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„… geheiligt werde dein Name!“ – Gedanken zu Allerheiligen

„Aller-Heiligen“, ein Wort, randvoll mit Melancholie, dunkler Nähe zu Aller-Seelen, Chrysanthemen, Grablichtern und Novembertraurigkeit....
Allerheiligen
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„Aller-Heiligen“, ein Wort, randvoll mit Melancholie, dunkler Nähe zu Aller-Seelen, Chrysanthemen, Grablichtern und Novembertraurigkeit. Das Fest, nicht nur Sammeldatum für alle Heiligen im Kalender des Kirchenjahres, sondern auch ein Tag, der auf alle Menschen aufmerksam machen möchte, die nicht im Kalender stehen, die Ungenannten, Vergessenen und Verkannten, auf alle Menschen, deren Leben mit dazu beigetragen hat, mit dazu beiträgt oder beitragen wird, unsere Welt wieder ein Stück „heiler“ zu machen.

„Heilig“ hat etwas mit „Heil“ zu tun, aber am Heil klebt viel Unheil. „Heil Cäsar“, „Heil Guru“, „Heilige Inquisition“, „Heil Hitler“, „Heiliger Krieg“... mein Gott, welch heillose Verwirrung! Wo wir hinschauen: Unheiliges hinter uns, um uns, in uns. Und dann gibt es noch die „komischen Heiligen“, die „Scheinheiligen“ und solche, die sich ihren Heiligenschein selber überstülpen. Und trotzdem, das Wort „heilig“ senkt seine Wurzeln bis ins Mark unserer unerfüllten Wünsche und Sehnsüchte: „heil“ zu sein, ganz, ungebrochen, vollständig, im Lot, im Gleichklang mit sich, mit der Schöpfung, dem Schöpfer, dem All, geheilt zu sein von allem Schmerz und jeglicher Not.

Wir denken heute vielleicht an einen ganz speziellen Heiligen, eine ganz spezielle Heilige, der oder die für unser Leben eine ganz besondere Bedeutung hat. Wir denken vielleicht an jemanden, der unser Leben ganz besonders beschenkt, bereichert, stützt, beschützt und heilsam macht, der uns immer wieder aufbaut, immer hinter uns steht. Das „Heilige“ begleitet uns vielleicht jeden Tag aufs Neue, immer dann, wenn wir beten: „Vater unser im Himmel, geheiligt werde dein Name ...!“ Wer sonst wird uns abholen dort, wo wir immer noch stehen mit unseren unheiligen Strukturen und heillosen Erfahrungen?

Mathias Claudius sagte einmal: „Dem Menschen muss etwas wahr und heilig sein! Und das muss nicht in seinen Händen und seiner Gewalt sein; sonst ist auf ihn kein Verlass, weder für andere noch für ihn selbst.“ Heilig, ganz im Heil wird jeder Mensch nur dann erst leben können, wenn er die Quelle dieser Heilung in Freiheit annimmt und sie so in sich einzusenken vermag, dass sie wie ein tiefer Brunnen wird, unausschöpflich. In dieser Tiefe liegt unsere Kraft und Sicherheit begründet, unseren ureigenen Lebensweg gegen alle Widerstände gehen zu dürfen. Die „Nachahmung“ anderer wird dabei überflüssig. Gestärkt mit dem Wasser aus dieser Quelle werden wir selber zum Sauerteig, zum Salz, zum Licht der Welt, zu „Heiligen“. Heilig ist mir all das, was getan werden muss, weil Gott es so will. Nur ein Mensch, der sich selbst zu seinem Gott macht, dem kann nichts „heilig“ sein. Auch dem berühmten Zweck, dem alle Mittel heilig sind, ist ebenfalls nichts heilig. Wir fühlen uns sehr wohl bei Menschen, denen wirklich etwas „heilig“ ist.

