Diese Ortsansicht ist dem Forstkartenwerk Andreas Kiesers entnommen, das zwischen 1680 und 1687 entstanden ist. Das Dorf als solches ist zunächst nicht ohne weiteres zu erkennen – vor allem, weil die beiden „Wahrzeichen“ so nicht mehr stimmen: Das Rathaustürmle erfuhr wohl eine Änderung beim Rathaus-Neubau Mitte der 1840-er Jahre, und der Helm des Kirchturms wurde 1907/08 verändert, weil er damals einsturzgefährdet war.
Jedenfalls sah der Zeichner damals ein stattliches Haufendorf vor sich liegen, das einst in vier Teile gegliedert war und bis heute im Allgemeinen auch so erhalten blieb:
- Der Flecken, sozusagen das Zentrum. Das alte Rathaus mit kleiner Haube auf dem Dachreiter stand mitten auf dem Marktplatz – etwa auf dem heutigen Platz des Marktbrunnens. In nächster Nähe sind Metzger, Bäcker, Gaststuben, Krämerläden, Schmiede, Küfer, Schlosser und andere Handwerker angesiedelt gewesen.
- Der Berg, beginnend oberhalb der Michaelskirche mit dem damaligen hohen und steilen Zeltdach auf dem Turm; hier waren früher die weniger begüterten Einwohner wie Weber, Häfner und Tagelöhner zuhause. Hier befand sich „am Steilen“ auch das Armenhaus und oben die herrschaftliche Kelter. Als die ehemalige Burg Graneck dürfte das Gebäude ganz links anzusprechen sein.
- Die Rollengassen – sie sind sehr verwinkelt. Sie schmiegen sich dicht an den Flecken mit kleinbäuerlichen Anwesen und Handwerkern. Möglicherweise befand sich dort die erste Ansiedlung der Entringer Alemannen, auf deren Friedhof man im Verlauf der heutigen Zeppelinstraße seit den 1920er Jahren in so mancher Baugrube gestoßen ist.
- Das Dorf jenseits des Käsbachs hat unser Zeichner glatt übersehen. In dieser einstigen Weingärtnersiedlung hatte jedes Haus zwar einen Keller, aber keine Scheuer. Weil der Weinanbau im 17. Jahrhundert im Sinken begriffen war, war jener Ortsteil im Jahr 1683 wahrscheinlich übersehenswert und vielleicht auch nicht so dicht bevölkert.
Die Einwohnerzahlen zu jener Zeit: Vor dem Dreißigjährigen Krieg hatte Entringen etwa 1200 Einwohner, durch Kriegseinflüsse und die Pest waren es jetzt gerade noch 660.
Reinhold Bauer