Im Rahmen der 42. Baden-Württembergischen Literaturtage gab es am Samstag, 22.3.2025 ein ganz besonderes Konzerterlebnis in der Stadthalle Ettlingen. Das Sinfonieorchester Ettlingen brachte unter der Leitung von Judith Mammel verschiedene Musikstücke zum Thema „Heimat(en)“ der Literaturtage zu Gehör. Ergänzt wurde die Musik durch verschiedene Textbeiträge, vorgetragen durch den in Ettlingen bestens bekannten Schauspieler Carsten Dittrich.
Die erste Konzerthälfte bestand aus Stücken der beiden Peer-Gynt-Suiten von Edvard Grieg. Dieses Werk stellt einen Abenteurer in den Mittelpunkt, der bewusst seine Heimat verlässt. Carsten Dittrich ergänzte die bekannten Melodien mit einer szenischen Lesung einer Kurzfassung des Gedichts „Peer Gynt“ von Henrik Ibsen. Dadurch bekam der Zuhörer einen komplexen Gesamteindruck des Werks und konnte dank der lebhaften Illustration durch Carsten Dittrich völlig in das Abenteuer von Peer Gynt eintauchen. Das Orchester entwickelte satte Klangfarben und erfreute die Zuhörer mit großer Präsenz. Auch die zurückhaltenderen Sätze (z. B. „Solveigs Lied“) entfalteten sich atmosphärisch und ergreifend.
In der zweiten Konzerthälfte standen zunächst Werke zweier Komponisten auf dem Programm, die einen Heimatverlust durch Exil erlitten haben. Béla Bartóks „Intermezzo interrotto“ aus seinem „Concerto for Orchestra“ ist geprägt von Taktwechseln und mutet dadurch vielleicht beim ersten Hören etwas sperrig an. Jedoch enthält das Musikstück eine kleine Persiflage auf Franz Lehár und damit eine indirekte politische Abrechnung mit Hitler und dem Dritten Reich und zeigt so, wie manche Komponisten im Exil mit ihrer Situation umgingen.
Mieczyslaw Weinberg gehört leider erst seit kurzem zu den bekannteren Komponisten des 20. Jahrhunderts. Seine „Rhapsodie über Moldawische Themen“ erklang mitreißend, rhythmisch raffiniert und mit viel Spielfreude (und war dankenswerterweise als Ausschnitt auch noch einmal als Zugabe zu hören).
Den Abschluss bildete „Aus Böhmens Hain und Flur“ aus Bedrich Smetanas Zyklus „Mein Vaterland“ – ein Werk, das wie kaum ein anderes für Heimatverbundenheit steht und in schwelgerischen Passagen Smetanas Gefühle für seine Heimat sehr plastisch zum Ausdruck bringt.
Verbunden wurden die drei Werke dieser zweiten Konzerthälfte mit Gedichten von Mascha Kaléko, Bertolt Brecht und Bettina von Arnim. Die Texte – aktueller denn je! – ergänzten die musikalischen Werke sehr gelungen durch eine ruhige und nachdenkliche Komponente.
Stehende Ovationen waren der verdiente Lohn für einen eindrucksvollen, vielfältigen Konzertabend!
Im Anschluss an das Konzert wurde Judith Mammel nach 23 Jahren überaus erfolgreicher und prägender Arbeit am Dirigierpult des Ettlinger Sinfonieorchesters im Rahmen einer kleinen Feier vom Orchester verabschiedet.
Die Nachfolge der künstlerischen Leitung tritt Dominik Graumann an. Das erste Konzert unter seiner Leitung findet am 18.10.2025 in der Ettlinger Stadthalle statt.