Die Tage zwischen dem 20. April und dem 1. Mai sind für die Bahá’i in aller Welt ein ganz besonderer Zeitraum. Es sind die Ridvan-Tage, von denen vor allem der 1. der 9. und der 12. Tag gefeiert werden.
Nach dem Märtyrertod des Báb – Vorläufer und Verkünder Bahá’u’lláhs – und der gnadenlosen Verfolgung der Bábi-Gemeinde war das Exil Bahá'u'lláhs, der von den Bábis als Führer ihrer Gemeinde betrachtet wurde, zutiefst verstörend und beunruhigend für seine Anhänger. Wie die Jünger Jesu nach der Kreuzigung, müssen sie die Ereignisse als tödlichen Schlag für die neue Religion wahrgenommen haben und wussten nicht, wohin sie sich wenden sollten oder wie es weitergehen könnte.
Doch im Garten von Ridván wurde der Kummer, mit dem sich die Bábis von Bahá'u'lláh verabschieden mussten, unerwartet in unvorstellbares Glück verwandelt, als Bahá'u'lláh erklärte, dass Er derjenige sei, »den Gott offenbaren wird.« Diese Erklärung fand im sogenannten Ridvan-Garten im heutigen Irak statt und im Laufe der folgenden 12 Tage versammelte sich eine große Anhängerschaft von Familie und Freunden um Bahá’u’lláhs Zelt und lauschten gebannt Seinen Worten.
Ridvan ist also ähnlich wie Ostern eine Feier des Triumphes der göttlichen Sache – wo Kummer in Freude und Verfolgung in Sieg verwandelt wird.
Abdu’l-Bahá, der Sohn und Nachfolger Bahá’u’lláhs, wird in dem Buch „Beantwortete Fragen“ zu Thema der Auferstehung Christi folgendermaßen zitiert:
Die Jünger waren nach dem Kreuzestode Christi beunruhigt und verwirrt. Die Wirklichkeit Christi, Seine Lehren, Segensgaben, Seine Vollkommenheit und geistige Macht waren nach Seinem Kreuzestod zwei oder drei Tage lang verborgen und verschleiert, sie waren nicht sichtbar und leuchteten nicht. Im Gegenteil, man hielt sie für verloren, denn der Gläubigen waren wenige, und sie waren aufgewühlt und voller Sorge. Die Sache Christi war wie ein lebloser Körper; nach drei Tagen aber, als die Apostel fest und sicher wurden, Seiner Sache zu dienen begannen und sich entschlossen, die göttlichen Lehren zu verbreiten, indem sie nach Seinem Vermächtnis handelten und sich erhoben, Ihm zu dienen, leuchtete die Wirklichkeit Christi, und Seine Segensgaben wurden sichtbar; Seine Religion wurde lebendig, und Seine Lehren und Ermahnungen wurden klar und offenkundig. Mit anderen Worten: Die Sache Christi war wie ein lebloser Körper, bis das Leben und die Segensgaben des Heiligen Geistes sie erfüllten.
Die göttlichen Propheten kamen, das Reich der Einheit in den Herzen der Menschen zu errichten. Sie alle kündeten der Menschenwelt die frohe Botschaft der göttlichen Gnadengaben. Alle brachten der Welt die nämliche Botschaft der göttlichen Liebe.
Was das Ridvan-Fest und das Osterfest tief miteinander verbindet, ist ihr gemeinsamer Geist der Hoffnung. Sowohl Bahá’í als auch Christen erleben in Ridván und Ostern eine Zeit der inneren Erneuerung, der Vertiefung ihres Glaubens und des Vertrauens in eine bessere Zukunft – für sich selbst und die ganze Menschheit.
In einer Zeit globaler Herausforderungen erinnern uns Feste wie diese daran, dass der Glaube – in all seinen Formen – eine Quelle von Licht, Kraft und Einheit sein kann.