Auch das ist eine Folge aus den Erfahrungen des ersten Jahres, als die offen stehende Schranke in Ausnahmefällen ein missbräuchliches Verhalten zuließ.
Insgesamt schätzen die beiden ihre Gäste: „Wir haben eigentlich nur entspannte Menschen erlebt“, sagt Siegrun Arlt. Aber es gibt auch ungebetene Gäste: die Gefiederten. Nil- und Kanadagänse fühlen sich auf dem gepflegten Grün ebenso wohl wie menschliche Urlauber, doch ihre Hinterlassenschaften sorgen für weniger Begeisterung. Zum Glück gibt es Rami, den Border Collie, der mit großer Ernsthaftigkeit für Ordnung sorgt. Meist hält er sich bei Günther auf – dem Platzmeister, der längst unentbehrlich geworden ist. Er schickt Rami los, wenn sich wieder einmal eine unerwünschte Gänsegesellschaft breitmacht.
Was das Ehepaar Arlt besonders auszeichnet, ist ihr Einsatz über das Übliche hinaus. Als eine ältere Urlauberin stürzte und sich die Schulter brach, fuhr Joachim Arlt sie nicht nur ins Krankenhaus, sondern kümmerte sich in den Folgetagen auch um deren Ehemann – ein persönlicher Einsatz, der Wochen später mit einem dankbaren Blumengruß belohnt wurde. Oder die schottischen Gäste, die sich wegen des Besuchs des EM-Fußballspiels in Stuttgart nicht um einen Reifenschaden kümmern konnten – Siegrun Arlt übernahm dies kurzerhand und konnte trotz fußballerischer Niederlage abends wieder fröhlich feiernde Schotten auf dem Platz willkommen heißen.
Auch außerhalb des eigentlichen Platzbetriebs tut sich einiges. Für den angrenzenden Biergarten Neckargemünd haben die Arlts mit Thomas Strifler und Josef Nupharidze (Gasthaus Schwanen, Neckarsteinach) starke Partner gefunden. Sie betreiben die Gastronomie – samt Umbau der bisherigen Küche in einen wetterfesten Gastraum. In unmittelbarer Nähe bieten Kanuverleih und Motorrollervermietung zusätzliche Freizeitmöglichkeiten – eine „tolle Symbiose“, wie Joachim Arlt sagt. Und über die Zusammenarbeit mit Angela Mahmoud kommen durch die Reihe „Konzerte am Neckar“ immer wieder musikalische Abende zustande, die Campinggästen wie Einheimischen gleichermaßen Freude bereiten.
Dass das Ehepaar Arlt nach zwei durchgearbeiteten Jahren ein bisschen urlaubsreif ist, kann man verstehen. Doch ans Aufhören denkt keiner. „Bis zu drei Jahre wird es dauern, bis alles so ist, wie wir es uns vorstellen“, erklärt Siegrun Arlt. Ein Spielbereich für Kinder ist geplant, vielleicht mehr – doch das wollen sie erst ankündigen, wenn es spruchreif ist. Was aber jetzt schon klar ist: Der Campingplatz Neckargemünd ist auf einem sehr guten Weg – dank der Menschen, die sich mit Sachverstand, Herz und vielen Ideen ihrer neuen Aufgabe verschrieben haben. (du)