Folge 7
Zeugen, die nicht sprechen konnten
Grundstücke zu vermessen ist und war die Aufgabe der Geometer mit ihren Messgehilfen. Heutzutage setzt man moderne Technik ein, zum Beispiel Computer, elektrooptische Mittel und sogar GPS. Ein früheres Mittel für die Messgehilfen, die „Untergänger“ genannt wurden, waren die „Zeugen“. Die Untergänger führten die „Verzeugung“ durch. Dabei legten sie unter oder neben dem Grenzstein oben nicht sichtbare Marken, eben „Zeugen“. Die Zeugen konnten aus Kohlen, Eierschalen, Scherben, zerschlagenen Steinen oder Ziegeln bestehen. Diese Scherben mussten zusammenpassen, um als Beweise zu dienen. Zum Beispiel bei Meinungsverschiedenheiten über die Grenze. Deshalb sollten die Untergänger gute Eigenschaften haben. So steht in einer Schrift von 1786 über die Untergänger: „Es sollen nämlich gottesfürchtige, der evangelisch-lutherischen Religion zugetan, verständige, eheliche, verschwiegene, unverleumdete und volljährige Leute sein.“ Normalerweise wurden die Untergänger aus den Reihen der Gemeinderäte gewählt. Untergänger wurden auch gebraucht, wenn sich 2 Nachbarn über die gemeinsame Grenze stritten.
Im Laufe der Zeit haben die Untergänger schönere Zeugen verwendet. Dazu wurden Steine und Ziegelbrocken zu Ton verarbeitet und daraus Täfelchen gebrannt. Diese trugen Ortsnamen und Wappen. Solche sind zum kleinen Teil in unserem Museum vorhanden und weitere auch in unseren Nachbarorten.
Anbei eine kleine Übersicht über Zeugen aus unserem Stadtgebiet.
Laut einer Rechnung der Firma August Weber Tonwarenfabrik in Delkhofen bei Spaichingen wurden der Stadt Forchtenberg 1953 über 1.000 Marksteinzeugen geliefert. Auf den 6 x 6 cm großen Tontäfelchen ist wie im Stadtwappen der heilige Michael als Drachentöter dargestellt. Die Rechnung wurde vom Messgehilfen Müller bestätigt und vom damaligen Bürgermeister Adolf Hebeiß zur Zahlung angewiesen. In den Archiven sind Rechnungen und Frachtbriefe vorhanden, jedoch sind die Zeugen zum größten Teil verschwunden. Wo die Tontäfelchen geblieben sind, ist unklar, da ja in neuerer Zeit nicht mehr verzeugt wurde.
(Quelle für Text und Fotos: Otto Zeller, „Geheime“ Grenzstein-Zeugen im Hohenlohekreis, hier zusammengestellt von Mitarbeitern des Kernmuseums)