
Mit einem Abend voll poetischer Intensität und herausragender Klangkultur setzte Klassik im Klösterle Ende November seine 18. Saison fort. Der Liederabend mit der Sopranistin Yeree Suh und den Pianisten Götz Payer und Moritz Winkelmann erwies sich als musikalisches Ereignis, das Publikum wie Künstler gleichsam tief berührte.
Schon mit Schumanns „Frauenliebe und -leben“ öffnete sich ein feinsinnig gezeichneter Innenraum, in dem Wort und Musik in selten gehörter Balance verschmolzen. Yeree Suhs farbenreiche, ausdrucksstarke Stimme verlieh dem Zyklus eine neue Unmittelbarkeit. Ihr Timbre – warm, schimmernd und in allen Lagen souverän geführt – zog selbst Skeptiker unweigerlich in den Bann. Besonders eindrucksvoll war ihre mimische Präsenz, die das emotionale Erleben des Zyklus’ sichtbar machte. An mehreren Stellen schien die Sängerin so tief ergriffen, dass ein besonderes stilles Einverständnis zwischen Bühne und Saal entstand.
Moritz Winkelmann agierte am Klavier als äußerst sensibler Begleiter, der Schumanns Stimmungswechsel mit feinem Ohr und großer innerer Ruhe formte; Götz Payer, der im Verlauf des Abends am Klavier übernahm, erwies sich einmal mehr als einer der herausragenden Liedpianisten seiner Generation. Gemeinsam setzten sie mit Schuberts Rondo A-Dur D 951 für Klavier zu vier Händen einen instrumentalen Glanzpunkt: geschmeidig phrasiert, transparent strukturiert und von kammermusikalischem Atem getragen.
Mahlers ausgewählte Lieder öffneten dann einen Kosmos schimmernder Innerlichkeit, dem Suh mit leuchtender Intensität nachspürte, und Ravels „Cinq mélodies populaires grecques“ brachten südliche Anmut und tänzerische Beweglichkeit in den Raum, bevor Schönbergs „Brettl-Lieder“ den Abend in eine völlig andere Richtung lenkten: Mit kabarettistischer Virtuosität, laszivem Humor und ihrer unvergleichlichen darstellerischen Gabe entlockte Yeree Suh dem begeisterten Publikum herzhaftes Lachen. Die pointierten Texte und charismatische Darstellung ließen die Atmosphäre des Wiener Fin de Siècle lebendig aufscheinen.
Seinen innigsten Moment fand der Abend schließlich in der Zugabe: Mahlers „Ich bin der Welt abhanden gekommen“, interpretiert von Yeree Suh und Götz Payer. Eine Darbietung von stiller Größe, die tief unter die Haut ging und den Saal für lange Sekunden in beredtes Schweigen tauchte – bevor das beeindruckte Publikum die Künstler mit langanhaltendem Applaus verabschiedete.
Übrigens: Am 24. Januar präsentieren der Kulturverein Manufaktur und Klassik im Klösterle im Rahmen der Weiler Frauenwochen gemeinsam das Boulanger Trio. Die drei Musikerinnen widmen sich bei diesem Sonderkonzert ganz der Musik von Komponistinnen – stark, inspiriert und zu Unrecht vergessen. Das Programm spannt einen faszinierenden Bogen über Jahrhunderte und Stile von Fanny Hensel bis zu Barbara alias Monique Andrée Serf. Karten gibt es auf der Website von Klassik im Klösterle, auf eventim.de und im lokalen Vorverkauf.
Text: Moritz Winkelmann