Ich habe dieses Jahr an der Mauthausenfahrt (09. bis 11. Mai) teilgenommen.
Aber warum entscheidet man sich dazu, sein gesamtes Wochenende in einer kleinen österreichischen Stadt in der Nähe von Linz zu verbringen?
Meine persönliche Motivation war es, die Schicksale, wie sie in unseren Geschichtsbüchern geschildert werden, nicht nur abstrakt und theoretisch zu kennen, sondern sie auch einmal konkret vor Augen zu haben. Außerdem war es mir wichtig, denen Respekt zu erweisen, die dort ermordet wurden, und jenen, die trotz allem Widerstand leisteten.
Besonders eingeprägt haben sich bei mir zwei Eindrücke:
Zum einen der sogenannte „Raum der Namen“. Dort sind über 84.000 Namen der Menschen verzeichnet, die im Konzentrationslager Mauthausen ermordet wurden. Neben der schieren Masse an Namen waren es vor allem die vielen Fotos, die mich bewegt haben. Sie zeigen Gesichter, geben den Opfern ihre Einzigartigkeit zurück und machen deutlich, dass hinter jeder Zahl ein Mensch mit Träumen und Familie stand.
Zum anderen das Gespräch mit einer Zeitzeugin. Ihre Mutter hatte zwei geflohene KZ-Häftlinge versteckt – mit der einfachen Begründung, dass auch sie Söhne im Krieg habe. Sie sah die Geflohenen nicht als Feinde, sondern als Menschen, für die irgendwo jemand hoffe, genau wie sie selbst. Dieser einfache, menschliche Gedanke, trotz allen damit verbundenen Risikos, hat mich tief beeindruckt.
Gleichzeitig gab es auch Momente, die mich irritiert haben. Viele Länder haben auf dem Gelände nationale Denkmäler errichtet – einige mit auffällig kriegerisch anmutenden Statuen. Irritierend war auch, dass bei Gedenkfeiern uniformierte Soldaten im Stechschritt Kränze niederlegten – gerade an einem Ort, an dem Uniformen einst eine andere Bedeutung hatten.
Die internationale Gedenkfeier selbst wirkte stellenweise inszeniert. Kameras richteten sich lange auf den spanischen König, während sämtliche politischen Vertreter namentlich genannt wurden – was dem Moment eine bürokratische Schwere gab.
Abschließend bleibt mir das Gefühl, eine wichtige Erfahrung gemacht zu haben, die ich jedem ans Herz legen kann. Besonderer Dank an Silas, Paul, Kilian, Leandra, Oriane, David, Helena, Lena und Frau Weiser – ihr habt dieses Wochenende, trotz der emotionalen Schwere, zu einer unvergesslichen Erfahrung gemacht.
Martin Loch