Dies und das

Ein bewegtes Leben: Ilse Schmicker feierte ihren 100. Geburtstag

Den Hamburger Dialekt hat sie auch nach 73 in Reutlingen nicht abgelegt: Ilse Schmicker feierte am 24. April ihren 100. Geburtstag und hatte ihren Gästen...
Ilse Schmicker mit ihren Kindern Karin (l.) und Rolf sowie EBM Hahn (r.).
Ilse Schmicker mit ihren Kindern Karin (l.) und Rolf sowie EBM Hahn (r.).

Den Hamburger Dialekt hat sie auch nach 73 in Reutlingen nicht abgelegt: Ilse Schmicker feierte am 24. April ihren 100. Geburtstag und hatte ihren Gästen einiges zu erzählen.

Besuch erhielt Schmicker im Seniorenzentrum am Markwasen unter anderem vom Ersten Bürgermeister Robert Hahn, der Geschenke und Glückwünsche von Oberbürgermeister Thomas Keck und Ministerpräsident Winfried Kretschmann mitbrachte. Vor allem über den bunten Blumenstrauß des Ersten Bürgermeisters freute sich Ilse Schmicker, trotz stark eingeschränkter Sehkraft, sehr. Dass ihr Gedächtnis noch einwandfrei funktioniert, machte die Jubilarin auf beeindruckende Art klar: Detailliert und oft humorvoll erzählte Ilse Schmicker gemeinsam mit ihren beiden Kindern Karin und Rolf eindrücklich aus ihrem Leben.

Geboten wurde sie als Ilse Helene Riecke am 24. April 1925 in Hamburg. Dort verbrachte sie Kindheit und Jugend, arbeitete später auf dem Fischmarkt am Hafen. Ihren späteren Ehemann Wolfgang lernte sie bereits als Kind im kleinen Ort Seggerde in Sachsen-Anhalt kennen, wo ihre Verwandten lebten. Im Nachbarhaus wohnte Wolfgang mit seinen Eltern und seinem Zwillingsbruder Heinz.

Während des Zweiten Weltkriegs trennten sich ihre Wege: Für ihn ging es an die Front nach Russland, sie blieb in Hamburg zurück. Mit gepacktem Koffer am Bett schlief sie oft in voller Kleidung – aus Angst vor Luftangriffen. Beim sogenannten „Feuersturm“ der Alliierten wurde ihr Elternhaus vollständig zerstört. Zum Glück war Ilse mit ihrer Schwester gerade bei den Verwandten in Seggerde. Das Telegramm ihrer Eltern mit den Worten „Alles verloren, aber wir leben“ blieb unvergessen.

Nach dem Krieg heiratete das Paar im Juli 1946 in Hamburg-Flottbek. Es folgte ein Umzug nach Halle an der Saale, wo 1947 Sohn Reinhard zur Welt kam. 1951 musste Wolfgang jedoch aus der DDR fliehen – seine offene Meinung brachte ihn in Gefahr. In Reutlingen fand er bei seinem Bruder Zuflucht, Ilse folgte ihm ein Jahr später: „Bei Nacht und Nebel haben wir uns über die grüne Grenze aufgemacht“, erinnerte sich die Seniorin.

Der Neuanfang in Reutlingen war nicht einfach. Erst nach einigen Jahren gelang es der Familie, eine eigene Wohnung in der heutigen Carl-Diem-Straße zu beziehen. Arbeit fand Ilse Schmicker als Kaufmännische bei einer in der Region Stuttgart ansässigen Spedition. In ihrer Freizeit ging sie gerne schwimmen, vor allem im Reutlinger Freibad. Ihrer Leidenschaft für Schokolade – bis zu ihrem Einzug in das Seniorenzentrum vor gut einem Jahr aß die Jubilarin täglich eine Tafel – verdankt sie den Spitznamen „Frau Milka“.

Heute ist Ilse Schmicker vor allem eines: umgeben von Menschen, die sie schätzen. Ihre Kinder Karin und Rolf besuchen sie regelmäßig, auch ihr Enkel hält engen Kontakt. Die Mitarbeitenden im Seniorenzentrum erleben sie als wache, zugewandte Persönlichkeit. Heimleiterin Caroline Wucherer bringt es auf den Punkt: „Frau Schmicker ist eine große Bereicherung für unser Haus.“

Erscheinung
Gemeindebote der Reutlinger Stadtteile Mittelstadt, Reicheneck und Sondelfingen
NUSSBAUM+
Ausgabe 19/2025
Dieser Inhalt wurde von Nussbaum Medien weder erfasst noch geprüft. Bei Beschwerden oder Anmerkungen wenden Sie sich bitte an den zuvor genannten Erfasser.
Orte
Reutlingen
Kategorien
Dies und das
Panorama
Meine Heimat
Entdecken
Themen
Kiosk
Mein Konto