Die Nähe zum Rhein und zum Rheinauer Hafen führte in der ersten Hälfte des vergangenen Jahrhunderts dazu, dass sich Brühl vom „Dorf der Fischer“ zu einem „Dorf der Schiffer“ entwickelte. Insbesondere im Rohrhof ließen sich zahlreiche Personen nieder, die ihren Beruf mit Schiffer angaben. Wir werden darauf an dieser Stelle noch ausführlich eingehen.
Bis in die 1960er Jahre prägten Schaufelraddampfer das Bild der Schifffahrt auf dem Rhein. Der ein oder andere warf auch einmal am Brühler Ufer Anker, wie das Foto zeigt. Der Fotograf Theo Büchner vermerkte dazu auf der Rückseite: „Der letzte Raddampfer 1958“.
Der Schiffstyp Schaufelraddampfer hatte für die Binnenschifffahrt seine Vorteile: Bei einem Tiefgang von weniger als einem Meter beeinträchtigte ihn kein Niedrigwasser im Sommer. Auch sonstige Untiefen wie bei Bingen. Er konnte auch in flachem Gewässer fahren. Die Aufbauten sind markant und unterscheiden sich beispielsweise von denen des Museumsschiffs, das das Technoseum am Mannheimer Ufer liegen hat: Im Gegensatz zu diesem Passagierschiff liegt die Brücke in der Mitte über der Maschinenanlage. Zwischen den Schornsteinen und den mittigen Aufbauten befanden sich die Kohlebunker; in den späten 1950ern wurde auf Öl umgestellt.
Raddampfer wie Friedrich Haschke zogen auf dem Rhein bis zu 1 km lange Schleppzüge – in einer besonderen Anordnung, die es auf Oder, Elbe, Weser und Donau nicht gab. In der Rheinschifffahrt hing jeder Kahn an einer separaten Trosse („Strang“), die ihn mit dem Raddampfer verband. Damit die kilometerlangen Trossen nicht durchhingen und über die Flusssohle streiften, wurden sie am Bug eines jeden weiteren angehängten Kahns gebündelt und in einen sogenannten Brittelhaken gelegt. Jeder Kahn hielt so die Stränge der noch folgenden Kähne fest. Nach dem Zusammenkoppeln („Aufpacken“) des Schleppzuges mussten die Trossen mit dem Suchanker („Wolf“) aufgefischt und hochgezogen werden.
Zwischen den einzelnen Kähnen durfte der Abstand nicht größer als 80 m sein; der Abstand zwischen dem Schlepper und dem ersten Kahn durfte 120 m nicht überschreiten. Auch hatten die einzelnen Typen der Kähne – die Literatur nennt 16 Schiffstypen – unterschiedliche Längenmaße: von 34 m beim sog. Lahnschiff bis zu 80 m Rhein-Herne-Kanal-Kahn. Auch die Breite war entsprechend unterschiedlich, zwischen 5,2 m und 9,5 m.
Die langsam bergauf fahrenden Schleppzüge reizten manchen Jugendlichen aus der Gemeinde. Man erzählt sich, dass sie zu den Schleppkähnen schwammen, hinaufkletterten und sich ein Stück weit stromaufwärts Richtung Speyer mitnehmen ließen. Dann sprangen sie wieder ins Wasser und schwammen mit der Strömung zurück ans Brühler Ufer. Ein äußerst waghalsiges Unternehmen und es erstaunt, dass dabei niemand zu Schaden kam.
Zurück zum Foto. Die Schornsteinmarke mit dem großen führte auf die richtige Spur: Derhier abgebildete Raddampfer war das Räderboot „Braunkohle XV Friedrich Haschke“. Es wurde 1921 bei der Werft Gebr. Sachsenberg in Rosslau/Elbe für die Reederei Braunkohle in Köln-Wesseling gebaut. Das hauptsächliche Einsatzgebiet war der Rhein zwischen Köln-Wesseling und Mannheim.1945 wurde der Radschlepper bei Hattenheim nahe Eltville versenkt, nach dem Krieg wieder gehoben und war bis 1960 in Betrieb.
Kro