Im Gaggenauer Stadtwald wird derzeit eine mittelfristige Planung für den Zeitraum 2025 bis 2034 erstellt, die sogenannte „Forsteinrichtung“. Dazu gibt es regelmäßige Waldbegehungen. Die Forsteinrichtung findet alle zehn Jahre statt; nach fünf Jahren gibt es eine Zwischenrevision.
Anna Rommel von der Forstdirektion führt diese Planungen in enger Abstimmung mit den örtlich zuständigen Forstleuten und den Ansprechpartnern der Stadt Gaggenau durch.
Im Vorlauf erfolgte eine gründliche Wald-Inventur auf Basis von Messungen und Zählungen an insgesamt 765 systematisch über den Stadtwald verteilten Stichprobepunkten. Untersucht wurde vieles: der Durchmesser der Bäume zum Beispiel, die Menge des Holzes, die Naturverjüngung, aber auch der Wildverbiss.
Die Planungen der Forsteinrichtung setzen mittelfristige Pflege- und Nutzungsschwerpunkte und berücksichtigen die zahlreichen ökologischen Besonderheiten im Gaggenauer Wald. Dabei wird streng auf Nachhaltigkeit geachtet: Es darf nicht mehr Holz genutzt werden als nachwächst. Genutzt wird das Holz zum Bauen, für Papier, als Brennholz, für Paletten, aber inzwischen auch für Textilien (Viskose). „Genutzt wird wirklich alles, was sich verwerten lässt“, erklärt Jochen Müller.
Abgestorbene Baumstämme, vertrocknete Kronen und Reisig-Haufen bleiben als Totholz liegen. „Wir werden deshalb immer wieder gefragt: Warum räumt ihr eigentlich den Wald nicht auf?“, sagt Müller. Dieses Totholz bietet nicht nur Käferarten und auch Vögeln einen Lebensraum, sondern versorgt durch Verrottung den Wald mit wichtigen Nährstoffen. Nach dem Orkan Lothar Ende 1999 ist nun in Gaggenau wieder die normale Menge an Holz im Wald erreicht.
Ein wichtiger Aspekt ist zudem, dass die Wälder möglichst anpassungsfähig gemacht werden für die wohl größte Herausforderung dieser Zeit: den Klimawandel. „Seit 2018 haben wir mit extrem heißen und trockenen Wäldern zu kämpfen“, stellt Jochen Müller fest. „Erst in diesem regenreichen Jahr hat sich der Wasserspeicher wieder aufgefüllt.“
Extreme Trockenheit wirkt sich auch auf den Baumbestand aus. Besonders litten heimische Baumarten wie Buchen und Kiefern unter der extremen Trockenheit und Hitze. „Wir haben festgestellt, dass von den heimischen Arten die Eiche am stabilsten ist“, erläutert Anna Rommel. „Entsprechend fördern wir das Wachstum dieser Baumart.“ Dies geschieht zum Beispiel, indem um gesunde Eichen herum genügend Lichtraum geschaffen wird. Andere Bäume, die der Eiche das Licht nehmen, werden bewusst entfernt. Junge Eichen müssen besonders vor Verbiss geschützt werden: Haben Rehe die Wahl, fressen sie am liebsten die jungen Triebe der Eichen ab – und hindern sie damit am Wachstum. Doch nicht nur die Eiche findet in den Gaggenauer Wäldern ihren Platz, sondern auch viele andere Laub- und Nadelbaumarten. Einem Mischwald kann der Borkenkäfer nicht viel anhaben, der in den vergangenen Jahren vor allem in reinen Nadelwäldern großen Schaden angerichtet hat.
Der Forst setzt hauptsächlich auf Naturverjüngung. Denn, so Anna Rommel: „Die Bäume, die sich selbst im Wald verbreiten, gelten als widerstandsfähiger als Arten, die neu angepflanzt werden.“ Aufgrund der Schnelligkeit des Klimawandels wollen die Forstleute ergänzend Baumarten setzen, die als hitzebeständig gelten, aber im Gaggenauer Wald bislang noch nicht vorkommen. Am Kaiserstuhl sind sie schon verbreitet. Dazu gehören etwa die Flaumeiche aus dem Mittelmeerraum und die Baumhasel, die ihre natürlichen Wurzeln im Kaukasus und in der Türkei hat.
Bei der Stadt Gaggenau ist Monika Rutschmann für städtische Liegenschaften verantwortlich und so auch für den 1.616 Hektar großen Stadtwald. Im Wald am Hummelberg verschaffte sich Bürgermeister Andreas Paul, zu dessen Dezernat die Liegenschaften gehören, sich dieser Tage einen Eindruck vom Fortschritt der Planungsbegänge.
Sobald diese Fachplanungen abgeschlossen sind, werden die Ergebnisse voraussichtlich Anfang 2025 im Gemeinderat vorgestellt.