„Mama, können wir das, was der Onkel uns mitgebracht hat, jetzt essen oder ist das für Weihnachten?“ oder „Darf ich meine Spielsachen später in dieser Schachtel aufbewahren? Sie ist so hübsch.“ Aber auch: „Die Nüsse geben wir den Flüchtlingskindern, denn wir haben keine Zähne, aber den Rest essen wir abends und erinnern uns daran, wie schön das Leben vor dem Krieg war.“
Nachrichten wie diese sind es, die Judith und Joachim Wegner mit ihren Kindern Jason (16), Johann (14) und Jemina (10) immer zutiefst berühren und dazu motivieren, zu helfen. Es sind Reaktionen aus den Regionen Sewersk und Pokrowsk in der Ukraine, wo Flüchtlingsfamilien aus Chasiv Yar sowie ältere Menschen leben, die mit nur 50 Euro Rente auskommen müssen. Gebiete, in denen Hilfe nur selten ankommt, weil der Weg dorthin auch gefährlich ist. Genau dort und in den Flutgebieten in Rumänien sorgten nun allerdings die über 140 Lebensmittelpäckchen, die in der FeG in Bad Schönborn kürzlich gepackt wurden, für große Freude. Das Global Aid Network gGmbh (GAiN) ist ein internationales Netzwerk aus Hilfswerken, Unternehmen und Privatpersonen, mit dem Ziel, in Krisen- und Notsituationen humanitäre Hilfe zu leisten. Der Sitz befindet sich in Gießen.
Der Anfang des mittlerweile mit 10 Nationalbüros in 42 Projektländer aktiven Hilfswerks war eine beschwerliche Reise in Richtung Osten, auf die sich eine Gruppe Freiwilliger am 25. Dezember 1990 mit zwei LKW voller Lebensmittel und Medikamente bei der Aktion „Hungerwinter“ aufmachte.
„Ich kannte die Arbeit von GAiN schon länger durch meine Schwester Lydia und ihrem Mann Christian, die in Hessen wohnen und dort schon seit Jahren aktiv sind“, erzählt Judith Wegner. Unsere Kinder waren jedoch noch klein und es gab immer genug zu tun. Das änderte sich mit dem Krieg in der Ukraine. „Da wusste ich, dass wir unbedingt etwas tun müssen.“
Seitdem hat die Familie Wegner unzählige Pakete, die sie mit Helfern in ihrer Gemeinde, der FeG Bad Schönborn, packten, mit ihrem Auto zu einer GAiN Sammelstelle nach Weinheim gebracht. „Alles ist transparent“, sagt Joachim Wegner. Mit 24.000 ehrenamtlichen und 200 angestellten Mitarbeitern, die sich meist einen Sponsor suchen, wurden 2023 knapp 3600 t Hilfsgüter transportiert. Die Wegners leisten aber auch selbst tatkräftig Hilfe vor Ort. Im letzten Sommer nutzten sie einen Teil ihres Familienurlaubs, um bei einem Baueinsatz in Lettland mitzumachen. „Die Kinder waren sofort von der Idee begeistert“, sagen sie. In diesem Jahr ging es nach ein paar Tagen Sightseeing in Wien nach Ungarn. Auch in dem EU-Land sind infolge des Ukraine-Krieges die Lebenshaltungskosten enorm gestiegen und wie überall auf der Welt, trifft es die Ärmsten am schlimmsten.
Budapest ist eine lebendige Metropole und das Ziel vieler Touristen, aber vor allem im Osten des Landes herrscht oft bittere Armut. Besonders betroffen sind die Sinti und Roma, denen es häufig auch an der lebensnotwendigen Grundversorgung fehlt. Gemeinsam mit einer Gruppe Freiwilliger wurde für eine Mutter mit 14 Kindern, von denen noch 12 in dem viel zu kleinen Haus leben, in nur fünf Tagen ein Anbau errichtet. „Ausgesucht werden Familien, die sich bemühen und in denen es beispielsweise keine Alkoholproblematik gibt“, erläutert Judith Wegner. Riesig war die Überraschung, als der Einsatz ausgerechnet in Kiskunmajsa, der Partnergemeinde Bad Schönborns, stattfand. Das sei reiner Zufall gewesen, der erst am Ortsschild auffiel.
Obwohl der anstrengende Einsatz bei großer Sommerhitze stattfand, sei es eine tolle und bereichernde Erfahrung gewesen. „Wir haben verputzen gelernt und vieles mehr“, sagen die Wegners. Unvergesslich der Moment, als Rosa mit ihren Kindern in den Anbau einzog. Auch im nächsten Jahr möchten die Familie wieder in Ungarn helfen, denn Tochter Jemina hat sich mit Brenda, einer Tochter Rosas, angefreundet, mit der sie nun mit Briefen Kontakt hält und die sie unbedingt wieder besuchen möchte. Zeit, um etwas von Ungarn zu sehen, blieb dennoch.
Seit Dezember gibt es bei der FeG nun eine Sammelstelle für Textilien, die die Familie Wegner mit weiteren Gemeindemitgliedern betreut. Dazu steht jetzt auch eine sogenannte LKW-Wechselbrücke (Container) auf dem Parkplatz hinter dem Gemeindehaus. Gesammelt wird gut erhaltene Kleidung, die in Bananenkisten vorsortiert wird. Aufkleber wie „Sommersachen Mann“ oder „Allwetter Kind“ sorgen dafür, dass vor Ort nicht alles erst geöffnet werden muss. Die Kleidungsstücke müssen noch tragbar, also ohne Löcher und auch gewaschen sein. Reißverschlüsse sollten noch funktionieren, modische Aspekte spielen natürlich keine Rolle. Auch Bettwäsche, Gardinen und Schulranzen können abgegeben werden. Vorerst ist die Abgabestelle dienstags von 17.30 bis 18.30 Uhr geöffnet. (cm)