„Guten Morgen, meine Damen und Herren, hier spricht ihr Kapitän. Mein Name ist Steffen Götze und ich begrüße Sie auf unserem Flug von Hockenheim in die Welt des Apostels Paulus mit ekiba-Airways.“ Und dann erlebten die Gottesdienstbesucher ein Reiseerlebnis der besonderen Art in der zum Flugzeug umgebauten Kirche.
Der Chor „Kreuz & Quer“ stimmte nicht ganz passend mit dem „Gospeltrain“ an. Aber mit dem Singkreis und „Über den Wolken“ waren aller wieder auf Kurs. Dazwischen gab es die obligatorische Sicherheitseinweisung mit dem dezenten Hinweis auf die einschlägigen Tüten, die bereits mit Liedblättern gefüllt waren.
Der Flug mit einem 2000 Jahre alten Gemeindeflieger war erwartungsgemäß von etlichen Turbulenzen und dem chronischen Ausfall der Bordnavigation überschattet. Aber die Crew hatte mit hochmotivierten Flugpassagieren jede brenzlige Situation im Griff. Und wo das nicht der Fall war, trug die Bordunterhaltung mit dem Kirchenchor zur Hebung der Stimmung bei.
Der Gemeindeflieger konnte somit den Spuren des Apostels Paulus im Großen und Ganzen folgen — zumindest von oben. Eine Landung in Jerusalem war aus aktuellen Sicherheitsgründen nicht möglich und in der zerstrittenen Vorzeigegemeinde Korinth wollte keiner einen Zwischenstopp einlegen. Über Athen roch es zwar herrlich nach Gyros und Souvláki, aber da Paulus dort keine nennenswerten Eindrücke hinterlassen hatte, wurde auf eine Landung verzichtet. Und für Spanien reichte das Kerosin nicht mehr. Was aber nicht tragisch war, da Paulus auch nie nach Spanien kam.
Der Gemeindeflieger musste nach Hockenheim zurückkehren. Die Landephase wurde unter massivem Druckabfall eingeleitet. Sauerstoffmasken pendelten von den Emporen.
„Für ekiba-Airways zählt nur die Zufriedenheit der Kunden. Wir hoffen, Ihnen hat der heutige Flug gefallen. Wenn Sie aber Ideen für die künftigen Flugziele und Verbesserungsvorschläge für den Service haben, zögern Sie nicht und werden Teil unserer Crew!“ Axel Heidrich, Beauftragter für Bord- und Bodenpersonal, nahm diesen Hinweis des Flugkapitäns auf und stimmte die Passagiere auf die kommenden Kirchenwahlen ein.
Inzwischen waren Landeklappen und Fahrgestell dank der unschlagbaren Kombination aus WD-40 und Gebet in Landeposition. Der Gemeindeflieger setzte sanft auf der Rollbahn vor der Kirche auf. Und im Nachklang zu einer unglaublichen Reise in einem hoffnungsvoll verrückten Gemeindeflieger erklang der Gospel „High an lift it up“. Unbestätigten Gerüchten zufolge ist nächstes Jahr die Reise mit einer Gemeinderakete auf den Mars geplant. Oder wird es doch noch ein Gospeltrain? (md)