Um mehr Sicherheit und mehr Autarkie im Bereich der Energieversorgung zu erlangen und gleichzeitig für eine positive Klimabilanz zu sorgen, planen die Kommunen Adelsheim, Roigheim und Schefflenz gemeinsam einen interkommunalen Windpark im Waidachswald auf kommunalen Flächen. Da Windenergieanlagen nach ihrer Fertigstellung nicht mehr auf Rohstoffe und fossile Brennstoffe aus dem Ausland angewiesen sind, ist es folgerichtig, sich als Kommune für den Ausbau von Erneuerbaren-Energie-Anlagen einzusetzen und somit dem gesetzgeberischen Willen, der die Errichtung und den Betrieb von Erneuerbaren-Energie-Anlagen als überragendes öffentliches Interesse klassifiziert, das der öffentlichen Sicherheit dient, Rechnung zu tragen. (1) Windenergieanlagen waren im Jahr 2023 mit einem Anteil von 31,0 % wichtigster Energieträger für die Stromerzeugung in Deutschland. (2)
Windenergieanlagen im Waidachswald
Zum aktuellen Planungsstand der Anzahl der Windräder werden leider immer wieder die unterschiedlichsten Zahlen verbreitet. So ist noch am 21.5.2024 auf der Homepage der Schutzgemeinschaft Waidachswald Folgendes zu lesen:
„Im östlichen Teil des Neckar-Odenwald-Kreises – im Waidachswald von Schefflenz – sollen vierundzwanzig 261 Meter hohe Windräder gebaut werden.“
Tatsächlich ist allerdings bereits seit einiger Zeit bekannt, dass im Waidachswald von Schefflenz aktuell mit 12 Windenergieanlagen geplant wird. Weitere acht Windenergieanlagen sind auf den Waldflächen der beteiligten Nachbarkommunen geplant. Dies wurde auch bereits mehrfach öffentlich kommuniziert.
Nach dem aktuellen Stand soll im Herbst 2024 für insgesamt 20 Windenergieanlagenstandorte eine immissionsschutzrechtliche Genehmigung beantragt werden. Im Rahmen des erforderlichen Genehmigungsverfahrens erfolgen umfangreiche Prüfungen und Abwägungen, die bei vergleichbaren Projekten meist dazu geführt haben, dass im Verfahrensverlauf noch einzelne Anlagenstandorte weggefallen sind. Konkrete Zahlen über die endgültige Anzahl der genehmigungsfähigen Windenergieanlagen sind letztlich erst nach Abschluss des Genehmigungsverfahrens möglich.
Aufgrund intensiver Abstimmungen des Projektierers mit dem örtlichen Fachpersonal ist es gelungen, das Windparklayout so anzupassen, dass die Anlagenstandorte überwiegend im Bereich Fichte 30- bis 50-jährig oder in bereits gerodeten Flächen, die z.B. durch die Borkenkäfermassenvermehrungen und Trockenheit entstanden sind, liegen. Die geplanten Aufforstungen mit trockenresistenten und standortgerechten Baumarten sowie Waldumwandlungsmaßnahmen tragen gleichzeitig dazu bei, das Waldökosystem zu stabilisieren und das Klima durch das Pflanzen von nachwachsenden Rohstoffen zu schützen.
Rückbau, Recycling und Entsorgung
Wird der Rückbau der Windenergieanlagen im Waidachswald erforderlich, lassen sich 80 – 90 % der Komponenten, die metallhaltigen Anlagenteile, die gesamte Elektrik sowie die Fundamente und der Turm (Stahl-, Kupfer-, Aluminium- und Betonkomponenten) in etablierte Recyclingkreisläufe zurückführen. Auch für die aus CFK und GFK Verbundmaterialen bestehenden Rotorblätter gibt es ausreichende Entsorgungskapazitäten. (3) Für den Windpark im Waidachswald ist vertraglich der vollständige Rückbau der Anlagen inkl. der vollständigen Fundamente geregelt.
Verwendung von Tropenholz
Die im Zusammenhang mit der Errichtung von Windenergieanlagen oftmals vorgebrachte Verwendung von Tropenholz zielt in der Regel auf Balsaholz (vom Balsabaum) ab. Der Balsabaum ist eine unkomplizierte, schnell wachsende und nicht bedrohte Pflanzenart, die in Südamerika beheimatet ist. Balsaholz wird u.a. für den Bau von Rotorblättern für Windenergieanlagen genutzt. Für ein durchschnittliches Rotorblatt werden rund 5 – 6 m³ Balsaholz benötigt, was 1 – 3 Prozent des Endgewichts der Windenergieanlage entspricht. Aufgrund der Preisentwicklung von Tropenholz und den ehrgeizigen Recyclingansprüchen der Anlagenhersteller ersetzen immer mehr Hersteller Balsaholz durch speziellen PET- und PVC-Schaum, die das Balsaholz mittelfristig vollständig ersetzen werden. (4)
Verwendung von Schwefel-Hexafluorid (SF6)
Neben der Verwendung von Tropenholz wird häufig auch der Einsatz von SF6 bei Windenergieanlagen kritisiert. Schwefel-Hexafluorid (SF6) ist eine anorganische, chemische Verbindung/ein Gas, die/das hervorragende Isolier- und Lichtbogenlöscheigenschaften vorweist. Es ist weder giftig noch brennbar, äußerst reaktionsträge und findet vor allem dort Anwendung, wo der Platz stark beschränkt ist – bspw. in Schaltanlagen von Windenergieanlagen. Wie alle fluorierten Gase ist auch SF6 klimaschädlich, wenn es entweicht. Laut einem Bericht des Bundesministeriums für Umwelt, Verbraucherschutz und nukleare Sicherheit (BMU) liegt das Risiko einer Leckage bei sachgerechter Wartung und Entsorgung bei weniger als 0,1 % pro Jahr. Im Vergleich zu anderen Branchen ist der Bedarf von SF6 bei Erneuerbaren-Energie-Anlagen sehr gering. Da auch die Anlagenhersteller die Gefahr von SF6 nicht verkennen, wird mit Hochdruck nach Alternativlösungen gesucht. Die in der Vergangenheit umgesetzten Pilotprojekte sind dahin gehend sehr vielversprechend. Im Bereich der Mittelspannungsanlagen gibt es bereits erste Alternativen bis 24 kV am Markt, für 36 kV werden die ersten Anlagen 2024 erwartet. Für Hochspannungsnetzanschlüsse durch z.B. 110-kV Umspannwerke sind auch schon SF6-freie Alternativen verfügbar. (5)
Natur- und Artenschutz
Im Rahmen der in Auftrag gegebenen Gutachten werden die Belange des Natur- und Artenschutzes umfassend untersucht. Hierbei wird auf sämtliche betroffene Arten, insbesondere auf die von der LUBW als windkraftsensibel eingestuften Arten, eingegangen. Aufgrund des hohen Schutzniveaus der Natur- und Artenvielfalt wurden bereits mehrere Standorte gestrichen und verschoben. Im Rahmen des bevorstehenden Genehmigungsverfahrens werden weitere Maßnahmen zum Schutz der Natur und Arten wie bspw. Abschaltzeiten zum Schutz von Fledermäusen, Wander- und Greifvögeln etc. festgelegt.
