Passend zum Namen des stimmungsvoll aufspielenden Ukulelentrios hatte man an diesem, in allen Belangen harmonischen, Abend so einiges im „Handgepäck“ – allen voran Anneliese Günther: In ihrer höchst emotionalen Begrüßungsrede ließ sie die letzten 50 Jahre der Freie Wähler-Ortsgruppe Schatthausen Revue passieren: Die ehemals eigenständige Gemeinde Schatthausen war im Rahmen der Verwaltungsreform zum 31.01.1972 nach Wiesloch eingemeindet worden, seitdem gab es einen Ortschaftsrat.
Somit standen die Schatthäuser vor der Herausforderung, ihre kommunalen Interessen in einer sich wandelnden politischen Landschaft selbst zu vertreten. Gemeinsam mit engagierten Bürgerinnen und Bürgern wurde 1975 der Ortsverein der Freien Wähler Schatthausen gegründet, um unabhängig von Parteipolitik sachorientierte Lösungen für diesen Ortsteil zu entwickeln. Mit einem Schreiben teilten die damaligen Freien Wähler Wiesloch mit, dass sie bei der Wahl am 20. April 1975 auch eine Freie Wähler-Liste für den Gemeinde- und Ortschaftsrat aufstellen wollten und Kandidat:innen suchten.
Von da an veränderte sich Anneliese Günthers Leben nach ihren eigenen Worten radikal! In den nächsten Wochen mussten Frauen und Männer, die ohne Erwartung auf irgendwelche Vorteile etwas für ihren Ort tun wollten, gefunden werden. Nach intensiven Gesprächen gelang es, eine Liste für den Ortschaftsrat aufzustellen: Ingeborg Bellgardt, Roland Goldschmidt, Anneliese Günther, Dieter Hoffmann, allseits als Bäckermeister, Einzelhandelskaufmann und ältester Feuerwehrkommandant im Rhein-Neckar-Kreis bekannt, Werner Kiefer, Dieter Lindner, Willi Schmidt, Edgar Specht, und Dieter Weinzierl. Für den Gemeinderat: Anneliese Günther und Dieter Hoffmann. Dieter Hoffmann bekam bei der Wahl die meisten Stimmen der Liste, konnte aber nicht in den Ortschaftsrat kommen, da er der Schwager von Ortsvorsteher Georg Gropp war. Durch diesen Umstand zog Anneliese Günther als erste Frau in den Ortschaftsrat Schatthausen ein. Das war vor 50 Jahren.
Bis heute waren für die Freien Wähler im Ortschafts- und Gemeinderat folgende Schatthäuser:innen vertreten – stets unterstützt von zahllosen aktiven Helfern und Freunden, ohne die die gewählten Räte ihre erfolgreiche Arbeit nicht hätten bewältigen können: Anneliese Günther, Fritz Sandritter, Dr. Dirk Meyer, Harry Schilles, Christel Oswald-Mossemann, Gerhard Reiß, Lutz Römmer, Markus Schmidt, Ulvi Bern und der derzeitige Ortsvorsteher, Nummer 4, Patrick Schulz.
Die Themen im Rat waren im Laufe der Jahre vielfältig gewesen: Die unechte Teilortswahl, der Bau des zweiten Sportplatzes, der Bau des Jugendzentrums, die Gestaltung des Kälberersteinbruchs, der Bau des Feuerwehrhauses, die vier Abschnitte der Ortskernsanierung mit Öffnung des Gauangelbaches, die Verkehrsanbindung nach Mauer, der Umbau der Grundschule, die Erschließung Baugebiet Repsäcker, zweimal eine Bronzemedaille bei „Unser Dorf soll schöner werden, unser Dorf hat Zukunft“ … und … und … und.
„Der wahre Erfolg liegt in der guten Gemeinschaft“, so Anneliese Günther. In diesem Sinne begannen die Freien Wähler frühzeitig jedes Jahr eine gemeinsame Wanderung, auch mit dem Stadtverband, ins Leben zu rufen. Gute Gespräche und gegenseitiges Kennenlernen waren das Ergebnis. Die Freien Wähler setzten ihr Engagement für die Ortsverschönerung über soziale Projekte bis hin zur Förderung des kulturellen Lebens in Schatthausen ein. So entstanden im Laufe der Zeit ein schönes Buswartehäuschen, der Weihnachtliche Dorfmarkt, die Weihnachtsbeleuchtung, der Adventskalender, die Umfrage „Älter werden in Schatthausen“, die „Schatthaiser Leit“, die Transportwagen für den Friedhof, steinerne Blumentröge und nicht zu vergessen 25 Jahre „Schatthäuser Weihnachtsmusik“. Ein bunter Reigen von über 50 Gästen, nicht nur Freie Wähler, auch Vertreter:innen von „Rot“ und „Grün“, war zur Feierstunde gekommen und man hatte das Gefühl, Teil einer großen Familie zu sein. Ortsvorsteher Patrick Schulz führte in souveräner, schlagfertiger und sympathischer Manier durch den Abend.
