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Ganz schnell wieder auf den Beinen

Ein einfaches Röntgenbild reicht Dr. Matthias Hauger schon aus, um zu sehen, was bei seinen Patientinnen und Patienten los ist im Gelenk – ist der Knorpel...
Schwungvoll und sachkundig erklärte Chefarzt Dr. Matthias Hauger seinen zahlreichen Zuhörern, welche Behandlungsmöglichkeiten es gibt bei Arthrose in Hüfte und Knie.
Schwungvoll und sachkundig erklärte Chefarzt Dr. Matthias Hauger seinen zahlreichen Zuhörern, welche Behandlungsmöglichkeiten es gibt bei Arthrose in Hüfte und Knie.Foto: Klinikum Landkreis Tuttlingen

Ein einfaches Röntgenbild reicht Dr. Matthias Hauger schon aus, um zu sehen, was bei seinen Patientinnen und Patienten los ist im Gelenk – ist der Knorpel verschlissen, der die Knochen im Gelenk schützt, tut’s richtig weh. Bei 100 Kilogramm Körpergewicht ruft jeder Schritt eine Impulsbelastung von 180 Kilogramm hervor, bergab knapp 700 Kilogramm. Die Knochen reiben dann direkt aufeinander, was zu Schmerzen und Entzündungen führt. Die Diagnose lautet: Arthrose. Bis zu acht Millionen Menschen in Deutschland, vor allem Ältere, leiden darunter; Ärzte sprechen deshalb von einer „Volkskrankheit“.

„Die Hüfte muss viel aushalten“, sagt Dr. Hauger. „Deshalb ist das Körpergewicht eines Arthrosepatienten ganz entscheidend“. Im Zuge der Vortragsreihe „Ärzte im Dialog“ erklärte er einem großen Publikum im Konferenzraum des Klinikums Landkreis Tuttlingen (KLT), worin die wesentlichen Ursachen der Arthrose liegen und welche Behandlungsmöglichkeiten es gibt. Bei solchen Gelegenheiten spricht der erfahrene Chefarzt der Klinik für Unfallchirurgie und Orthopädie immer Klartext: Spritzen und Akupunktur helfen aus seiner Sicht nicht wirklich. Wenn die konservativen Behandlungsmethoden – im Wesentlichen eine Ernährungsumstellung und Bewegungstraining – ausgereizt sind, muss eben der Chirurg ran.

Der kann gelenkerhaltend operieren oder aber eine Endoprothese einsetzen. Bei gelenkerhaltenden Verfahren liege die Komplikationsrate deutlich höher, erläuterte Dr. Hauger. Bei älteren Patienten sei deshalb in der Regel ein künstliches Gelenk die erste Wahl. Die Operateure des KLT sind bei solchen OPs sehr routiniert; diese dauern bei Hüfte und Knie nicht einmal eine Stunde, und zwei bis drei Stunden später sind die Patienten schon wieder auf den Beinen. Das ist der Tatsache geschuldet, dass minimalinvasiv – also patientenschonend – operiert wird, und zwar unter Vollnarkose, wonach der Operierte schnell wieder gehfähig ist und an Gehhilfen nach unglaublichen zwei bis drei Stunden schon wieder unterwegs sein kann. Wer es nicht glaubte, ließ sich von den Videos überzeugen, mit denen Dr. Hauger diese „Super Fast Track“-Methode vorführte. Besonders beeindruckt waren die Zuschauer von der Tatsache, dass die Tuttlinger Chirurgen häufig in beiden Hüften oder beiden Knien gleichzeitig Endoprothesen einsetzen.

Für den nachhaltigen Erfolg braucht es freilich auch das richtige Material. Bei künstlichen Hüftgelenken könne man dank neuer Werkstoffe von einer Standzeit von bis zu 30 Jahren ausgehen, meint Dr. Hauger, eine Knieprothese hält immerhin bis zu 20 Jahre. Der Chefarzt arbeitet auch hier vorausschauend: „Wir verwenden hier in Tuttlingen fast ausschließlich Kurzschaftprothesen, die wir nicht einzementieren.“ Das gibt dem Oberschenkelknochen mehr Flexibilität, ist schnell erledigt und ebenso schnell belastbar. Auch eine allergische Reaktion des Patienten gegen Knochenzement ist ausgeschlossen, und falls es notwendig wird, lässt sich das Implantat auch leichter wechseln. Heutige Prothesen sind mit einer Oberfläche beschichtet, die einen „umgekehrten Lotoseffekt“ hervorrufen – der Knochen wächst besonders schnell ein, und der Gelenkersatz hält bombenfest. Bei Gelenkkopf und -pfanne schwört Dr. Matthias Hauger auf den Werkstoff Keramik, denn hier ist auch bei starker Belastung Abrieb ausgeschlossen.

Nicht arbeitstäglich, aber immer wieder mal lösen Dr. Hauger und seine Ärzte auch überaus knifflige Spezialaufgaben – bei Unfallopfern etwa können sie standardisierte OP-Verfahren oft nicht anwenden und müssen daher mit Spezialprothesen arbeiten. Der Aufwand ist beträchtlich und erfordert großes Know-how: In solchen Fällen wird im Computertomographen ein 3D-Modell des Kniegelenks aufgenommen, nach dem in den USA patientenspezifische Spezialschablonen für notwendige Sägeschnitte gefertigt werden, die die Chirurgen setzen müssen, um das Implantat solide zu fixieren.

Nach erfolgreicher Reha können viele Patienten mit ihrem Gelenkersatz sogar auch wieder sportlich aktiv werden, Rückenschwimmen, Kraulen und Wandern sind die Disziplinen, die Dr. Matthias Hauger empfiehlt. Bei „Ärzte im Dialog“ ordnete er realistisch ein, was Ärzte leisten können: „Wir vollbringen keine Wunder, wir lindern lediglich Beschwerden.“ Im Allgemeinen jedoch seien die Patienten, die im KLT versorgt werden, sehr zufrieden.

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Ausgabe 24/2025
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