Wir haben genau hingeschaut und die Verwaltung um eine Zwischenbilanz gebeten. Seit März 2025 soll die neue Bezahlkarte für Geflüchtete eine sichere, einheitliche und kontrollierte Möglichkeit zur Auszahlung von Leistungen sein, doch was ist daraus geworden? Ist sie wirklich das große Wundermittel, das angepriesen wird?
Hier die wichtigsten Fakten in aller Kürze:
Bisher wurden seit Einführung rund 1.000 Bezahlkarten in der vorläufigen Unterbringung im Landkreis ausgegeben. Für die Anschlussunterbringung rechnen wir mit weiteren ca. 1.500 Karten, die nach und nach verteilt werden. Bei den Leistungsbeziehern in der Anschlussunterbringung, also in der Zuständigkeit unserer Stadt, steigt der Verwaltungsaufwand. Volljährige Leistungsberechtigte nach dem Asylbewerberleistungsgesetz bekommen die Karte, Kinderleistungen werden auf die Karte der Eltern gebucht. Die Nutzerfreundlichkeit lässt noch zu wünschen übrig: Das Kundenmanagement durch den Anbieter ist verbesserungsfähig, der bürokratische Aufwand für die Landkreisverwaltung und unsere Stadt ist höher als bei einem herkömmlichen Bankkonto. Die Karte ist im VISA-System integriert – ähnlich einer Bankkarte. Bezahlen ist möglich, teilweise auch Geldabhebungen bei bekannten Handelsketten. Regionale Beschränkungen gibt es nicht, Überweisungen auf Antrag sind ebenfalls möglich.
Unser Fazit:Der Ruf nach Bürokratieabbau – übrigens genau von denen, die die Karte so vehement gefordert haben – ist bisher nicht angekommen. Wir haben hier ein zwar funktionierendes, aber auch nicht gerade günstiges Bürokratiemonster geschaffen.
Warum wurde die Karte überhaupt eingeführt? Wir fragen uns: Wo liegen die echten Vorteile? Für wen nützt sie wirklich? Es bleibt die Frage: Brauchen wir dieses teure System – oder könnten wir nicht smarter, einfacher und günstiger vorgehen?
Zwei Einrichtungen in LE lagen uns besonders am Herzen und wir haben nachgefragt:
Diakonieladen - Während die Karte im Bernhäuser Laden bereits genutzt wird, arbeitet man in LE noch an der Umsetzung. Sie ist nicht ohne Aufwand, kostet Geld und Zeit. Aber man will niemanden benachteiligen. Deshalb wird auch stillschweigend in Kauf genommen, dass der Laden bei kleinen Beträgen ggf. draufzahlt, das heißt, die Gebühr für die Buchung ist höher als der Einnahmebetrag durch den Einkauf.
s'KämmerLE: „Wir vom KämmerLE unterstützen grundsätzlich alle Maßnahmen, die benachteiligten Menschen zugutekommen – und gehen selbstverständlich auch einen politisch beschlossenen Weg mit, wenn es um die Einführung der Bezahlkarte geht. Gleichzeitig stellen wir uns berechtigte Fragen zum praktischen Aufwand: Welche zusätzlichen verwaltungstechnischen Schritte müssen unsere ehrenamtlich Engagierten dabei künftig leisten, wenn die Bezahlkarte als Zahlungsmittel im KämmerLE akzeptiert werden soll? Und wie viele Spendengelder, die wir unmittelbar sozialen Zwecken zuführen wollen, fließen dann in bürokratische Prozesse oder müssen im Nachgang über formale Stellen zurückgefordert werden? Wir sagen klar: Wir gehen den Weg mit – aber wir wünschen uns dringend, dass mitgedacht wird! Während auf der einen Seite der Ruf nach Bürokratieabbau laut ist, entstehen auf der anderen Seite zunehmend neue bürokratische Hürden – oft genau dort, wo Menschen sich unbezahlt und mit großem Herzen engagieren.“