Am Montag, 25. November ab 9 Uhr verlegt der Kölner Künstler Gunter Demnig auf Initiative des Ettlinger Bündnisses acht weitere Stolpersteine zum Gedenken an Opfer des Hitler-Faschismus, die vor ihrer Ermordung ihren letzten Aufenthaltsort hier in unserer Stadt hatten. Vier davon in der Kernstadt, zwei in Ettlingenweier und zwei in Schluttenbach. Beginn ist in der Sternengasse 9. Bürgermeister Dr. Moritz Heidecker wird die Verlegung begleiten.
'Ein Mensch ist erst vergessen, wenn sein Name vergessen ist', zitiert Gunter Demnig den Talmud. Mit den Steinen vor den Häusern wird die Erinnerung an die Menschen lebendig, die einst hier wohnten. Auf den Steinen steht geschrieben: HIER WOHNTE ... Ein Stein. Ein Name. Ein Mensch.
Es handelt sich bei sieben Menschen, denen in diesem Jahr mit neuen Stolpersteinen gedacht wird, um NS-Euthanasie-Opfer.
Bei diesen Stolpersteinen heißt es in der letzten Zeile „Aktion T4“. Aktion T4 ist eine nach dem Zweiten Weltkrieg gebräuchlich gewordene Bezeichnung für die systematische Ermordung von mehr als 70.000 Psychiatrie-Patienten und behinderten Menschen durch SS-Ärzte und -Pflegekräfte von 1940 bis 1941. Neben rassenhygienischen Vorstellungen der Eugenik sind kriegswirtschaftliche Erwägungen zur Begründung herangezogen worden.
Zur Zeit des deutschen Faschismus wurden die Massentötungen unter der euphemistischen Überschrift „Euthanasie“ oder „Aktion Gnadentod“ vollzogen. Die „Aktion“ wurde auch als Vernichtung lebensunwerten Lebens, NS-Krankenmorde bekannt. In der Nachkriegszeit war für das mittlerweile gebräuchliche Kürzel Aktion T4 die Berliner Bürozentrale, eine Villa in der Tiergartenstraße 4, namensgebend. Dort befand sich die Zentrale für die Leitung der Ermordung behinderter Menschen im gesamten Deutschen Reich.
In mühsamer Kleinarbeit in Archiven in Berlin, Karlsruhe und Ettlingen haben Mitglieder des Ettlinger Bündnisses gegen Rassismus und Neonazis die Fakten zusammengetragen, die für die Identifizierung der Opfer notwendig waren. Dann hat das Bündnis Patinnen und Paten gesucht – und erfreulicherweise auch sofort gefunden, die die Kosten der Verlegung übernehmen.
Es soll mit diesen Steinen der Opfer gedacht werden. Aber Beschäftigung mit Geschichte macht nur Sinn, wenn die aus der Geschichte gewonnenen Erkenntnisse für die Formung der Gegenwart und Zukunft eingesetzt werden. Bei diesem Thema bedeutet das, dass es nie mehr möglich sein darf, dass Faschisten mit ihrer mörderischen Ideologie Einfluss auf unser Leben nehmen können. Das heißt, steht auf gegen Nazis und Rassisten und stoppt den Hass!
Die erste Verlegung ist vor dem Haus Sternengasse 9. Hier hatte Karl Friedrich Schweigert seinen letzten Wohnsitz. Er wurde in die Heilanstalt Hub eingewiesen, von dort nach Grafeneck deportiert und in dieser Tötungsanstalt ermordet.
Der zweite Stolperstein wird in der Kanalstr. 1 verlegt. Hier hatte Otto Frank seinen letzten Wohnsitz. Er wurde in die Heilanstalt Rastatt eingewiesen. Von dort wurde er nach Grafeneck „verlegt“ und dort am 9.5.1940 ermordet.
Die nächste Gedenkplatte wird Gunter Demnig vor dem Haus Pforzheimer Str. 51 in den Gehweg einlassen. Sie erinnert an Josef Kistner, der von der Heilanstalt Rastatt nach Grafeneck „verlegt“ und dort bei seiner Ankunft ermordet wurde.
Patinnen und Paten des Stolpersteins in der Augustastr. 5 sind Schülerinnen und Schüler des Heisenberg-Gymnasiums Ettlingen. Sie werden bei der Verlegung die Biographie von Anna Elisabeth Lumpp vortragen und einen musikalischen Beitrag leisten.
Gegen 11 Uhr beginnt die Stolpersteinverlegung in Ettlingenweier in der Morgenstr. 12 für Helene Schneider. Auch sie wurde aus Rastatt nach Grafeneck „verlegt“ und dort ermordet.
Ortsvorsteher Berthold Zähringer, die ehemalige Ortsvorsteherin Beatrix März und Mitglieder des Ortschaftsrats werden der Verlegung beiwohnen.
Noch einen weiteren Stolperstein wird Gunter Demnig in der Morgenstraße an der Einfahrt zur dortigen Sackgasse für Josef Grünling verlegen. Josef Grünling wurde von den deutschen Faschisten nach Dachau in „Schutzhaft“ verbracht, von dort in das KZ nach Mauthausen in Österreich und dort am 20. November 1939 ermordet.
Gegen 12 Uhr beginnt die Stolpersteinverlegung in Schluttenbach in der Lange Straße. Ortsvorsteher Heiko Becker und Mitglieder des Ortschaftsrats werden hier die Verlegung begleiten. Gedacht wird in der Lange Str. 2 Franz Adalbert Blödt, der von der Heilanstalt Hub bei Ottersweier nach Grafeneck „verlegt“ und direkt bei seiner Ankunft am 21. Februar 1940 ins Gas geschickt und ermordet wurde.
In der Lange Str. 30 werden wir Eugen Günter gedenken, der von Wiesloch nach Grafeneck „verlegt“ und dort am 28. Juni 1940 von Nazi-Ärzten umgebracht wurde.
Die Bevölkerung ist zur Teilnahme an der Stolpersteinverlegung herzlich eingeladen!