Gedenken im Sonnenschein

Über die Korntal-Münchinger Friedenslinde, ihre Entstehung und Bedeutung, haben wir schon im vorigen Amtsblatt berichtet. Letzten Samstag nun, bei prächtigem Wetter, erhielt der stolze Baum Besuch: Rund vierzig Menschen, junge und reifere, mit und ohne öffentliches Amt, aus Tubize und aus Korntal-Münchingen versammelten sich in seinem Schatten. Sie alle einte der Wunsch, an den 8. Mai 1945 zu erinnern, den Tag, als der Zweite Weltkrieg endete – und mit ihm die größte Menschheitskatastrophe der Geschichte.

Unmöglich, alle Einsichten und Gedanken, Hoffnungen und Gefühle wiederzugeben, die uns die Rednerinnen und Redner mit nach Hause gaben. Wir danken Herrn Kai Langenecker, technischer Beigeordneter des Bürgermeisters, der den Frieden in einem vereinten Europa so treffend mit einem Baum verglich, der Pflege, Geduld und Zuwendung braucht, um gedeihen und blühen zu können. Wir danken Herrn Harald Wagner, Mitglied des Stadtrats, der uns auf bewegende Weise das Stuttgarter Schuldbekenntnis in Erinnerung rief, mit dem sich die Evangelische Kirche im Jahr 1946 eingestand, gegen den Ungeist des Nationalsozialismus „nicht mutiger bekannt“ zu haben. Wir danken den drei Schülerinnen aus Mirande und Korntal-Münchingen, die mit berührender Offenheit von ihren Sorgen und Ängsten erzählten, die ihnen und ihrer Generation das aktuelle Weltgeschehen bereitet. Und wir danken dem Saxophonquartett des Musikvereins Korntal, das der Veranstaltung mit seinem gekonnten Spiel einen würdigen, aber auch tröstlichen musikalischen Rahmen verliehen hat.

Ja, aus der Geschichte wollen wir lernen. Aber was genau lehrt sie uns eigentlich? Auf Diplomatie und Verhandlungen zu setzen, statt auf Waffen und Abschreckung? Oder lehrt sie uns - wenn man die gescheiterte Appeasement-Politik der Alliierten vor dem Zweiten Weltkrieg betrachtet - nicht vielmehr, einem ruchlosen Angreifer ohne Zaudern und mit aller Härte entgegenzutreten? Offene, bohrende Fragen, mit denen wir am Samstag nach Hause gingen …..

Uli Lukas