Dies und das

Einwohnerversammlung stößt auf großes Interesse

Vergangenen Donnerstagabend war die Aula der Schillerschule bis auf den letzten Platz gefüllt. Etwa drei Stunden lang berichtete die Gemeindeverwaltung...
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Vergangenen Donnerstagabend war die Aula der Schillerschule bis auf den letzten Platz gefüllt. Etwa drei Stunden lang berichtete die Gemeindeverwaltung über aktuelle sowie geplante Vorhaben und stellte sich dabei den zahlreichen Fragen der Bürgerinnen und Bürger. An mehreren Informationsständen konnten sich Interessierte vor und nach dem Vortrag über zentrale Projekte wie die Burg Wersau, den Gemeindehaushalt, den Ausbau der Schillerschule, die Sanierung des Dorfgemeinschaftshauses „Zum Löwen“ sowie über die Zukunft des Möbelhauses Ehrmann informieren.

Haushalt: Wenig Spielraum, viele Pflichten

Kämmerer Christian Bickle eröffnete die Versammlung mit einer ausführlichen Darstellung der Haushaltslage. Seit 2020 sind die Lebenshaltungskosten laut Verbraucherindex um 20 Prozent gestiegen, die Gemeindekosten in vier Jahren sogar um rund 25 Prozent. Infolge dieser Entwicklung und aufgrund gesetzlicher Vorgaben wurde der Hebesatz der Grundsteuer B für 2025 auf 190 erhöht – ein Anstieg um 20 Prozent gegenüber 2024. Trotz dieser Anpassung liege Reilingen im Kreisvergleich weiterhin günstig.

Einen erheblichen Ausgabenblock stellen die Kindertagesstätten dar. Deren Kosten stiegen von 881.000 € (2014) auf über 4,43 Millionen €, also ein Zuwachs von 503 Prozent. Die jährlichen Betreuungskosten pro Kind belaufen sich inzwischen auf über 10.000 €. Allein dadurch entsteht ein strukturelles Defizit von 3,6 Millionen Euro im Gemeindehaushalt.

Zwischen Vermögen und Verschuldung

Gleichzeitig habe die Gemeinde ein stabiles Fundament: 93,8 Mio. € Vermögen, 94 % Eigenkapitalquote. „Der Haushalt wurde genehmigt. Aber wir dürfen dennoch nur zielgerichtet investieren“, so Bickle. Die Haushaltssperre bleibe bestehen.

Ein Bürger fragte, ob es denn keine Verluste gegeben habe und ob die Gemeinde Kredite aufnehmen musste. Bürgermeister Stefan Weisbrod antwortete offen: „Ich will da nichts schönreden. Natürlich mussten wir auch Darlehen aufnehmen, um Investitionen zu decken.“ Dennoch unterstrich er: „Wir geben aktuell nicht mehr aus, als wir einnehmen – das ist ein erster Schritt in die richtige Richtung.“

Als Ilse Brenner nach der Pro-Kopf-Verschuldung fragte, erklärte Bickle: Konsolidiert liege sie bei 650 €, unbereinigt bei etwa 1.200 €. Weisbrod scherzte: „Wenn heute jeder 650 Euro in die Notgroschen-Box wirft, wären wir alle schuldenfrei.“

Dorfgemeinschaftshaus „Zum Löwen“: Alte Balken, hohe Summen

Rund 3 bis 3,6 Millionen Euro wird die Sanierung des denkmalgeschützten Dorfgemeinschaftshauses kosten. 1,2 Millionen stammen aus dem Städtebauförderprogramm, 415.000 € aus dem Ausgleichsstock 2023. Das Architekturbüro Vögele zeigte Schäden an Eichenbalken und Sandsteinen.

Die Zeit drängt: Die temporäre Abstützung des Gebäudes ist nur noch bis Ende 2025 genehmigt. Spätestens im Februar 2026 müssen die Bauarbeiten beginnen. Der Gastronomiebetrieb im Haus wird voraussichtlich für etwa 14 Monate geschlossen sein, die komplette Bauzeit ist auf rund 18 Monate angesetzt. Eine teilweise Verkehrssperrung ist zu erwarten, wann und wie stehe noch nicht fest.

Ein Projekt mit langer Geschichte

Seit 18 Jahren ist die Burg Wersau immer wieder Thema in Reilingen. Nun soll mit dem Bau eines Infrastrukturgebäudes ein sichtbares Zeichen gesetzt werden. Geplant ist ein mehrfunktionales Gebäude mit Toiletten, einem überdachten Fahrradbereich, Reparaturstation und E-Ladestation für E-Bikes. Es soll nicht nur touristischen Zwecken dienen, sondern auch von örtlichen Vereinen genutzt werden können.

