Tiere, Natur & Umwelt

Fliegen für die Liebe – sterben für die Tradition

Grell strahlte die Sonne durch die Gitterstäbe auf mein weißes Gefieder. Es war nicht oft, dass ich die Wärme der Sonnenstrahlen auf meinem Körper...

Grell strahlte die Sonne durch die Gitterstäbe auf mein weißes Gefieder. Es war nicht oft, dass ich die Wärme der Sonnenstrahlen auf meinem Körper spüren konnte. Dennoch konnte ich sie nicht genießen, denn, als wäre der Stress der letzten Stunden nicht überwältigend genug gewesen, wurde ich zu meinem Leiden plötzlich aus dem Käfig genommen und in ein Paar fremde Hände übergeben. Angsterfüllt sprangen meine Augen umher, auf der Suche nach etwas Vertrautem. Stattdessen blickten mir fremde Gesichter entgegen und ein tosendes Chaos aus Stimmen, Klatschen und Musik dröhnte auf mich ein. Hilfesuchend blickte ich in die wenigen Gesichter, die mich anschauten – doch vergebens, sie blickten zwar in meine Richtung, aber sie nahmen mich nicht wahr. Meine Muskeln verkrampften und wie gelähmt ließ ich alles über mich ergehen. Abrupt wurde ich aus meiner Schockstarre gerissen, als ich auf einmal in die Luft geworfen wurde. Verzweifelt versuchte ich mein Gleichgewicht zu halten. Ich wollte nur noch fort. Unter mir konnte ich nur noch das Jubeln wahrnehmen, das höhnisch meine Flucht begleitete. Ich war frei – aber zu welchem Preis?

Diese Frage stellen sich auch viele Hochzeitspaare, allerdings in einem ganz anderen Kontext. Die schönste, am Strahlen weißeste Taube soll als Symbol für Frieden, Treue und Liebe am Tag der Hochzeit aufgelassen werden. Was für das Brautpaar der schönste Tag des Lebens ist, stellt für Hochzeitstauben einen Tag von immensem Stress oder gar dem Tod dar. Denn was viele nicht wissen oder geflissentlich ignorieren, ist, dass die Tauben nach dem Freilassen oft nicht zurück in ihren Heimatschlag finden. Wie auch bei Brieftauben werden die Tauben von ihrem Partner getrennt und sollen durch diese sogenannte Witwermethode zurück in ihren Schlag finden. Während andere Tauben einen ausgeprägten Orientierungssinn haben, wird dieser bei Hochzeitstauben jedoch hinten angestellt – nach ihrem weißen Gefieder. Wieder einmal müssen Tiere leiden, weil Menschen sie nur für ihren wirtschaftlichen Nutzen sehen. Man könnte meinen, dass sie sich doch den Stadttauben anschließen könnten, wie andere ausgesetzte Tauben auch. Allerdings sind Hochzeitstauben in der Natur und in städtischer Umgebung nicht lebensfähig – sie verhungern, verdursten oder fallen aufgrund ihres weißen Gefieders Greifvögeln zum Opfer. Diese grausame Realität stellt ein ernsthaftes Problem dar, das oft ignoriert wird. Laut Tierschutzgesetz ist es übrigens verboten, Tiere auszusetzen – genau das passiert jedoch mit den Tauben bei Hochzeiten.

Wenn ihr darüber nachdenkt, Tauben zu eurer Hochzeit aufsteigen zu lassen, entscheidet euch den Tieren zuliebe bitte dagegen. Für euch mag es eine große symbolische Bedeutung haben, aber für die Tauben ist dieser Tag nur mit enormem Stress und Leiden verbunden.

Letztes Jahr haben wir mehrfach weiße Tauben in Ettlingen gesichtet, die vermutlich bei Hochzeiten aufgelassen worden sind. Falls ihr eine weiße Taube seht, zögert nicht, sie zu sichern oder uns Bescheid zu geben. Vermutlich wird es sich um eine Hochzeitstaube handeln, die ohne eure Hilfe dem Tod ausgesetzt ist. Seht nicht weg und rettet ein Leben.

Könnt ihr euch auch vorstellen, uns persönlich zu unterstützen? In unserem Verein gibt es verschiedene Möglichkeiten zur Mithilfe. Meldet euch gern unter stadttaubenhilfeettlingen@gmail.com oder telefonisch unter 01575 5598131. Weitere Informationen findet ihr auch auf unserer Homepage www.stadttaubenhilfe-ettlingen.de

Erscheinung
Amtsblatt Ettlingen
Ausgabe 13/2025
Dieser Inhalt wurde von Nussbaum Medien weder erfasst noch geprüft. Bei Beschwerden oder Anmerkungen wenden Sie sich bitte an den zuvor genannten Erfasser.

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