Lokal, weil hier angesiedelt und doch global vernetzt zeigt sich das Werk von Elisabeth Müller-Quade. Im Mallenweg öffnet sie, wie bereits 2022, die Tore zu ihrem Goldschmiedehandwerk, einer Kunst, die bei ihr von „Mokume Gane“ japanisch inspiriert ist. „Was mich mit GoldschmiedInnen aus verschiedenen europäischen Ländern verbindet, ist die Begeisterung für diese etwa 300 Jahre alte japanische Schmiedetechnik, die wir stetig weiter entwickeln und durch ständiges Experimentieren mit immer neuem Leben füllen wollen“. Sie war an zahlreiche Ausstellungen beteiligt, so zum Beispiel im Alten Schlachthof in Pforzheim, bei "fangfrisch" in der Markt- und Eventhalle im Alten Hafen in Wismar oder im Kurfürstlichen Schloss zu Mainz bei artevent oder der Zeughausmesse in Berlin. In Grötzingen schätzt man den Schmuck und die Kleinplastiken der Goldschmiedemeisterin.
Auch Heidrun Malcomes‘ Kunst lebt von der Verbindung Grötzinger Tradition mit internationalen Beziehungen. Im ehemaligen Gasthaus „Zum Stern“, einem stattlichen Anwesen von 1752 in der Schultheiß-Kiefer-Straße, öffnet sie ihre „Galerie Kuba“ nicht nur am Tag der Offenen Ateliers, sondern auch auf Verabredung. Keine Technik scheint der Berufsfotografin, Kommunikationsdesignerin, Autorin, Bildhauerin und Malerin fremd und die Besucher entdecken ein abwechslungsreiches Programm. Zahlreiche Beziehungen zu internationalen Ausstellungsorten machen aus ihr eine authentische Botschafterin für Grötzingen bei euroArt, der europäischen Vereinigung der klassischen Künstlerkolonien. „Stimmt so“ heißt ihr Thema 2024 im Malerdorf. „Confronti espressivi“ stellte sie bis Mai in Udine aus, zur gleichen Zeit „Please Leave a Light on Scotland“ in Dunoon. Unter anderem sind und waren ihre Werke am Gardasee, in Belgien, Strasbourg zu sehen.
Die absolute Grötzinger Lokalmatador unter den örtlichen Künstlern ist Holzsägekomponist Guntram Prochaska. Sein Hoftor in der Niddastraße 11 führt in eine Landschaft, die von Fabel- und Märchenwesen und Traumfiguren besiedelt ist. Engel begegnen dem Besucher dort in allen Variationen: alles gute Geister. Gern zitiert der Künstler dazu aus dem Engel- Buch des im deutschsprachigen Raum wenig bekannten Lyrikers Rafael Alberti. Sein „Gute-Geister-Projekt“ teilt und entwickelt Prochaska seit 11 Jahren zusammen mit Christina von Puttkamer, die sich Pixelkünstlerin nennt. Auch Schlagmetall, Rost und der Sticknadel nutzt die Grafikerin neben ihren „fantastischen Möglichkeiten der Bildkomposition am Computer“. Während der offenen Ateliers gewähren die Künstler zusammen spannende Einblicke in ihr lebendiges und bewegtes Werk.
Im Herzen Grötzingens, auf dem Rathausplatz, steht so etwas wie ein kleiner Palast der Schönen Künste des Stadtteils, das N6 mit Galerie und Ateliers. Während der Offenen Ateliers bieten die Räume der eleganten Galerie im Hochparterre Ausstellungsflächen für Arbeiten von
Marny Staib, Katharina Valeeva und Arne Groh.
Marny Staib lebt und arbeitet seit 1998 in Grötzingen. Zu den ersten Grötzinger Kunstwochen im vergangenen Jahr stellte sie sich selbst so vor: „Ich bin die mit den Blumen“. Heute sagt sie, sie stelle auch manche Verbindung mit Papier her. Ihre überwiegend floralen Themen stellt sie ausschließlich mit Acrylfarben her. Ihren ganz eigenen Stil entwickelte sie für sich selbst autodidaktisch. Aus den abwechslungsreichen Farben und pflanzlichen Formen ihrer Kunst beziehe sie ein großes Stück ihrer Lebensfreude und so manches Resultat ihrer Arbeiten überrasche sie selbst. „Besonders wertvoll ist für mich, wenn sich die Energie, die ich in meine Bilder stecke, auch auf andere überträgt." In Ermangelung eines eigenen Ateliers zeigt sie Bilder in der Galerie N6.