Die Fördermittel:

  • 406.147 € aus dem Tourismusinfrastrukturprogramm (TIP)
  • 70.000 € aus CDU-Fraktionsmitteln
  • 10.000 € aus einer privaten Spende

Die Universität Heidelberg begleitet das Projekt wissenschaftlich. Die Planungskosten liegen bei 1,2 Mio. €, jährlich kommen 25.000 € im Rahmen von „Citizen Science“ hinzu. Bürgermeister Stefan Weisbrod machte deutlich: „Ein Rückzieher wäre jetzt ein fatales Signal. Wir würden bei den überregionalen Stellen nicht mehr ernst genommen.“

Verkehr: Frust und Forderungen

Am meisten Emotionen löste das Thema Verkehr aus. Eine Verkehrszählung ergab: Der Durchgangsverkehr stieg um zehn Prozent. Bürger beklagten Raser, fehlende Zebrastreifen und unsichere Querungen – etwa vor der Volksbank.

Weisbrod begann mit einem Appell zur Rücksichtnahme – und räumte ein: „Viele Maßnahmen sind leider nur Gesten der Hilflosigkeit.“ Er übergab an Lea Brümmer, die das neue Parkraumkonzept vorstellte: faire Regelungen, Sensibilisierung, Planspaziergänge. Ein Tempo-30-Lückenschluss ist geplant. Weitere Maßnahmen sind: Verkehrsberuhigung im Martin-Luther-Weg, Verengung in der Speyerer Straße, Einbahnstraße in der Friedrichstraße.

Ein zentrales Bürgeranliegen war Barrierefreiheit: Kinderwagen und Rollstühle haben es schwer – Gehwege sind blockiert, Bordsteine zu hoch, Querungen unübersichtlich. Vorschläge der Bürger wie Fahrbahnerhöhungen, um Tempo zu bremsen, wurden wegen möglicher Lärmbelastung kritisch gesehen. Eine Bürgerin brachte es auf den Punkt: „Man kann noch so viele Schilder und Markierungen machen – ohne Kontrollen bringt das alles nichts.“ Dafür gab es Applaus. Eine pensionierte Polizistin kündigte an, sie werde mit Rollator demonstrieren, sollte sie je auf einen angewiesen sein.

Schillerschule: Viel Bedarf, wenig Platz

Die Schillerschule platzt aus allen Nähten. Aktuell sind die Kinder auf drei Gebäude verteilt. Es fehlen Differenzierungsräume, Lehrerzimmer, Bibliothek und Rückzugsorte. Selbst nach dem Auszug der Kita wird es zu eng bleiben.

Geplant ist ein verbindender Neubau zwischen Hauptgebäude und E-Gebäude – mit Überdachung des Schulhofs, damit Kinder auch bei Regen draußen bleiben können. Der Planungsaufwand ist hoch, die Kostenschätzung liegt bei rund neun Millionen Euro. Die Ausschreibungen müssen europaweit erfolgen – ein bürokratischer Kraftakt.

Möbelhaus Ehrmann: Gerüchte entkräftet

Ein Dauerbrenner in der Gerüchteküche: Wird das leerstehende Möbelhaus Ehrmann zu einer Flüchtlingsunterkunft? Bürgermeister Weisbrod stellte klar: „Das ist schlicht falsch.“ Das Areal ist als Sondergebiet für Möbelhandel ausgewiesen. Sollte sich kein neuer Betreiber finden, müsste gemeinsam mit den Eigentümern ein neuer Bebauungsplan erstellt werden – z. B. für allgemeinen Einzelhandel.

Grundwasser, Radweg & Gießkannen

In der offenen Fragerunde wurde ein Forschungsprojekt angesprochen, das sich mit PFAS – sogenannten „Ewigkeitschemikalien“ – befasst. Im Rahmen des Bundesprojekts „PFClean“, das unter anderem von der Universität Stuttgart begleitet wird, kommen am Nachtwaidweg Aktivkohlefilter zum Einsatz, um die Ausbreitung möglicher Rückstände im Grundwasser zu untersuchen und zu begrenzen.

Auch der unbeleuchtete Radweg nach Biblis wurde angesprochen. Weisbrod kündigte an: „Wenn es keine Förderung gibt, machen wir’s eben selbst.“

Eine Bürgerin beklagte kaputte Gießkannen am Friedhof – und bot spontan an, neue zu spenden.

Reilingen diskutiert – und lebt Gemeinschaft

Nach dem offiziellen Teil versammelten sich viele Besucherinnen und Besucher noch an den Infoständen. Es wurde diskutiert, gelacht, gefragt. Eins wurde klar: In Reilingen gibt es viele Herausforderungen. Aber auch viele Menschen, die mitdenken und mitgestalten wollen.

(Rebecca Jankowski)

Erscheinung
Reilinger Nachrichten
NUSSBAUM+
Ausgabe 21/2025
von Gemeinde Reilingen
22.05.2025
Dieser Inhalt wurde von Nussbaum Medien weder erfasst noch geprüft. Bei Beschwerden oder Anmerkungen wenden Sie sich bitte an den zuvor genannten Erfasser.

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