Aus allen Ettlinger Himmelsrichtungen kamen sie in die Stadthalle, um wieder einmal der Ettlinger Mundart zu frönen. Mit viel Herzblut und sprachlicher Kreativität bringen die Ettlinger Mundartfreunde immer wieder neue Werke hervor, die den Charme und die Eigenheiten ihrer Mundart zum Ausdruck bringen. Aber auch „Gastdialekte“ sind in Ettlingen willkommen.
Margrit Schön eröffnete den Abend mit humorvoll charmanten, scharfsinnigen Beobachtungen einer engagierten Standesbeamtin, wobei sie es sich nicht verkneifen konnte, mild satirisch die Ungereimtheiten mancher Hochzeitsoutfits zu beschreiben: „Schwarzwälder Fieß in Pariser Schühle“.
Isolde Schneider folgte mit „Friehr in Froschbach“, einer nostalgischen Rückschau auf vergangene Zeiten, die die Gäste in alte Dorfgeschichten eintauchen ließ. Da konnte es schon mal zu „lokalen“ Verwechslungen kommen.
Bernd Rau hat es auch mit stolzen 84 Jahren wieder geschafft, das Ettlinger Publikum mit seinem feinsinnigen Humor auf Ideen zu bringen; in „Oddo, ganz dräg“ wurden gegenüber den neugierigen Fragen eines Reporters mal mehr mal weniger kreative Ausreden gesucht, um sich vor sportlicher Betätigung zu drücken.
Mundartautor Michael Köhler zählt seit Jahren zu den Ettlinger Mundartfreunden. Die Zuhörer lauschten konzentriert „Uffbasse“, einer leisen Geschichte, die das Thema Achtsamkeit auf charmante Weise auf den Punkt brachte. Dass die Entschleunigung des Alltags in jeder Hinsicht im Trend liegt, demonstrierte er in bildhafter Beschreibung; so lässt sich auch ein Eis mit intensiver Sinneswahrnehmung genüsslich ‚schlotze‘.
Für lautere Akzente sorgten Andreas Lackner und Bernd Siemers mit ihrem Dialog „Nebberm Bladz“, der durch schlagfertigen Wortwitz bestach. Da war anscheinend Hopfen und Malz verloren, aber „wenn SIE MERS erkläre …“ „Abseits isch, wenn de Schiedsrichter pfeift.“ Ganz einfach. Das Thema Fußball hat in Ettlingen bereits Tradition. Rainer Iben philosophierte über die so überaus praktische Verwendbarkeit der badischen Universal-Demonstrativpronomen seller/selles“. Auch Selli spielte eine Rolle. Dabei lieferte er gleich noch die ultimative Lösung, wie man mit zu vielen Löchern im Kopf umgeht, bevor Moderator und sprachgewandter Brückenbauer Rudi Bannwarth authentisch mit „Jedsmol der Zirkus, bis oim endlich ä Gschichd eifalle dud“ humorvoll den kreativen Prozess selbst thematisierte. Angelika Kraft setzte mit „Fasnachdskloida“ einen weiteren Höhepunkt und brachte die Saalgesellschaft mit ihren launigen Worten über die verflixte Wahl eines Faschingskostüms zum Schmunzeln.
Veronica Kerber schloss den Abend mit „Abschlussball“, der von den Jugend-Befindlichkeiten im Zusammenhang mit den Zumutungen des ersten Tanzkurses erzählte.
Mit dem Text „Großaikaaf“, der alltägliche Erlebnisse auf herrliche Weise darstellte, verabschiedete sich schließlich der Grandseigneur der Mundart, Bernd Siemers (Foto: Rüdiger Homberg/Badische Neueste Nachrichten BNN/bnn.de), nach 31 Jahren von der Bühne der Ettlinger Mundartfreunde. Als Überraschungsgast für Bernd durfte das Publikum Eva Siemers auf der Bühne erleben, gereimt von ihren Erfahrungen als Ehefrau eines Mundartkünstlers berichtete, natürlich in Mundart! Seiner Kunst bleibt Bernd zum Glück weiterhin aktiv verbunden; zum Beispiel mit seinem YouTube-Kanal Badibabb oder als Vorstandsmitglied bei Unserer Sprachheimat e.V.
Die Ettlinger Mundartfreunde haben mit diesem Abend einmal mehr bewiesen, wie lebendig und unterhaltsam die regionale Mundartkultur sein kann. Vorbereitet wurde der Abend übrigens mit Unterstützung des Kulturamtsleiters Christoph Bader, der seine professionelle Erfahrung aus dem Theaterbereich mitbrachte. Zwei Leseproben und eine Generalprobe gingen der gelungenen Aufführung voraus.
Beinahe alle genannten Autorinnen und Autoren sind Mitglieder von Unsere Sprachheimat e.V., die sich glücklich schätzen kann, solchermaßen aktive und beredte Mundartschreiber/-innen in ihren Reihen zu haben.