Aus den Rathäusern

Erzähl-Café zum Stadtjubiläum Korntal-Münchingen - Trotz anfänglichen Diskrepanzen viel Gemeinschaft zwischen Korntal und Münchingen

(rr) Vergangenen Sonntag fand das Erzähl-Cafézum Stadtjubiläum zum Thema „Persönliche Erinnerungen an den Zusammenschluss der Ortsteile im Jahr 1975“...
Gut besucht, das Erzähl-Café zum Stadtjubiläum
Gut besucht, das Erzähl-Café zum StadtjubiläumFoto: Martin Schmid

(rr) Vergangenen Sonntag fand das Erzähl-Cafézum Stadtjubiläum zum Thema „Persönliche Erinnerungen an den Zusammenschluss der Ortsteile im Jahr 1975“ im Johann-Friedrich-Flattichhaus statt. Die interaktive Veranstaltung stellte eine Kooperation aus Heimatverein, Heimatmuseum und VHS im Rahmen des 50-Jahr-Jubiläums der Stadt dar.

Trotz des schwülwarmen Wetters hatten sich rund 100 Menschen eingefunden, um bei Kaffee und Kuchen den Erzählungen der Gästen Rotraut Völlm (Grundschullehrerin); Karl Schmid (Altstadtrat im Gemeinderat nach dem Zusammenschluss); Veronika Unfried (damals Grundschullehrerin und später Stadträtin) und Paul Link (Bau-Unternehmer) unter der Moderation der SWR1-Moderatorin und Münchingerin Kathrin Kleinbrahm zu lauschen und sich aktiv an den Erzählungen zu beteiligen.

Die Idee für die Veranstaltung hatte Frau Class-Hähnel von der VHS Korntal-Münchingen, weil sie in der Vergangenheit viele Geschichten zum Zusammenschluss von Korntal und Münchingen gehört hatte. Sie findet, dass Erzählen ein „wunderbares Format“ darstellt, durch welches man etwas lernen und neue Perspektiven auf Ereignisse gewinnen kann. Gemeinsam mit Frau Ecker, die eine ähnliche Idee zum Stadtjubiläum von Korntal-Münchingen hatte, und dem Heimatverein organisierte sie die Veranstaltung.

Zu Beginn gab es eine Vorstellung der Gäste und Veranstalter Frau Cornelie Class-Hähnel, Frau Miriam Ecker vom Heimatmuseum Münchingen, Stadtarchivar Andreas Walter sowie dem Technischen Beigeordneten Kai Langenecker und den anwesenden Gemeinderäten weiter, ehe man sich den Erzählungen widmete.

Gemeinsam mit Stadtarchivar Walter und den Gästen reisten die Anwesenden zurück an den Beginn des Zusammenschlusses von Korntal-Münchingen und beleuchteten die Gründe für den Zusammenschluss.

Eine große Rolle spielte hierbei der Zwang durch die Gemeindereform als „Gesetz zur Stärkung der Verwaltungskraft kleinerer Gemeinden“ mit finanziellen Anreizen zum Zusammenschluss. Dieses Angebot wurde damals nicht angenommen, da man eine Trennung von Korntal und Münchingen als realistisch hielt. Und auch die Verschuldung der Stadt Hemmingen unter dem Motto „dem Heinerle sein Schulden woller ma ned“, sowie mögliche persönliche Motive der damaligen Bürgermeister waren ausschlaggebend dafür, dass aus Korntal und Münchingen erst am 1. Januar 1975 eine Gemeinde wurde.

Auch die Gäste berichteten von ihren Erfahrungen zur Anfangszeit von Korntal-Münchingen. Rotraut Völlm erzählte von ihren Erfahrungen als Münchingerin in einer Korntaler Schule. In der ersten Klasse wurden Korntaler und Münchinger in je zwei Klassen getrennt unterrichtet. Ab der zweiten Klasse folgte eine Zusammenlegung der beiden Klassen, was nicht nur zu einer Klassengröße von 30 Kindern führte, sondern auch einige Anfangsschwierigkeiten für „die vom Land“ wie die Korntaler damals die Münchinger bezeichneten. Doch nicht nur Negatives, auch viel Positives wie beispielsweise die Aktion von Korntal „auswärtige Kinder“ d.h. Münchinger, in der Mittagspause bei sich aufzunehmen, da diese nicht schnell nach Hause konnten, waren Frau Völlm nachhaltig im Gedächtnis geblieben. Hierbei entstanden viele schöne Momente beim Annähern und gemeinsamen Spielen, so dass sich letztendlich langanhaltende Freundschaften zwischen Kindern der beiden Stadtteile bildeten. Veronika Unfried, damals Grundschullehrerin der ersten und zweiten Klasse in Korntal, ergänzte das Bild der positiven Erinnerungen an die gemeinsame Schulzeit der Korntal-Münchinger. Auch Kathrin Kleinbrahm, ebenfalls in Münchingen aufgewachsen, betonte, dass die „Schulverbindungen viel geholfen haben“.