Katharina Valeeva ist eine russische Kunstmalerin, die schon lange in Durlach wohnt. Landschaftsbilder, Porträts, figürlichen Gemälde und Stillleben in Öl auf Leinwand sind ihre bevorzugten Sujets. Sie fertigt auch Gemälde auf Bestellung an, wenn ihr Stil und ihre Techniken gefallen. Arne Groh lernte sie bei einem Lehrgang des Badischen Kunstvereins kennen. Seit dieser Erfahrung im Aktzeichnen sind beide ein Künstlerpaar, das sich gemeinsam an verschiedenen Ausstellungen beteiligte. Arne Groh lebt in Eggenstein, „mein Auftreten als Gastkünstler in Grötzingen hat mir Harald Witte ermöglicht“, berichtet er. Katharina Valeeva bevorzugt Ölmalerei und moderne Impressionen. Arne Groh liebt es realistisch und verwandelt farbige Ansichten gern in schwarz-weiße. „Von Kopf bis Fuß“ nannte sich eine gemeinsame Ausstellung in Landau und auch im Durlacher Rathausgewölbe waren Werke von beiden Künstlern gemeinsam zu sehen.
Ein Stockwerk über den stilvollen Ausstellungsräumen der Galerie N6 zeigt sich in Atelier-Werkstätten die wirkliche Geburt der Kunst und das Tagwerk ihrer Meister. Hier arbeitet Iwan van t`Spijker, der zwar am häufigsten in Deutschland ausgestellt wird, aber auch in den Niederlanden. Bemerkenswert war die die 25. Karlsruher Künstler*innenmesse in der städtischen Galerie 2022. Van’t Spieker, ein stiller Künstler, schafft Bilder der Malerei, Zeichnungen und Grafiken, manchmal mit überraschendem Hintersinn.
Esther Klauke ist van’t Spiekers Atelier-Nachbarin. Neben ihren eigenen Arbeiten organisiert sie seit zwei Jahren die Grötzinger Offenen Ateliers. Eine glückliche Wahl für die Präsentationen der Kunst im Malerdorf, denn sie ist eng vernetzt mit der Städtischen Galerie und Art-Handlungen, weil sie dort Mitarbeiterin ist. Die Herstellung von Plakaten, Flyern und Büchern gefällt ihr und so fließt auch das in die Vorbereitungen und Realisierung der Offenen Ateliers ein.
Neben den modernen grafischen Techniken, die sie selbstverständlich kennt und nutzt, arbeitet sie mit Vorliebe mit kunsthandwerklichen Techniken wie Linol- und Holzdruck, Schablonentechniken und Buchbinderei. „Ich liebe die handwerkliche Arbeit, ich liebe Bücher und schöne kleine nützliche Dinge… so entstehen Experimente mit unterschiedlichen Techniken und Materialien, Collagen und praktische Dinge, wie Kalender oder ein Lieblings-Shirt…“. Eine dieser Arbeiten bereitet sie gerade wieder vor. Es ist der Kalender auf das Jahr 2025, alle Blätter wie immer unter einem Motto. Jedes Blatt ist daher ein Unikat, ein eigenständiger Abzug. So ist das Produkt langlebig und nachhaltig um der Wegwerfgesellschaft etwas entgegen zu setzen.
Bei ihr zu Gast während der Offenen Ateliers ist Hanna Woll. Ihre Steinmetzlehre und das Studium der Bildhauerei und die Zusammenarbeit mit der Glasbläserei Dorotheenhütte in Wolfach setzt sie heute in fantasievolle, rätselhafte Objekte, in Szenerien und Installationen um. Manche scheinen mit einem Augenzwinkern zum Leben erweckt zu sein. Neueste Arbeiten hat sie in die Werkstatt am Rathausplatz mitgebracht. Darunter mit Glas kombinierte Keramik und kauernde Körper, die im 3D- Drucker entwickelt wurden. Sie kann auf die Teilnahme an zahlreichen Ausstellungen, viele davon international, hinweisen.
