Entdecker, Forscher und Sammler

Ulrich Peter hat als Freizeitarchäologe ein eigenes „Museum“ Von Irmhild Günther Zwei Güglinger Jungen, etwa elfjährig, Andy und Uli, gehen...
Ulrich Peter in seinem Forschungslabor
Ulrich Peter in seinem ForschungslaborFoto: Irmhild Günther

Ulrich Peter hat als Freizeitarchäologe ein eigenes „Museum“

Von Irmhild Günther Zwei Güglinger Jungen, etwa elfjährig, Andy und Uli, gehen in den Steinäckern auf Schatzsuche. Diese Felder heißen so, weil dort schon immer viele Steine lagen. Man wusste schon längere Zeit, dass die Reste einer römischen Siedlung die Ursache waren. Sie radelten öfters dorthin und fanden auch Keramikteile und Stücke von Terra Sigillata, dem Porzellan der Römer. Einmal entdeckte Andy einen goldenen Ring mit einem rotgefassten Karneol, auf dem eine Figur zu sehen war! Es war noch ein Knochen vom Finger daran, den warfen sie weg. Der Ring war der Schatz und sie zeigten ihn ihrem Lehrer, der bedauerte, dass der Knochen nicht mehr da war. Ansonsten herrschte Freude und es blieb die Erinnerung an diesen Fund.

Heute, nach einem halben Jahrhundert, hat Andy den goldenen Ring als äußerst wertvolle Leihgabe dem Römermuseum Güglingen übergeben, wo sie ja ihren richtigen Platz hat. Denn nun ist ja das römische Güglingen unter den Steinäckern ausgegraben und dokumentiert und die zahlreichen Exponate bestens platziert. Ulrich Peter wurde aber von jenem Erlebnis auf den Steinäckern für sein ganzes weiteres Leben geprägt. Er wurde zum erwachsenen „Schatzsucher“ und damit auch zu einem Menschen, der den Siebten Sinn hat. Er entdeckt Dinge, an denen wir vorbeigehen, nicht nur draußen, sondern auch in Gebäuden, auf Dachböden und in Kellern. Längst ist es nicht nur die Römerzeit, in die er vordringt, sondern es ist die ganze Vergangenheit. Die beginnt mit der Bandkeramik der Jungsteinzeit ab 7500 v. Chr., von der es nach seinen Landkarten im Zabergäu viele Fundstellen gibt. Schon vor dem Fund des römischen Vicus (kleinere Stadt) hatte er im Rathaus Güglingen 1997 eine Ausstellung mit seinen bisherigen Exponaten und auch Führungen darüber gemacht. Natürlich hat er sich an der Planung und Verwirklichung des Freilichtmuseums von Güglingen beteiligt: Darstellungen der zwei Mithräen (Tempel für den Gott Mithras) und eine Panoramawand, auf der von einem Künstler anschaulich gezeigt ist, wie die kleinstädtische Siedlung an der Zaber ausgesehen hat. Er sagt übrigens, das Mithräum II. sei das älteste derzeit gefundene der Welt! Da er seit 1997 ehrenamtlicher Beauftragter des Landesamtes für Denkmalschutz mit Sitz in Esslingen ist, kann er dort nicht nur seine Funde zeigen für die dortigen Dokumentationen, sondern auch viel erfahren oder Vermutungen über neue Funde bestätigen lassen. Jedes Teilchen Terra Sigillata oder Sonstiges putzt er vorher sorgfältig mit der Zahnbürste. Bei Münzen ist es anders, sie kleben mitunter zusammen und es gibt spezielle Methoden, sie zu trennen. Münzen sind nicht nur wertvoll, weil es Geld ist, sondern sie spielen eine Rolle für die Datierung in der Archäologie, weil Kaiser darauf abgebildet sind und man deren Zeit ja kennt und sogar die Prägestellen. Das lässt er sich dann machen. Dafür gibt es in Stuttgart beim Württembergischen Landesmuseum ein Münzkabinett. Er besitzt 100 Münzen aus allen Zeiten, in denen es Münzen gab. Das Meiste von den Steinäckern. Oft sind ihm auch befreundete Kollegen vom Denkmalamt behilflich. Zum Beispiel vor einiger Zeit bei der Datierung der Deichelleitungen des Röhrlesbrunnens am Markt.

Es ist auch schon mehrfach vorgekommen, dass Forscher und Wissenschaftler ganz gezielte Objekte aus der Sammlung Peters herausgreifen und für ihre Publikationen und Doktorarbeiten verwenden. Er geht möglichst überall dorthin, wo beim Bauen gegraben wird. Der Ehrenamtliche ist immer eine Verlängerung des Amtes. Er hat in seinem kleinen Forschungskabinett die Schubladen voll mit Pfeilspitzen, Glas- und Keramikteilen. Eine Besonderheit ist die Datierungsmöglichkeit durch Einprägung eines Herstellers. Dadurch kann man Handelswege erkunden. Das Olivenöl des römischen Güglingens zum Beispiel kam immer aus Sevilla den weiten Weg von Spanien hierher.

Er sagt: „Ich kann die Frage nicht beantworten, was für mich der wichtigste und schönste Fund ist. Sind es die jungsteinzeitlichen Pfeilspitzen oder die Gerätschaften? Oder die Geweihhake aus dieser Zeit? Die Lanzenspitze von Frauenzimmern? Oder die 20 römischen Münzen? Oder die Schmuckstücke? Der Kopf des Vulcanus? Die Bergung von Paul? Das war sicher ein großes Highlight mit dem Schwert und so. Da wird ja auch noch weiter geforscht. Bei den Münzen kam mir immer in den Sinn: Was wurde damit wohl alles gekauft? Durch wie viele Hände ging dieses Geld? Bei den 7000-jährigen Sachen war ich immer sehr ehrfürchtig: Das hat ein Mensch vor tausenden von Jahren hergestellt. Und nun finde ich das alles und halte es in meinen Händen. Es bleibt ein großartiges Gefühl und wird gespeichert im Erinnerungsvermögen. Der Glücksmoment ist abrufbar. Sehr glücklich bin ich, dass alles ein Zuhause gefunden hat, sei es im Römermuseum oder in meiner Privatsammlung. Und dass damit wissenschaftlich gearbeitet wird und wir in Güglingen und im Zabergäu unseren Beitrag leisten. Es wird sich alles noch weiterentwickeln. Das kleinste Objekt kann für die Wissenschaft von außerordentlicher Wichtigkeit sein. Und man kann Vergleiche ziehen dank eines großen Netzwerkes von mir, das ja in Jahrzehnten entstanden ist und gepflegt wird. Ich glaube, es wird immer wieder eine Geschichte für die Leserschaft sein!“

Dazu muss erklärt werden, dass Vulcanus, der Gott der Schmiede, im römischen Güglingen wahrscheinlich im Besitz eines solchen Handwerkers war. Der Kopf ist ein vollständiges Fundexemplar im kleineren Format! Und dass mit „Paul“ jener Untote gemeint ist, der in seinem Grab mit dem Messer in der Brust in den Steinäckern gefunden wurde, der kein Römer war und noch immer rätselhaft bleibt.

Erscheinung
Zabergäu-Leintal-Anzeiger
Ausgabe 15/2025
von Redaktion NUSSBAUMRedaktion NUSSBAUM
08.04.2025
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