Novembergedanken – Warum es manchmal gut sein kann, an den Tod erinnert zu werden

„Ach, dieser Monat trägt den Trauerflor“, so beginnt Erich Kästner sein Gedicht über den Monat November. Er hat ja Recht. Da ist zum einen die Natur. Kästner beschreibt sie für den November so: „Der Sturm ritt johlend durch das Land der Farben. Die Wälder weinten. Und die Farben starben. Nun sind die Tage grau wie nie zuvor. Und der November trägt den Trauerflor.“

Ganz so grau habe ich nicht jeden November erlebt. Doch diesem Monat haftet einfach das Gefühl von Dunst und Nebel, Grau und Ungemütlichkeit an. Das mag daran liegen, dass dieser Monat reich gefüllt ist mit Totengedenktagen: Allerseelen, gefolgt vom Volkstrauertag und dem Totensonntag, auch Ewigkeitssonntag genannt.

Auch das hat Erich Kästner in Reime gefasst: „Der Friedhof öffnete sein dunkles Tor. Die letzten Kränze werden feilgeboten. Die Lebenden besuchen ihre Toten. Was man besaß, weiß man, wenn man's verlor. Wer noch nicht starb, dem steht es noch bevor. Und der November trägt den Trauerflor ...“

Vielleicht ist es ganz gut, dass es einen Monat im Jahr gibt, der eben nicht so voll Leben strotzt. Ein Monat, der eigentlich ein Fingerzeig auf den Tod ist, der jedem bevorsteht. Ein Monat, der uns wie kein anderer vor Augen führt, wie die Kräfte scheinbar schwinden und mit ihnen das satte Leben.

Aber Moment mal, vielleicht ist der November ja genau der Monat, der am meisten mit dem Leben zu tun hat. Der Tod gehört wie die Geburt und die verschiedenen Alter zum Leben dazu. Doch der Tod und die Gedanken an ihn werden gern verdrängt. Das ist verständlich. Aber nicht sinnvoll.

Erst das Wissen um den Tod lässt einen das Leben doch mehr schätzen, wohlwissend, dass es kostbar ist. Zu schade, um nur irgendwie hinter sich gebracht zu werden. Zu wertvoll, um es nutzlos zu verplempern.

In der Bibel gibt es einen Psalm, der diesen Vers beinhaltet: „Unsere Tage zu zählen, lehre uns. Dann gewinnen wir ein weises Herz.“ Dieser Vers aus dem Psalm 90 ist mir in guter Erinnerung geblieben. Es ist nicht so, dass ich jetzt ständig den Tod vor Augen habe. Und ganz ehrlich: Ich möchte jetzt auch noch nicht von dieser Erde abtreten müssen. Was ich möchte, ist: jeden Tag auf dieser Erde so zu leben als wäre es mein letzter.

Mit diesem Blick auf meine eigene Sterblichkeit, gehe ich behutsamer mit mir und meinen Mitmenschen um. Ich möchte jeden meiner Tage so leben, dass er Bestand hat für die Ewigkeit. Genaugenommen ist jeder Tag meines Lebens schon Teil der Ewigkeit, nur eben in einem anderen Raum.

Herzliche Einladung zu den Festgottesdiensten an Allerheiligen, die in Gosheim um 9.00 Uhr, in Deilingen um 10.00 Uhr und in Wehingen in der Fronhofer Kirche um 10.30 Uhr beginnen. Jeweils direkt im Anschluss ist die Allerseelenandacht mit Totengedenken und Gräberbesuch.

Am Sonntag, dem 2. November, feiern wir den Gottesdienst zu Allerseelen mit der ganzen Seelsorgeeinheit um 10.00 Uhr in Gosheim. Ebenso herzliche Einladung zur Gedenkfeier zu Allerseelen am Sonntagabend um 17.00 Uhr in Deilingen.

Alle Gemeindemitglieder sind herzlich zur Mitfeier eingeladen.

Pfr. Ewald Ginter

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