Gustav Bylow, der mit seiner Gattin Christel anwesend war, erzählte von damals, als er Wiesloch als „liebenswerte Stadt“ entdeckt und zu seiner neuen Heimat auserkoren hatte. Einer Heimat, in der er dann auch Oberbürgermeister geworden war. Gleich zu Beginn hätten er und seine Frau gute Freunde, die Günthers, in Schatthausen kennengelernt und so immer einen positiven Draht zu diesem Ortsteil gehabt. Aus der Fülle von Anekdoten und kleinen Geschichten betonte er besonders den Bau der Dorfscheuer, für welche Anneliese Günther Sponsoren und Pläne „organisiert“ hatte, welche aber ohne die unbändige Kraftanstrengung und Arbeitsleistung des Schatthäuser Kerwevereins sowie die Hilfe von Holzbau Dellinger nicht zustande gekommen wäre. Weitere Highlights seien im Rahmen der Ortskernsanierung „Ganter im Anflug“ und die „Gans“ des weltweit renommierten Künstlers Prof. h. c. Jürgen Görtz gewesen, welche Anneliese Günther unverständlicherweise leider nicht nur Freunde eingebracht hätten. Grete und Helmut Bergdolt (97), bereits 2023 von „Stern“ und „BILD“ als ältester Arzt Deutschlands gefeiert, gaben sich ebenso die Ehre wie Jürgen Schmitt vom Kreisverband, welcher wie Jochen Filsinger, dem Ersten Vorsitzenden der Freien Wähler Wiesloch und, nicht zu vergessen, Oberbürgermeister Elkemann eine Laudatio hielt. Bernhard Hettinger überbrachte Glückwünsche vom FC Fortuna, vom FC Bayern Fan-Club, von der Tennisgemeinschaft und den Landfrauen. Andere Vereine folgten. Brigitte Römmer und Barbara Greiner gratulierten mit einem Blumenstrauß im Namen von Hohenhardter 7.
Natürlich durften an diesem besonderen Abend auch Ehrungen nicht fehlen: Für 50 Jahre treue Mitgliedschaft wurden ausgezeichnet: Anneliese Günther, Ingeborg Bellgardt, Werner Kiefer und Heinz Mayer, für 25 Jahre dessen Sohn Swen Mayer. Sibylle Münch, Gerhard Mossemann und Gerhard Reiß erhielten ein besonderes Dankeschön für ihre Rollen als „stets gute Geister im Hintergrund“. „In Würdigung besonderer Verdienste um die kommunale Selbstverwaltung und den Freie Wähler Landesverband Baden-Württemberg“ überreichte Monika Springer vom Geschäftsführenden Vorstand des Landesverbands die Ehrennadel in Silber an Christel Oswald-Mossemann. Die Ehrennadel in Gold erhielten Anneliese Günther, Fritz Sandritter und Harry Schilles. Gefragt, ob er diese Nadel als angemessene Würdigung seines jahrzehntelangen Engagements betrachte, sagte Schilles, es sei ihm mindestens genauso viel Würdigung, wenn er mal wieder eine „spinnerte Idee“ im Kopf habe, und sich andere dafür begeistern ließen. Ohnehin gehe es den Freien Wählern zuvorderst um die Arbeit für Schatthausen, nicht für irgendeine Gruppierung oder Partei. „Idealismus statt Ideologie“ eben, wie schon Oberbürgermeister Elkemann in seinem kurzen Grußwort formuliert hatte. Vielfalt statt Programm.
Dass bei dieser Feierstunde sehr oft Anneliese Günthers Name fiel, war ihr „nicht so recht“, wurde sie doch nicht müde zu betonen, dass alles, was sie in ihrem Leben erreicht und geschafft hatte, nicht ohne die Hilfe anderer und nicht ohne die gute Zusammenarbeit mit Gleichgesinnten zustande gekommen wäre. Hier nannte sie etwa Hohenhardter 7 – kein Projekt der Freien Wähler, sondern einer bunten Truppe von Enthusiasten.
Als Auftakt zum gemütlichen Teil des Abends ging ein großer Applaus für das phänomenale kalte Buffet an „Manu“ Bern, Christel Oswald-Mossemann, Sibylle Münch und Charlotte Schilles. Schließlich fand manch Gläschen spritziger „Pinot Blanc de Noir“ und auch der eine oder andere leckere „Williams“ aus Fritz Sandritters Brennerei dankbare Abnehmer und so endete ein rundum gelungener Abend unter Freunden mit interessanten Gesprächen und einem Zitat des verstorbenen Dr. Schmidt-Rohr aus seiner Rede zum 40. Jubiläum der Freien Wähler Wiesloch: „Ein bisschen stolz sind wir schon und auch selbstbewusst, dabei bescheiden und mit beiden Beinen auf der Erde.“ (hs/red)