Die Via Francigena, auch Frankenweg genannt, meisterte Jörg Küster 2013 in 43 Tagen: von der Schweiz über die Alpen durch die Toskana nach Rom. Auf Einladung der Hohenzollerischen Jakobusgesellschaft ließ Jörg Küster in einem unterhaltsamen Bildvortrag 25 Interessierte an seinen Erlebnissen auf einem der ältesten Pilgerwege teilnehmen. Bereits im 9. Jh. wurde er vom Bischof von Canterbury in England auf seinem Weg zum Grab der heiligen Apostel Petrus und Paulus nach Rom gelaufen. Hohe kirchliche Würdenträger, Adelige oder zukünftige Könige mussten auf diesem Pilgerweg nach Rom reisen, um rechtmäßig ihre neuen Ämter und Würdentitel entgegennehmen zu können. Entlang des Weges entstanden weltberühmte Kathedralen, Klöster, Hospize und andere Bauwerke, die bis heute als Zentren der Spiritualität und der Kultur wirken, z.B. die Kathedrale in Siena. Reliquienkult und Ablasshandel, für uns aufgeklärte heutige Menschen schwer verständlich, gehörten zum früheren Pilgeralltag wie die Unterkünfte in Hospizen und Hospitälern.
Jörg Küster ist im Jahre 2009 den weitaus bekannteren Jakobsweg Camino Francés nach Santiago gelaufen und konstatierte, die Via Francigena wäre unvergleichlich ursprünglicher und nicht so überlaufen. Ja, ein Geheimtipp unter Pilgern. Man brauche etwa eine Woche Abstand zu seinem üblichen Alltag, bis man im Pilger-Flow wäre, meinte Küster. Gestartet im Mai, erlebte er bitterkalte Stunden auf dem Grand Saint-Bernard, strömenden Regen im Aosta-Tal und Hitze in der Toskana. Herausfordernd waren auch die kräftezehrenden Anstiege in den Schweizer Alpen, bis über tausend Höhenmeter, und die gefährlichen Abstiege. Auf die Publikumsfrage: „Gab's auch gefährliche Situationen?“, antworte Küster, ja einmal, als ein Lkw ungebremst auf einer schmalen Straße auf ihn zufuhr und er sich mit einem Sprung ins Gebüsch rettete. Gute Kondition ist unerlässlich, aber auch Gelassenheit und Flexibilität. Zum Beispiel plagte ihn sein 16,5 Kilogramm schwerer Rucksack, kurzerhand trennte er sich von Unnötigem unterwegs.
Leichter und bei schönem Wetter durchquerte Küster die atemberaubende Toskana: bewaldete Hügel, stille Täler, Weinberge, Zypressen, weite Horizonte. Einfach entspannend. Traditionelle Dörfer und Perlen von Städten wie Pontremoli, Lucca, Siena und Montefiascone besuchte Küster. Besonders faszinierten ihn historische Gebäude und steinalte Straßen aus der Römerzeit, wie die Via Romana, grandios gezeichnet von historischen Wagenspuren. Ausnahmslos freundlich erlebte er die Italiener auf seinem Weg. Bei Einladungen zum Essen in vertrauter Runde kam man sich näher. Einmal platzte Küster in Ferienspiele, vergleichbar mit unseren Ratzigwatzspielen. Der Spieleleiter lud ihn unter dem Beifall der Kinder ein und fragte ihn per Megafon, wo er herkomme, wie es ihm gehe und wohin er gehe. Eine Riesenfreude herrschte. Auf seinen Tagesetappen zwischen 15 und 42 Kilometern ging er oft allein, aber er traf auch interessante Wegbegleiter aus ganz Europa. Ein echter Mehrwert beim Pilgern.
Voller Glück und Stolz vollendete Küster mit dem letzten Pilgerstempel, einem Pilgerzeugnis und einer Papstaudienz seinen Pilgermarathon in Rom. Sechs Tage nahm er sich Zeit für die beeindruckende Geschichte, die Monumente und archäologischen Stätten der Ewigen Stadt.