Vogelschlag
Der NABU geht von einer Vogelschlagzahl für ganz Deutschland „irgendwo zwischen 10.000 und 100.000 pro Jahr“ aus. (6) Zum Vergleich: Über 18 Millionen Vögel verunglücken jedes Jahr in Deutschland durch Kollisionen mit Glas. (7) Die Länderarbeitsgemeinschaft der Vogelschutzwarten geht sogar von bis zu 115 Millionen Vögeln pro Jahr aus, wobei Gebäudeformen wie Bushaltestellen noch nicht einmal berücksichtigt wurden. (8) Damit sind Glasflächen eines der größten Vogelschlagprobleme unserer Zeit. Trotzdem kümmert sich die Windenergiebranche wie auch der Gesetzgeber und die Genehmigungsbehörden umfassend um den Schutz der Tiere. Diverse Abschaltzeiten aufgrund von bspw. Vögeln und Fledermäusen sowie diverse Ausgleichsmaßnahmen zur Schaffung und Erhaltung von Biotopen und Lebensräumen für bedrohte Arten gehören heutzutage zu den Standard-Nebenbestimmungen einer jeden immissionsschutzrechtlichen Genehmigung.
Folgen Vertragsausstieg
Auf der Homepage der Schutzgemeinschaft Waidachswald ist ebenfalls am 21.5.2024 Folgendes zu lesen:
„Wir fordern:
Die Entscheidung, Flächen zur Errichtung von Windindustriekraftanlagen im Waidachswald zwischen Schefflenz, Adelsheim und Roigheim zur Verfügung zu stellen, muss aufgehoben werden! Der Pachtvertrag ist zurückzunehmen …!“
Diese Forderung nach einem aktiven Ausstieg aus dem Vertrag mit der Firma Vattenfall wurde auch in öffentlichen Sitzungen des Gemeinderats von Schefflenz wiederholt in den Einwohnerfragestunden erhoben.
Seitens der Gemeindeverwaltung wurde vorsorglich eine juristische Prüfung beauftragt, um die möglichen Folgen eines solchen Vertragsbruchs einschätzen zu können. Die rechtliche Prüfung kommt eindeutig zum Ergebnis, dass wir im Falle eines Ausstiegs aus dem Pachtvertrag mit Vattenfall regresspflichtig wären.
Die bisher angefallenen Kosten bewegen sich bereits in Millionenhöhe.
Viel schlimmer wäre allerdings, dass wir den entgangenen Gewinn als Regress bezahlen müssten. Hier ist beim vorliegenden Projekt von einem deutlich zweistelligen Millionenbetrag auszugehen.
Weiteres Vorgehen im Projekt
Bevor im Herbst der Antrag auf immissionsschutzrechtliche Genehmigung gestellt wird, wird voraussichtlich im September eine Informationsveranstaltung für die Bevölkerung durch Vattenfall und die beteiligten drei Kommunen Adelsheim, Roigheim und Schefflenz abgehalten.
(1) vgl. § 2 Gesetz für den Ausbau erneuerbarer Energien (Erneuerbare-Energien-Gesetz – EEG 2023), 2024.
(2) vgl. Statistisches Bundesamt „Stromerzeugung 2023: 56 % aus erneuerbaren Energieträgern“, 2024.
(3) vgl. Bundesverband Windenergie e.V. „Rückbau und Recycling von Windenergieanlagen“, 2019.
(4) vgl. Bundesverband Windenergie e.V. „Faktencheck: Balsaholz in Rotorblättern von Windenergieanlagen“, 2022.
(5) vgl. Bundesverband Windenergie e.V. „Faktencheck: SF6-Einsatz in Windenergieanlagen“, 2023.
(6) vgl. Bundesverband Windenergie e.V. „Mythen und Fakten zur Windenergie“, 2021.
(7) vgl. BUND „Vogelschlag – Was tun dagegen?“, 2019.
(8) vgl. Länderarbeitsgemeinschaft der Vogelschutzwarten „Der mögliche Umfang von Vogelschlag an Glasflächen in Deutschland – eine Hochrechnung“, 2017.