Der vor einigen Wochen am Ufer des Titisees stehende Flamingo machte landesweit Schlagzeilen. Woher stammte der normalerweise in südlicheren Gefilden heimische Vogel und was sollte getan werden? Das graue Gefieder deutete eindeutig auf einen Jungvogel hin. Das typische Rosarot ist typisch für ältere Flamingos. Das Tier konnte angeblich unproblematisch eingefangen werden; ob sinnvoll oder nicht, lassen wir mal offen. Auf jeden Fall war das Tier weder beringt noch mit Chip versehen. Das heißt – Wildtier oder Flüchtling aus irgendeinem Gehege. Nach Stand der Dinge ist das Tier gesund, es hat nicht das häufige West-Nil-Virus. Die Behörden diskutieren nun, wohin mit dem Vogel. Naheliegend wäre ein Transport zum Klingnauer Stausee in die Schweiz, wo sich seit geraumer Zeit eine Gruppe von etwa 20 Artgenossen aufhält. Die Schweiz ist allerdings kein EU-Land – den Rest kann man/frau sich denken!? Dass Flamingos nicht unbedingt in der Camargue und südlicher anzutreffen sind, wissen viele nicht. Die nördlichste Brutkolonie existiert seit den 1980er Jahren im Zwillbrocker Venn. Das ist in NRW im Münsterland im Kreis Borken direkt an der Grenze zu den Niederlanden. Es ist eine verwilderte Population aus Rosa- und Chileflamingos. 2025 hatten über 20 Paare bereits mit der Brut begonnen, als urplötzlich alle Flamingos verschwunden waren. Zurück blieben tote Jungvögel und verwaiste Nester. Wahrscheinlich konnte bedingt durch Niedrigwasser ein Beutegreifer an die Nester gelangen. Fotofallen zeigten mehrfach einen Fuchs. Wohin die „Krafttiere“, die angeblich das „Feuer der Liebe“ bringen, hingezogen sind, ist unklar. Die Zwillbrocker Flamingos sind kälteresistent. Bisher verließen sie im September ihr Revier, um in der Provinz Seeland im Südwesten der Niederlande zu überwintern. Bleibt abzuwarten, ob sie 2026 zurückkehren.
Jürgen Schnepf
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