Im Gemeinderat wurde auf Antrag von Bündnis 90/die Grünen über den Beitritt der Stadt zum Rainbow Cities Network diskutiert. Für uns hat Paula Glogowski die Stellungnahme gehalten:
„Als Liberale stehen wir klar gegen jede Form von Hass, Hetze und Diskriminierung. […] Wir leben in einem liberalen Rechtsstaat – doch dass die Gleichheit aller Menschen gesetzlich verankert ist, bedeutet noch lange nicht, dass sie auch gesellschaftlich immer gelebt wird. Nach wie vor erfahren queere Menschen Ausgrenzung, Stigmatisierung und auch Gewalt […]. Seit 2010 haben sich laut Bundeskriminalamt die registrierten Straftaten im Bereich 'sexuelle Orientierung' und ‚geschlechtsbezogene Diversität‘ nahezu verzehnfacht […]. Auch hier in Walldorf gibt es Anzeichen dafür, dass Akzeptanz noch keine Selbstverständlichkeit ist: Als die KJG 2021 vor der Kirche ein Regenbogenbanner mit der Aufschrift 'Liebe ist keine Sünde' anbrachte, wurden das Banner und die begleitenden Infomaterialien von Unbekannten entfernt.
Deshalb ist es richtig, dass wir über Maßnahmen nachdenken, wie wir queere Menschen besser schützen können. Aber wir sollten dabei nicht nur eine einzelne Gruppe in den Fokus rücken. Unser Ziel muss eine umfassende Sensibilisierung für alle Formen von Diskriminierung sein. Denn auch im digitalen Raum zeigt sich: Hass richtet sich oft gebündelt gegen verschiedene marginalisierte Gruppen, beispielsweise auch Menschen mit Migrationshintergrund oder Menschen mit Behinderung.
Ein Satz, der in Diskussionen immer wieder fällt, ist: „Wir müssen Politik für die Mehrheit machen.“ Auf den ersten Blick scheint das richtig zu sein. Doch wir sind der Überzeugung: Unser Anspruch muss darüber hinausgehen. Wir müssen nicht nur Politik für die Mehrheit, sondern für alle Menschen machen. […] Eine gerechte und solidarische Gesellschaft erkennt sich nicht daran, wie sie die Mehrheit behandelt, sondern wie sie mit Minderheiten umgeht. Menschenrechte sind keine Sonderrechte. […]
Gleichzeitig möchten wir betonen: Es wird bereits einiges in Walldorf getan […]. Mit Plus e.V. haben wir ein bestehendes Beratungs- und Unterstützungsangebot für queere Menschen. Wir danken dem Verein für seine wertvolle Arbeit hier in Walldorf. Und am Schulzentrum wurden nach Wunsch der Schülerinnen und Schüler Unisex-Toiletten eingerichtet. Diese konkreten Maßnahmen zeigen: Wir nehmen Anliegen ernst und handeln pragmatisch.
Wie sieht es nun mit dem zu behandelnden Antrag aus? Für uns ist klar: Symbole sind bedeutsam – sie können Orientierung geben, Haltung zeigen und Aufmerksamkeit schaffen. Aber: Symbolik allein reicht nicht aus. […] Der Antrag der Grünen bleibt aus unserer Sicht jedoch auf der Ebene der Symbolpolitik stehen. Wir möchten daher heute nicht über diesen Antrag abstimmen, da er aus unserer Sicht die Probleme nicht an der Wurzel greift und sich zudem nur auf eine von Diskriminierung bedrohte Gruppierung fokussiert. Daher bringen wir gemeinsam einen Änderungsantrag ein: Das gesamte Thema soll zur weiteren Beratung in den Sozialausschuss überwiesen und dort auch auf andere diskriminierte Gruppen - beispielsweise Menschen mit Migrationshintergrund oder einer Behinderung – ausgeweitet werden. Dort kann gemeinsam mit Expertinnen, Experten erarbeitet werden, welche Maßnahmen für Walldorf tatsächlich sinnvoll und umsetzbar sind.
Gibt es in Walldorf Potenzial für Verbesserungen? Sicherlich. Und genau deshalb befürworten wir diesen differenzierten Weg. […] Wenn wir uns für Offenheit, Toleranz und Vielfalt einsetzen, ist das kein Zeichen für irgendeine ‚Minderheitenpolitik‘, sondern Ausdruck einer freiheitlichen und solidarischen Gesellschaft. Wir danken den Grünen daher für das Einbringen dieses Themas. Und jetzt braucht es eine echte und ernsthafte Auseinandersetzung und ein Handeln, das über Symbole hinausgeht.“
Wir respektieren unterschiedliche Meinungen in politischen Debatten. Doch wenn Aussagen Menschen abwerten oder sie in Schubladen stecken, ziehen wir von der FDP eine Grenze. Wir distanzieren uns mit allem Nachdruck von allen abwertenden Äußerungen, die im Rahmen der Sitzung gefallen sind, die Menschen verletzt und stigmatisiert haben. Solche Äußerungen entsprechen nicht dem Geist einer offenen Gesellschaft, dem liberalen Verständnis von Vielfalt und Menschenwürde und auch nicht unserer Haltung als FDP-Fraktion.