Wenn wir heute im Supermarkt einkaufen gehen, z. B. den Wochenbedarf, dann haben wir im Einkaufswagen wahrlich viele andere Dinge, als in den Jahren nach dem Zweiten Weltkrieg.
Überhaupt – eingekauft wurde statt in Supermärkten in den Kolonialwarenläden, die reichlich vorhanden waren – in Plankstadt gab es in fast jeder Straße einen solch kleinen Laden, der alle Dinge des täglichen Bedarfs im Sortiment hatte. Auch die meisten Bäckereien hatten neben den Backwaren auch ein mehr oder weniger großes Angebot an allem, was man eben so brauchte. Also nicht nur Lebensmittel, auch alles andere von Getränken bis zum Waschpulver. Für die Haarwäsche holte man sich eben mal ein kleines „Kissen Shampoo“, besonders die „mit Ei“ waren beliebt. Es entzieht sich meiner Kenntnis, welche besonderen Effekte dieses Ei auf die Haare hatte – irgendein toller Effekt wird schon dabei gewesen sein. Auch Haarwäsche mit Bier war weit verbreitet – also nicht dazu trinken, sondern beim Waschen in die Haare einmassieren, aber da hatte man ja vielleicht noch eine Flasche im Haus.
Und wenn wir gerade beim Bier und anderen Getränken sind, auch da waren die Einkaufsgewohnheiten ganz andere als heute. Die privaten Flaschenbier-Verkaufsstellen schossen nach der Währungsreform 1948 wie Pilze aus dem Boden, stellten sie doch eine Möglichkeit für einen kleinen Nebenverdienst für die Familie dar, denn daheim war früher immer jemand, der den Verkauf für die durstige Nachbarschaft übernehmen konnte. Die Brauereien lieferten die Getränke an, meist einige Kästen Bier oder vielleicht auch noch Mineralwasser oder Limonade an und meist fand der Verkauf in der Toreinfahrt oder – so man keine hatte – vielleicht in der Waschküche statt.
Die Möglichkeiten zum Kühlen von verderblichen Lebensmitteln und Getränken war ja auch noch bescheiden. Die Älteren erinnern sich noch an die Kühlschränke, in die oben Stangeneis (gefrorenes Wasser) gefüllt wurde, darunter war das Fach für das Kühlgut und ganz unten war ein kleiner Wasserhahn, um das Wasser des aufgetauten Eises abzulassen. Das benötigte Stangeneis bekam man meist von einem Bierkutscher, der gerade eine nahegelegene Gaststätte mit Getränken versorgte und auch dort Stangeneis mitlieferte. Die Schwetzinger Schwanenbrauerei belieferte die Gaststätten noch mit einem Pferdegespann bis in die 50er-Jahre.
Dass von Familien ganze Kästen mit Bier gekauft wurden, ist mir nicht erinnerlich. Oft holte man auch sein Flaschenbier in den Wirtschaften oder Kolonialwarengeschäften. Üblich war es sogar noch, einen Stein Bier (1 l im Steinkrug) offen zu kaufen und ihn zu Hause gemeinsam zu trinken. Ich erinnere mich, dass die Großeltern zusammen einen Halben Bier zum Abendessen tranken, den sie beim Löwenwirts-Seppl offen holten.
Auch beim lange einzigen „Getränke-Großhändler“, beim „Sodawasser-Wiest“ in der Stefanienstraße und später beim Getränke-Streck konnte man Getränke kaufen – oder sich bringen lassen, aber letzteres war schon ein gewaltiger Luxus in diesen Zeiten! Die Firma Johann Wiest belieferte Klein-Kunden sogar noch mit einem „Feldwejjele“ (Feldwagen), mit dem eine Frau Getränke zu den Kunden brachte.
Wer zum Kochen einen Gasherd verwendete, brauchte natürlich das Gas. Dafür gab es zwei Bezugsmöglichkeiten: entweder man war an die öffentliche Gasversorgung angeschlossen oder man benutzte Propangas in Flaschen, für die es Verkaufsstellen, meist bei den Spenglern in der Gemeinde gab. Wer sein Gas aus der Leitung bezog, zahlte dies durch Einwurf von Gasmünzen in die Gaszähler. Jede dieser Münzen ließ den Gasfluss eine bestimmte Zeit zu; war die Zeit um, versiegte der Gasfluss und man musste eine neue Münze einwerfen. Diese Gasmünzen kaufte man sich in den Kolonialwarenläden im Ort. Es zeugte von vorausschauender hausfraulicher Klugheit, immer einige dieser Münzen daheim vorrätig zu haben, denn es war ja nicht auszudenken, wenn mitten beim Kochen plötzlich das Gas wegblieb, weil die Zeit abgelaufen war! – Unwillkürlich fällt einem da doch das Gleichnis von der klugen und den törichten Jungfrauen mit ihren Öllampen aus dem Neuen Testament ein – oder nicht?
Es gab ja in dieser Zeit noch keine Registrierkassen – schon gar keine, die elektrisch betrieben wurden. Die Preise der gekauften Waren wurden auf einen Block geschrieben, addiert und dann zahlte man das, was einem gesagt wurde. Den Zettel bekam man mit nach Hause und konnte dort kontrollieren, was aber oft nicht so einfach war, weil die vielen offen verkauften Dinge natürlich nicht ausgezeichnet waren.