Ganz oben unterm Dach der Niddastraße 6 arbeiten Jutta Berger und Driss Ankour. Mit viel persönlichen Einsatz und eigener Finanzierung haben sie hier eine eher schäbige Behausung in freundliche Räume verwandelt, für die sie einen Mietvertrag bis 2027 haben.
Seit 2021 malt dort die Architektin Jutta Berger mit Acryl auf Holz und Leinwand. Lange hat sie in Frankreich gelebt, lange auch in Grötzingen und heute in Durlach. Seit 15 Jahren stellt sie ihre Bilder und Collagen bei den Malerdorfmalern aus. Ihre farbenfrohen Motive sucht sich Jutta Berger in der näheren Umgebung, im Alltag und auf Reisen.
Driss Ankour lebt seit 2006 in Grötzingen. Öl, Acryl und Pastell nutzt er bevorzugt für seine Arbeiten. Eine ganz besondere Technik ist ihm geläufig: “In der letzten Zeit habe ich mich zudem mit der Technik der Damascenerie beschäftigt, einer Handwerkskunst aus meiner Heimatstadt Meknes in Marokko“. Im Ursprungsland werden solche Stücke nur noch sehr selten hergestellt. Porträts von marrokanischen Menschen in ihrer Tracht und die Darstellung kraftvoller Tiere in sichtbarer Bewegung berührt die Besucher der Malerdorfmaler-Ausstellungen seit Jahren. Schon längst ist er zum heimischen Grötzinger Künstler geworden. Das belegen unter anderem die Teilnahmen an den Kulturmeilen in Grötzingen seit 2009, die Ausstellungen mit den Grötzinger Malerdorfmalern seit 2011 oder Kunstauktionen der AIDS-Hilfe Karlsruhe seit 2019.
Guntram Prochaska zitiert des Lyrikers Engel-Buch, Albertis Betrachtungen der Wunder im Garten von Miró fallen dem Grötzinger Atelier-Gänger ganz spontan ein, kaum hat er das Reich Ulrich Sekingers betreten. Die reifen Pfirsiche kullern ihm in Mengen vor die Füße, Quitten quietschen gelb am Baum, die durchwachsene, eher durchtriebene Silphie versucht das gesamte botanische Territorium zu erobern und der Aronstab lugt giftig in leuchtendem Orange aus den Blättern. Sekinger, Grandseigneur der Karlsruher Realisten und Grötzinger Maler, kennt jedes Gewächs und dessen Eigenleben genau und nennt es beim Namen. Betritt man dann jedoch vom Garten kommend das erste Atelier im Hause Sekinger, dann ist alles völlig anders als bei Miró, nämlich gegenständlich. „Ich hatte das Glück an der Akademie die klassische Arbeit mit Eitempera zu erlernen“, erklärt Ulrich Sekinger zwischen Malfarben, Pinseln und zahlreichen Bildern aus verschiedenen Zeiten seines Schaffens. Seine naturalistischen Stilleben kombinieren Selbstbildnisse mit den Porträts historischer Persönlichkeiten aus Kunst und Philosophie und emblematischen Gegenständen, Pflanzen und Tieren, ganz im Stil der Renaissance, welche von der Neuen Sachlichkeit aufgegriffen wurde. „Plein Air“, Landschaftsbilder, schuf der Maler immer wieder von Motiven in Frankreich und Spanien und auch aus der näheren Umgebung. Große Landschaftsmalereien zeugen in der Malwerkstatt von einem Aufenthalt 1984 auf Tahiti, auf den Spuren Gauguins. Eine Enttäuschung, denn: „die erhofften paradiesischen Zustände gab es nicht mehr, die indigene Bevölkerung war von den Kolonialmächten ihrer Identität beraubt worden“.
In einer zweiten Werkstatt schafft Ulrich Sekinger sein plastisches Werk. Pferde in erkennbarer Bewegung sind ein beliebtes Sujet des Bildhauers. Daneben immer wieder, wie auch im Maleratelier, Darstellungen seiner Familienangehörigen. Der überlebensgroße Kallmorgen in Bronze nimmt bedeutungsvollen Raum ein.
Ulrich Sekinger belohnt die Besucher in seinen Ateliers mit Berichten aus seinem überreichen Kenntnisschatz der modernen Malerei, deren Techniken und ihrer philosophischen Hintergründe.
Ein absolutes Glanzlicht auf dem Weg zu den Offenen Ateliers 2024 in Grötzingen. (sts)
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