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Eine oft übersehene, soziale Einrichtung, direkt neben der Neckargemünder Tafel

„Dies und Das“ – und noch sehr viel mehr Der unscheinbare Eingang mit der Überschrift „Dies und Das“ im Spitzerfeld direkt neben der Neckargemünder...
Einige Kleidungsstücke in einem Kleidergeschäft.
„Dies und Das“ heißt der Tafelladen, der etwas versteckt neben der Neckargemünder Tafel liegt.Foto: Susanne Glatz

„Dies und Das“ – und noch sehr viel mehr

Der unscheinbare Eingang mit der Überschrift „Dies und Das“ im Spitzerfeld direkt neben der Neckargemünder Tafel ist im Vorbeigehen leicht zu übersehen. Aber die, die ihn kennen, zieht er geradezu magisch an. Denn dahinter verbirgt sich eine ganz besondere Mischung aus Flohmarkt, Second-Hand-Laden und Edelboutique, mit einem Sammelsurium von Alltagsgegenständen und Bekleidung jeder Art, manches davon durchaus wertvoll und alles enorm preiswert, alles von acht Damen ehrenamtlich geführt.

Die unmittelbare Nähe zur Tafel legt nahe, dass es sich bei dem kleinen Laden ebenfalls um eine soziale Einrichtung handelt, nur eben nicht für Lebensmittel. Stimmt. Und genau wie die Tafel funktioniert „Dies und Das“ ausschließlich über Spenden, mit einem Unterschied allerdings. Zur Tafel nämlich haben nur nachweislich Bedürftige Zugang; die kleine Schatzkiste nebenan aber steht jedem offen, der Lust auf Kruschteln und nachhaltigen Einkauf, auf Raritäten oder auf die Entdeckung von Sachen hat, die man eigentlich gar nicht braucht, aber trotzdem gerne mitnimmt. Denn hier gibt's echte Schnäppchen! Sie sind für die zu erwartenden Kunden gedacht, die nach ihrem Einkauf in der Tafel hinüberkommen, um zusätzlich zu den Lebensmitteln zwischen Kleidung, Schuhen, Taschen, Schmuck, Nippes, Bettwäsche, Hausrat und sonstigen Angeboten etwas zu finden, das ihnen fehlt – oder einfach nur gefällt.

Schonung der Umwelt

Es braucht sich auch niemand zu sorgen, dass er Bedürftigen hier etwas wegnimmt. Jeder darf dort einkaufen. Es ist sogar erwünscht. Und zwar deshalb, weil die Spendenbereitschaft für diese Anlaufstelle in Neckargemünd bemerkenswert hoch ist. Das führt dazu, dass der kleine Laden buchstäblich aus allen Nähten platzt und bei weitem nicht alles loswird, was „geliefert“ wird.
Jedoch ist das größte Problem hier nicht der Platzmangel, sondern die Tatsache, dass vieles gar nicht verkauft wird und also auch nicht zu Einnahmen führt. Genau die sind es aber, die man erwirtschaften möchte, um die Miete und andere Ausgaben zu berappen und vielleicht sogar noch etwas für karitative Zwecke spenden zu können.
Außerdem ist, kein Wunder, inmitten von ausschließlich gebrauchten Waren, Nachhaltigkeit und somit die Schonung der Umwelt ein wichtiges Thema für die Damen, die diesen Laden „schmeißen“, übrigens ohne jegliche finanzielle Entschädigung. Die lehnen sie kategorisch ab. Umgekehrt bekommt jeder Ladenbesucher von ihnen etwas Gratis, und zwar ihr großes Engagement und ihre spürbare Freude an diesem Job.

Unterschiedliche Herkunft

Und damit sind wir in der Herzkammer von „Dies und Das“, nämlich bei den Personen, die dieses besondere Projekt, das es seit ca. 17 Jahren gibt, ehrenamtlich am Laufen halten. Es sind acht Damen im Alter von 50 bis über 80 Jahren, die beispielhaft zeigen, dass ehrenamtliches Engagement ebenso unverzichtbar wie bewundernswert ist. Ihre sehr unterschiedliche Herkunft lässt bereits erahnen, warum sie sich der Unterstützung von Menschen widmen, die häufig einen Migrationshintergrund haben. Sie selbst kommen auch aus aller Welt, mit teils abenteuerlichen Lebensläufen: Jenny aus Madeira/Portugal, Anjali aus Indien, Hilde aus Holland, Beata aus Polen, Bedrige aus der Türkei, Julia aus der Ukraine, Ilse und Ingrid aus Deutschland.
So passen sie wie maßgeschneidert zu ihrer Kundschaft, der sie mit einer unvergleichlichen Mischung aus Zuwendung, Geduld und Hilfsbereitschaft begegnen. Unterschiede irgendwelcher Art spielen dabei keine Rolle, erfordern allerdings den steten Volleinsatz aller sprachlichen und sonstigen Kommunikationsmittel. Im Verständigungsnotfall leistet die Übersetzungsfunktion des Smartphones gute Dienste.

Eine lockere, humorvolle Atmosphäre

Entsprechend wuselig geht es zu, wenn Dienstag und Freitag von 13 bis 16 Uhr das Lädchen brummt. Da wird an- und ausprobiert, beraten, gemessen, auseinander- und zusammengefaltet, Tüten vollgepackt und rausgetragen. Zugleich werden von Spendern Tüten mit neuen Schätzen hereingetragen, die Ilse und Beata in einem separaten Hinterzimmer in Empfang nehmen, begutachten und sortieren, denn es sollen nur saubere und intakte Stücke angeboten werden.
Fast alle, die kommen, nutzen das kleine Ladenbiotop auch als Treffpunkt; es gibt immer viel zu erzählen und zu lachen, momentan hauptsächlich auf Ukrainisch. Überhaupt tragen gute Laune und eine ordentliche Portion Humor, sowohl beim Personal als auch bei den Kunden, zur lockeren Atmosphäre bei und bilden so eine wunderbare Grundlage zur Völkerverständigung im kleinsten Rahmen.
Nur in einem Punkt gibt es kein Pardon: Feilschen ist verboten. Es könnte nämlich zu Unmut führen und wäre auch Zeitverschwendung bei Preisen von etwa zwei bis drei Euro für einen Pullover oder ein Paar Schuhe, oft von hochwertigen Marken.
Diese Regel wird immer akzeptiert. Jeder merkt wohl, dass es hier drinnen nicht bürokratisch zugeht, mit Vorschriften oder Verboten, die ihnen draußen das Leben oft schwermachen. Nein, hier finden sie volle Empathie und eine Form der Unterstützung, die sie ohne Vorbehalte als das nimmt, was sie sind: Menschen, die Hilfe brauchen, die nicht als Bittsteller behandelt werden, sondern mit Verständnis und Sympathie, offenem Ohr und vollständig auf Augenhöhe. (pr/red)

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Neckarbote
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Ausgabe 44/2025
von Redaktion NUSSBAUMRedaktion NUSSBAUM
29.10.2025
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