In der Vergangenheit Waldbronns dürfte es nur wenige Geschichten geben, die so tragisch sind, wie die Geschichte von Schwester Manfreda. Sie war am 24. März 1887 in Kronau als Tochter des Landwirtes und langjährigen Kronauer Gemeinderates Heinrich Just geboren worden. Marie Just, wie Schwester Manfreda mit bürgerlichem Namen hieß, galt als freundlich und heiter. Im Jahre 1911 trat sie dem Franziskanerorden bei und arbeitete spätestens ab den frühen 1920er Jahren als eine von zwei Nonnen im Busenbacher Schwesternhaus als Krankenschwester. Da es zu dieser Zeit auf dem Land kaum niedergelassene Ärzte gab, wurde die Versorgung von Kranken oft durch Ordensschwestern, wie Schwester Manfreda übernommen.
In der Nacht vom 7. auf den 8. Februar 1925 suchte der psychisch Kranke Busenbacher K.-H. A. das Schwesternhaus auf. Bereits seit Tagen waren bei ihm religiöse Wahnvorstellungen aufgetreten. A. betete am Altar im Garten des Schwesternhauses und läutete an der Tür. Als Schwester Manfreda ihm öffnete, stach er mehrfach mit einem Messer auf sie ein. Sie starb noch an Ort und Stelle.
Einige Tage später fand die Beerdigung in Kronau statt. Über 100 Ordensschwestern waren gekommen. Auch viele Busenbacher waren extra angereist, um der beliebten Krankenschwester das letzte Geleit zu geben. Der Busenbacher und der Kronauer Pfarrer begleiteten gemeinsam die Beerdigung und Vertreter aus Busenbach hielten eine Grabrede. Die Kronauer Vereine sangen Trauerlieder. Die Zeitgenossen hofften damals darauf, dass Schwester Manfredas „Andenken unauslöschlich sein wird“ und tatsächlich geschieht in Waldbronn hierzu einiges. So wurde etwa im Jahre 2015 ein Wegkreuz erneuert, dass die Mutter von K.-H. A. zum Gedenken an Schwester Manfreda gestiftet haben soll. Das erneuerte Kreuz steht in der Bahnhofstraße. Und auch zum 100. Todestag am kommenden Samstag gedenken wir ihr.
Doch was wurde aus A.? Einem herbeigeeilten Zeugen gelang es, ihn zu überwältigen, und A. wurde durch die Polizei verhaftet. Die Tatsache, dass er schuldunfähig war, nimmt der Geschichte ihre Tragik nicht, und es sollte noch schlimmer kommen. Der psychisch schwer kranke A. kam kurz nach seiner Verhaftung in eine Nervenheilanstalt, wo ihm die Ärzte, mit den damaligen Mitteln, kaum helfen konnten. Sein Zustand blieb über viele Jahre unverändert. Inzwischen hatten die Nationalsozialisten die Macht übernommen. Ab 1939 begannen sie systematisch, Menschen mit Behinderungen und psychisch Kranke zu erfassen und zu ermorden. Der menschenverachtenden Ideologie des Nationalsozialismus fielen dabei über 216.000 Menschen zum Opfer, auch K.-H. A. Er wurde am 20. Juni 1940 in der Tötungsanstalt Grafeneck ermordet.
K.-H. A. war nicht das einzige Opfer der NS-Krankenmorde aus dem heutigen Waldbronn. Ab Mai dieses Jahres wird sich eine Ausstellung im Waldbronner Rathaus näher mit diesem Thema beschäftigen. Für die Unterstützung bei der Recherche zu Schwester Manfreda sei der Gemeinde Kronau und der Katholischen Kirchengemeinde Waldbronn-Karlsbad herzlich gedankt!
(Gemeindearchivar Frank Heinrich)