„Leidenschaft, Spielfreude, Authentizität“ – mit diesen vielversprechenden Worten wurde das Konzert des Freiburger Barockorchesters am vergangenen Freitag im Wieslocher Palatin im Programmheft des Abends angekündigt.
Das Orchester musiziert seit nunmehr drei Jahrzehnten in den großen Sälen der Welt nicht nur Werke aus dem Barock, auch Stücke aus anderen Epochen stehen immer wieder auf dem Programm. Das Anliegen, Musik in ihrer ursprünglichen Weise zu spielen, so wie in der Entstehungszeit des jeweiligen Werkes musiziert wurde, ist ein Hauptanliegen des Freiburger Barockorchesters.
Das Programm des Abends im Palatin wies ausschließlich Werke auf, die in der ersten Hälfte des achtzehnten Jahrhunderts entstanden sind, von Komponisten also, die sich untereinander oder auch nur die Kompositionen der anderen gut kannten. Dadurch bot sich dem Publikum ein spannender Vergleich der Besonderheiten aber auch Gemeinsamkeiten der Musik an den Höfen in Köthen, Dresden und in Venedig.
Eröffnet wurde der Abend mit dem Stück „Hipocondrie à 7 Concertanti“ des tschechischen Komponisten Jan Dismas Zelenka, entstanden 1723 in Dresden. Zelenka bot dem Publikum mit seiner Musik Einblicke in verschiedene Facetten der Psyche eines Menschen, womöglich hat er mit diesem Werk auch sein eigenes Heimweh in der Fremde beschrieben. Das Orchester musizierte dieses wenig bekannte, aber interessante Konzert von Beginn an mit straff gefasster Bewegung. Die Klangfarben der verschiedenen Instrumente wurden sehr schön hervorgehoben und gegen ein kräftiges Tutti abgesetzt. Auch schlichte Themen konnten durch das überaus engagierte Spiel des Orchesters wirkungsvoll in Szene gesetzt werden.
Antonio Vivaldis Concerto per molti Instrumenti g-Moll RV 576 öffnet dem Zuhörer eine etwas andere Welt. Hier bot das Orchester unter der Leitung von Gottfried von der Goltz ausgelassene Spielfreude. Der Anfang des Concertos war äußerst wirkungsvoll gestaltet; der Hörer wähnte sich quasi wie in einem Theaterstück, wenn die verschiedenen Charaktere die Bühne betreten. Äußerst exaktes Zusammenspiel der Streicher, prächtig aufgelegte Flöten und Oboen und eine Continuo-Gruppe, die auch den geringsten musikalischen Wendungen noch größte Aufmerksamkeit widmete, zeigten in einer perfekten Interpretation, wie die Musik des venezianischen Komponisten ein Publikum begeistern kann.
Johann Sebastian Bachs berühmte Orchestersuite Nr. 2 h-Moll BWV 1067 stand am Ende des ersten Teils des Konzertabends. In diesem schönen und auch sehr eingängigen Werk konnte Daniela Lieb mit der Traversflöte wunderbare Akzente setzen, ganz besonders mit der virtuosen Solopassage in der abschließenden Badinerie. Vielleicht hat der eine oder andere Besucher verstohlen auf das Mobiltelefon geschaut – aber so warmtönig und charmant ist es von dort sicher nicht zu hören. Das Freiburger Barockorchester in kleiner solistischer Besetzung setzte auch bewusst die gefasste Eleganz der höfischen Tänze wie beispielsweise die Sarabande mit ihrem großen Spannungsbogen und das Menuett gegen die freier musizierten eher volkstümlichen Tänze. Hier zeigten sich die Musiker auch bei agogischen Verzögerungen in vollkommener Harmonie und manche Phrase wurde auch bei mehrfacher Wiederholung wie eine absolute Neuheit dargeboten. Das Wieslocher Publikum dankte mit viel Applaus für diesen unterhaltsamen ersten Teil des Abends.
Der zweite Teil des Programms war bestimmt von den Brandenburgischen Konzerten Johann Sebastian Bachs. Die Werke waren in seiner Köthener Zeit entstanden, die Widmung der Partitur an den Markgrafen gab den Konzerten ihren Namen. Aus heutiger Sicht ist völlig unverständlich, dass sie 130 Jahre verschollen waren, handelt es sich doch um die großartigste konzertante Musik ihrer Zeit.
Mit den Konzerten Nr. 3 und Nr. 4 bot das Ensemble pure barocke Lebensfreude. Leichtfüßig dahin springendes Spiccato in flotten Tempo in den Soloabschnitten der Streicher und eine wirkungsvolle Klanggestaltung im Tutti mit durchgezogenem Strich waren hier technisch perfekt eingesetzt. Dadurch wurde die Musik des großen Meisters in allen Passagen durchsichtig gestaltet, auch kleine Motive der Begleitstimmen wurden so immer deutlich hörbar gespielt, größte Exaktheit im gemeinsamen Spiel wurde dadurch möglich. Der vollständige Verzicht auf das Vibrato lässt den Klang der Streicher in manchen Abschnitten jedoch etwas blass erscheinen. Gottfried von der Goltz konnte im zweiten Satz des dritten Konzerts, der oft nur mit wenigen Akkorden gespielt wird, mit einer kleinen Kadenz geschmackvoll bereichern. Der Schlusssatz des vierten Konzerts bot wieder musikalische Leidenschaft pur in rasendem Tempo. Hier konnte besonders die Sologruppe mit Violine und den beiden Blockflöten wirkungsvoll virtuose Akzente setzen.
Zwischen den beiden Brandenburgischen Konzerten Johann Sebastian Bachs bot das Orchester eines der zahlreichen Konzerte des Antonio Vivaldi dar, hier sollte besonders die innige Gestaltung des zweiten Satzes durch die beiden konzertierenden Oboen und des Continuo Erwähnung finden. Das Publikum bedankte sich für diesen wunderbaren, der Musik des Barock gewidmeten Abend mit lang anhaltendem Beifall. Als Zugabe bot das Freiburger Barockorchester nochmals mit authentisch gestalteter leidenschaftlicher Spielfreude einen Satz des italienischen Meisters aus der Reihe der Stücke, die er für das Dresdener Orchester komponiert hatte. (woth)