Die meisten Menschen lieben ja Spinnen. Und das ist auch leicht nachzuvollziehen. Wer kann sich schon der Faszination entziehen, in deren Bann ihre filigran gesponnenen Seidenfäden den Blick ziehen. Seien das die kunstvollen Wohnröhren mancher Arten, seien es sorgfältig verwobene Gelegehüllen, die Eier und Jungtiere schützen – die Vielfalt der zarten Gewebe ist schier unermesslich. Vielleicht am schönsten unter ihnen sind aber die Radnetze, die viele von 'der' Spinne schlechthin kennen: der auch heute noch verbreiteten Garten-Kreuzspinne. Kaum bekannt ist aber sicher die Gehörnte Kreuzspinne. Die ist tatsächlich eine kleine Sensation, wenn sie in unseren ökologisch bescheidenen Breiten auftaucht. Denn das Tier gilt in Deutschland als 'selten' und wird in der Roten Liste als 'gefährdet' (Grad 3) geführt. Auf den ersten Blick sieht sie einer 'normalen' Kreuzspinne doch sehr ähnlich. Näher besehen entdeckt man die quasi avantgardistisch ausgezogenen Höcker am Vorderende des Abdomens. Statt eines Kreuzes trägt sie eine Art Eichenblattzeichnung, die man auf dem Foto als eine nach hinten verlaufende, hell gezackte Linie erkennen kann. Die aparte Spinne tut, was die meisten Spinnen tun: nicht viel. Tags schwingt ihr unordentlich wirkendes Netz verlassen in der Brise, wird es Nacht, sitzt sie plötzlich wieder in seiner Mitte und wartet, dass eiweißreiche Beute sich verfangen möge. Wie alle Spinnen ist sie auf kleine Krabbeltiere, zumeist Insekten, angewiesen und wer diese fördern möchte, hat es leicht: Insekten brauchen vielfältige Strukturen und einheimische Pflanzen. Struktur ist alles, was Oberfläche bietet: Sträucher, Bäume, Hecken, Haufen aus Naturmaterial, Totholz, Steine, Wiese, Blühkräuter … also etwa das Gegenteil von Rasen, Kies und Metallzaun. Leider spielen auch Pestizide eine riesige Rolle im Artenschwund. Unbeeindruckt von ihrem Rote-Listenstatus spinnt die Gehörnte Kreuzspinne sich dann eine Fliege ein und kehrt zum Ruheplatz zurück.