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GEGEN DAS VERGESSEN!

Trotz beginnenden Regens sind knapp 50 Menschen unserer Einladung gefolgt und haben sich mit uns an die Opfer der nationalsozialistischen Pogrome 1938...
Gedenkveranstaltung 9.11.2025
Foto: K. Horlacher

Trotz beginnenden Regens sind knapp 50 Menschen unserer Einladung gefolgt und haben sich mit uns an die Opfer der nationalsozialistischen Pogrome 1938 und an die 1940 deportierten Jüdinnen und Juden aus Ilvesheim erinnert.

Nach einem musikalischen Einstieg richtete Bürgermeister Thorsten Walther das Wort an die Zuhörer/innen. Er hob hervor, wie wichtig es in der heutigen Zeit sei, sich gegen Antisemitismus, Rassismus und Diskriminierung in allen Formen einzusetzen. Dem Ortsverband der Grünen dankte er für die Organisation der Gedenkfeier. Im nächsten Jahr wird die Gemeinde die Veranstaltung ausrichten.

Nach dem jüdischen Friedenslied Hevenu Shalom Alechem, von Lina Weniger auf der Querflöte dargebracht, spannte der Historiker Markus Enzenauer in seinem Vortrag den Bogen von der Reichspogromnacht über die Deportation nach Gurs am 22.10.1940 und Nachkriegszeit bis ins heute.

Die Mehrzahl der Synagogen und jüdischen Gebetshäuser ging in Flammen auf, ca. 7.500 Geschäfte wurden zerstört, offiziell gab es 91 Tote. Bestürzend sei, dass sich an den Gewalttaten in der Nacht vom 9. auf 10.11.1938 nicht nur Organisationen der NSDAP, sondern auch Schulklassen, „einfache“ Nachbarn, Männer und Frauen beteiligt hätten. Nach dem 10. November 1938 sei die deutsche Gesellschaft eine andere gewesen.

2 Jahre später wurden mehr als 6.500 Jüdinnen und Juden, darunter 26 aus Ilvesheim, nach Gurs in Frankreich deportiert. Dies geschah tagsüber unter Beobachtung der Ilvesheimer Bevölkerung, die wusste, dass die Menschen nicht wieder kommen würden. Nur wenige Wochen später wurde z. B. das Inventar der verlassenen Wohnungen versteigert und viele hätten sich daran bereichert.

Nach dem Krieg wurde überwiegend ein Mantel des Schweigens über das grausame Geschehen gelegt, erst eine Generation später wurde endlich begonnen, eine Erinnerungskultur zu schaffen wie z. B. die Verlegung von Stolpersteinen oder die Errichtung des Mahnmals an der Gemeindebibliothek genau an der Stelle, an der die Menschen am 22.10.1940 deportiert wurden.

Im Anschluss lasen Sahra und Philippe vom Jugendgemeinderat die Namen der 26 in der Shoah Ermordeten und ihren Todesort, begleitet vom Ton einer Klangschale, und es wurde mit einer Schweigeminute den Toten gedacht.

„Ich sage, seid Mensch. Menschen müssen respektiert werden – ganz egal, welche Hautfarbe oder Religion sie haben. Es gibt kein christliches, kein muslimisches, kein jüdisches Blut. Es gibt nurmenschliches Blut. Wir sind alle gleich.“ Mit diesem eindringlichen Zitat der Holocaustüberlebenden Margot Friedländer, die in diesem Jahr verstorben ist, wurde die Veranstaltung beendet. Auch Bürgermeister Walther zitierte in seinem Grußwort diese wichtige Botschaft von Margot Friedländer.

In den letzten Jahren wurden immer wieder Veranstaltungen zum Gedenken an die ehemalige jüdische Bevölkerung in Ilvesheim durchgeführt, nun wurde zum 1. Mal zur Sicherheit ein Polizeifahrzeug geschickt. Welch bedenkliches Zeichen!

Helga Zühl-Scheffer


Stolpersteine werden geputzt
Stolpersteine in Ilvesheim werden zum Glänzen gebracht.Foto: H.-J. Habermehl
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Ausgabe 46/2025
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