Kronenburger Hof, 17:30. Die Jungs des Männergesangsvereins Freundschaft nehmen Aufstellung. Einer hat statt des chicen Vereinsshirts ein weißes Hemd an, das sieht schwer nach „einen ausgeben“ bei der nächsten Probe aus. Die Zuschauer:innen, die vorher eine halbe Stunde dem sehr guten Duo „Mariacoustic“ gelauscht hatten, werden mit einem zackigen Jägerlied begrüßt. Danach stimmen die Herren gefühlvoll das nächste Lied an, und sowohl mein Sohn neben mir, als auch ich hebe erstaunt den Kopf und lauschen einer wunderbaren Interpretation von Hubert von Goiserns „Weit, weit weg“, für mich eines der schönsten Lieder, das je geschrieben wurde. Das war toll und der erste Höhepunkt dieses wunderbaren Sommerabends.
Zum fünften Mal haben wir gemeinsam mit der Gemeinde dieses Fest veranstalten dürfen, und wir glauben, dass es nun endgültig etabliert und über die Grenzen Dossenheims bekannt ist, da es viele Menschen in unsere Straßen zieht, ein Alleinstellungsmerkmal unserer Gemeinde geworden ist.
Schwierig ist es natürlich für die Künstler:innen, die jeweils als Erste an ihrem Platz den Abend eröffnen müssen. Mit Bravour und viel Ausstrahlung schafften dies in der Museumsscheuer die Tänzerinnen der Flamenco-Gruppe. Petra Müller, Leiterin der Gruppe und der Heidelberger Flamenco-Schule Caña de Azúcar lebt ihre Passion erkennbar. „Flamenco ist grandios, er ist gefühlsbetont, bedeutet Temperament, Leidenschaft und Gemeinschaft“, liest man auf ihrer Homepage. Mit Christian Kiefer begleitet sie ganz hervorragend ein sehr versierter Gitarrist.
Die Plätze wurden aber im Laufe des Abends schnell immer voller, es war ein ziemlicher Fußgängerstrom zwischen den fünf Veranstaltungsorten zu beobachten. Manche waren gezielt mit dem Programm in der Hand oder auf dem Handy unterwegs, andere ließen sich treiben, verweilten spontan, um den einzelnen kleinen Konzerten zu lauschen. Die Fête ist eine wunderbare Möglichkeit, auch für die Musiker:innen, die sich in ihrem Tun nicht dem „Mainstream“ verschrieben haben, eine Auftrittsmöglichkeit zu geben. Somit war das Programm vielfältig und sehr abwechslungsreich, und oft sehr überraschend und ungewohnt. Den Leuten hat dies gefallen, das Konzept funktioniert – darauf sind wir stolz.
26 unterschiedliche Bands, Chöre, Musiker:innen waren am Start, unmöglich für mich, hier alle zu würdigen und zu beschreiben, obwohl ich versucht hatte, viel zwischen den Orten zu pendeln. So habe ich leider die Schülerrockband „NBS Rockstars“ der Neuberg-Schule verpasst, aber, Leute, die Videos, die ich von Euch gesehen habe, und die sehr begeisterten Nachrichten über Euch, die ich erhalten habe, machen klar: Ihr habt den Bahnhofsplatz gewaltig gerockt! Keep on rockin’!
Sehr fröhlichen Volldampf hat auch der Chor „Lust am Singen“ in die Museumsscheuer geliefert, die ihren ganzen harten Fankreis mitbrachten, somit die Scheuer komplett besetzen und für eine sehr ausgelassene Stimmung sorgten. Für das nachfolgende Gitarrenduo „Ebert & Berninger“ keine leichte Aufgabe, dort mit ihren anspruchsvollen Stücken Gehör zu finden, was sie aber dank ihrer verblüffenden Virtuosität sehr gut hinbekamen. Respekt!
Das „lebendigste“ Programm war meines Erachtens dieses Jahr auf dem Rathausplatz zu hören und zu sehen. Erneut beeindruckte die Strada Montana Big Band mit großer Geschlossenheit, Temperament und Spielvermögen: Für mich neu dabei Gitarristin Monia Tahri, die auch als Sängerin sehr überzeugen konnte. Zugabe „We are Family“ von Sister Sledge, das ging voll nach vorne! Danach italienische Gassenhauer mit „Un Pocco di Piu“, dann die tolle Jazz-Formation „Jazzed Friends“ aus Schriese, dann Profi Sven Wittmann mit seiner Formation „Ortsteilcombo“, dann Simon Roughan mit seiner Band „Craig“ und hoch lebendiger irischer Musik – hier war was los!
Sehr sommerliche atmosphärische Stimmung auf dem Vorplatz der katholischen Kirche, wunderbarer Ausblick, das Ganze toll begleitet von den freiwilligen Helfern der Kirchengemeinde (vielen Dank!). Hier überwogen Jazz-Klänge und Harmonien. Ein sehr gelungener Auftritt zum Abschluss dort von dem Duo „Maurice, deux Noirs!“ Danach kamen die Zuschauer der Bitte um Hilfe nach, klappten die Bierbänke zusammen, um sie dann auch noch höchst persönlich in den Keller zu tragen. Vorbildlich, einfach nett, vielen Dank!
Zur selben Zeit beendete das Duo Micah & Tommy den Abend in der Museumsscheuer, fast ausschließlich mit Eigenkompositionen, aber auch Arlo Guthrie’s „Coming into Los Angeles“ war dabei, auch ein Lieblingslied von mir, und aus einer sehr fernen Zeit, als es in den USA irgendwie anders war als heute. Am Kronenburger Hof aber ging es noch einmal richtig und sehr straight zur Sache mit „Green Village“, der Rockband von Tom Heger. An John Hiatt’s „Alone in the Dark“ wurde geschickt das Thema von „The End“ von den Doors gehängt, Zugabe „All along the Watchtower“ von Bob Dylan.
Danach wollte irgendwie keiner nach Hause, die Straßen und der kleine Rest an Dossemer Kneipen blieben voll. Wie kann man aber auch einen solchen Abend besser verbringen, als mit anderen lieben Menschen entspannt bei einem Gläschen?
Wir freuen uns schon auf die Fête de la Musique 2026 in Dossenheim und werden uns bald zusammensetzen und sehr genau überlegen, wo wir uns noch Besseres einfallen lassen können. Am Grundcharakter, wie er von den Erfindern formuliert wurde, werden wir festhalten: freie und vielfältige Musik, ohne Gagen, ohne Eintritt. Das Deutsche Büro der Organisation hat uns mitgeteilt, dass weltweit etwa 1000 solcher Feste am 21.06.2025 stattgefunden haben, ca. 160 davon in Deutschland. Dossenheim ist dabei und amüsiert habe ich in der RNZ gelesen, in Heidelberg gäbe es Überlegungen, auch einmal so was machen …
Danke an die engagierten Mitarbeiterinnen der Gemeinde Mareike de Raaf und Anne Stegmüller, welche die gesamten organisatorischen Vorarbeiten übernommen hatten und auch während des Festes hilfreich permanent präsent waren. Danke auch an die Jungs des Bauhofes für Strom, Sonnenschirme usw. Bei der Hitze kein leichter Überstundenjob.
Wir machen das nächstes Jahr wieder, garantiert! Schon mal im Kalender eintragen: Die Fête de la Musique findet immer am 21. Juni statt, weltweit, und ganz besonders in Dossene! Bewerbungen von aller Art von Musik sind jederzeit möglich über unsere Homepage oder per E-Mail an kontakt@limudo.de.
(Nolze)