Die Oberdörfler werden sich noch an die „Grimme-Luwies“ erinnern, die Chefin in der Bäckerei Grimm in der Eisenbahnstraße, die die Preise auf einen schmalen Block schrieb und schneller zusammenaddiert hatte, als man heute in den Taschenrechner oder in die Registrierkasse eintippen kann. Kopfrechnen war noch Trumpf damals! Den dicken Bleistift trug sie ansonsten hinterm Ohr! Von den heutigen Scannern hatte man damals natürlich noch keine Ahnung. Und so wie dort ging es auch in den übrigen Läden zu – z. B. bei der „Schreibers-Rosel“ in der Friedrichstraße, bei „Kleinbubs“ in der Ehehaltstraße, beim Schäfer im Antoniusweg, bei der „Lotte“ in der Wilhelmstraße, beim Bansbach im Viehweg oder bei der „Vigalis-Liesel“ in der Karl-Theodor-Straße.
Vieles wurde in den Läden noch offen verkauft: Mehl, Zucker, Salz, ÖL und Essig (dazu brachte man seine Flasche von daheim mit und bekam es abgefüllt – oft waren die Flaschen außen recht verklebt und somit auch nicht sonderlich appetitlich). Aber da das bei allen so war, fiel es nicht auf und wurde auch nicht bemängelt. Apropos Tafelöl – dies gab es sogar im Straßenverkauf, von der Öl-Ricke oder dem Öl-Peter, zwei Verkäufer, die das Öl aus Behältern von ihren Handwägelchen aus auf der Straße verkauften; die Hausfrauen kamen dazu mit ihren Flaschen aus den Häusern und ließen sich das Öl abfüllen.
Auch Milch gab es damals noch offen zu kaufen. In Plankstadt gab es gleich mehrere Milchverkaufsstellen: in der Luisenstraße die „Milch-Bergern“, in der Moltkestraße den „Milch-Hoffmann“ und im Waldpfad den „Milch-Faulhaber“ – um nur mal diese drei zu nennen – wahrscheinlich gab es noch mehr. Da gab es nicht nur die Milch offen, auch Quark wurde angeboten – eben Milchprodukte. Die Milch wurde mit geeichten Messbechern aus einem Becken geschöpft oder auch gepumpt und in die Milchkanne abgefüllt, die man von zu Hause mitbrachte. Für viele Kinder war es ein besonderes Vergnügen, auf dem Nachhauseweg die physikalischen Eigenschaften der Zentrifugalkraft zu demonstrieren, indem sie die Milchkanne am ausgestreckten Arm im hohen Bogen herumschleuderten – wer ungeschickt war, riskierte schon mal dabei einen „Unfall“, der dann daheim Ärger einbrachte, wenn ein Milch-Verlust eingetreten war!
Manche Kolonialwarenläden in den Städten spezialisierten sich und wandelten sich zu den Feinkostläden, in denen Lebensmittel oder auch Spirituosen und Weine mit höherem Qualitätsanspruch feilgeboten wurden. Auf dem Land hielt sich der Bedarf an solchen Dingen oft noch etwas in Grenzen – zumindest noch in den frühen Fünfzigern.
Milchkannen brauchte man natürlich auch, um sich mit „Wurstsuppe“ einzudecken, wenn im benachbarten Gasthaus Schlachtfest war – und das war häufig der Fall. Man stellte dann seine Milchkanne – oft durch ein farbiges Stück Wolle gekennzeichnet – im Hof z. B. im „Löwen“ oder im „Erbprinzen“ ab und gegen Abend, wenn Fleisch und Wurst gekocht waren, konnte man sie gefüllt abholen – „fer umme“! Umsonst deshalb, weil die Abholer meist aus der Nachbarschaft kamen und es eine freundschaftliche Geste des Wirts war. Nach den Schlachtfesten konnte man in den Gaststätten auch Wurst kaufen; dann warb der Wirt damit durch einen Aushang mit der Aufschrift „Hausmacher Wurst – auch über die Straße“ – bis der Vorrat aufgebraucht war und ein neues Schlachtfest anstand. Heute erhält der Gast nicht einmal mehr ein Wurstbrot oder ein Rippchen in den Gasthäusern, denn „Schlachtfeste“ gibt es höchstens manchmal noch als besonderes Event einmal im Jahr bei Vereinen oder ähnlichen Gruppierungen.
Die ersten größeren Kolonialwarenläden im Ort waren Filialen von Goedecke, Konsum oder Tengelmann – in Schwetzingen gab es auch lange eine Filiale von „Kaisers-Kaffee“, die dann in den siebziger Jahren in Selbstbedienungsläden umfunktioniert wurden. Zuvor wurde aber auch hier über die Ladentheke verkauft. Goedecke – später in NANZ umbenannt – hatte auch noch eine Fleisch- und Wursttheke. Es gab zwar auch damals schon abgepackte Ware, diese war aber eher seltener gewünscht.
Es war schon etwas Besonderes, als der erste Discounter in Plankstadt eröffnete – ein Laden der Gruppe NORMA im Trunk’schen Haus in der Schwetzinger Straße 31, dort, wo heute im Gemeindezentrum der Ratssaal der Gemeinde seinen Platz hat.
So war das in der „guten alten Zeit“! Und heute? Wir können bis spät in die Nacht in den Supermärkten einkaufen und die vielen Kolonialwarenläden sind aus den Ortsbildern gänzlich verschwunden.
Ulrich Kobelke, Gemeindearchivar