Karl Schmid, Stadtrat im Gemeinderat nach dem Zusammenschluss, gab einen Einblick in die Arbeit der Stadtgründung von Korntal-Münchingen. Er erzählte von den ersten Diskussionen im neuen Gemeinderat, Umstrukturierungen und den Abstimmungen und ihren Schwierigkeiten wie beispielsweise die Abstimmung gegen den Verbindungsweg über die Autobahn zwischen Korntal und Münchingen.

Doch essentieller als eine gemeinsam verbindende Straße sind echte Verbindungen zwischen den Menschen beider Stadtteile. Nach Einschätzung des Bauunternehmers Paul Link wurden derartige Verbindungen vor allem durch Vereine, wie beispielsweise die Feuerwehr mit gemeinsam Brände löschen und Feiern hergestellt.

„Es kommt auf die Menschen an, die sich bemühen“, resümiert er. Und von der Sorte Mensch gab es mehr als genug in Korntal-Münchingen.

Lebhaft und beispielhaft wurden von der Moderatorin und dem Publikum Anekdoten von Eugen Völlm und Ella Hornung erzählt.

Eugen Völlm, damals Besitzer der Oelmühle Münchingen, war als Lieferant in der Bevölkerung sehr beliebt, da er „alle Menschen verbunden“ hat und jeder einfach mit ihm sprechen musste. Nicht nur seine legendären Mitternachtsbrotlieferungen, sondern auch seine enthusiastischen Erzählungen beim Ackerlehrpfad blieben dem Publikum in bester Erinnerung.

Auch die Kallenbergerin Ella Hornung bewegte viel für die Verbindung der Stadtteile. Sie initiierte beispielsweise den Kallenberger Mittagstisch, den Warentauschtag, auf dem bis heute noch munter getauscht werden kann, oder den Talentwettbewerb KoMüKa. Für ihr Engagement wurden nicht nur in der Bevölkerung „Lobeshymnen“ auf sie gesungen, zusätzlich wurde ihr das Verdienstkreuz am Bande der Bundesrepublik Deutschland (2001) und die Ehrenmedaille von Korntal-Münchingen (2015) verliehen.

Auch über andere Verbindungen z.B. eine stadtteilübergreifende Partnerschaft der Gemeinderätinnen, die im Wohngebiet Rührberg in den 90ern eine neue Benennung der Straßen nach Hebammen initiierten, oder vom Projekt des Kunstvereins Korntal-Münchingen von 2019, zum Jubiläum von „200 Jahre Korntal“, bei welchem der Künstler Wolf Nkole Helzle Porträts von 600 Bürgerinnen und Bürgern beider Stadtteile mit einem speziellen Computerprogramm zu einem einzigartigen Menschengesamtbild verband und das in den beiden Rathäusern zu finden ist, wurde vom Publikum berichtet.

Auch von einer fast vergessenen Geschichte über einen redaktionellen Aprilscherz 1978, bei dem Bruno Zanelli das Scheitern des Zusammenschlusses von Korntal und Münchingen in seitenfüllenden Artikeln im Amtsblatt verkündete, was zum Abladen eines Misthaufens vor dem Verlag als Ausdruck des Protests führte, wurde ausführlich erzählt. Im Nachgang an die Veranstaltung meldete sich sogar einer der damaligen Beteiligten und gab zu, dass damals zwei Korntaler und zwei Münchinger die Aktion durchführten.

Die kurzweilige Veranstaltung mit vielfältigen Erzählungen und Anekdoten bei anregender, zustimmender und lustiger Atmosphäre wurde von Moderation Kathrin Kleinbrahm mit der Anregung zum „gemeinsamen miteinander im Gespräch bleiben“ als kurzer Umriss der gemeinschaftlichen Veranstaltung beendet.

Erscheinung
Amtsblatt Stadt Korntal-Münchingen
Ausgabe 26/2025
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